Im Doping- und Korruptionsskandal beim Biathlon-Weltverband IBU gibt es weiterhin mehr Fragen als Antworten. Nun kehren die Skijäger nach Österreich zurück. Dort ermittelt seit 2017 die Staatsanwaltschaft.
Olle Dahlins erste Weltcup-Dienstreise im neuen Amt wird eine sehr unangenehme. Auf den schwedischen Präsidenten des Biathlon-Weltverbands IBU warten in Hochfilzen viele Fragen, wenn die Skijäger ab Donnerstag ihre Wettkämpfe bestreiten.
Seit Ende 2017 ermittelt in Österreich die Staatsanwaltschaft gegen den von Krisen geplagten Verband, doch die interne Doping- und Korruptionsaffäre ist bislang genauso wenig aufgeklärt wie der Dopingskandal um Russland.
"Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", teilte die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf dpa-Anfrage mit.
Am Sonntag nun wird sich der erst im September gewählte Dahlin bei einer Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stellen. Der Verband kämpft um die Glaubwürdigkeit, nachdem es Indizien gibt, dass Doper aus Russland gedeckt und positive Dopingproben vertuscht worden sind.
Unmut unter den Athleten
Im Mittelpunkt steht Dahlins Vorgänger Anders Besseberg. Der Norweger bestreitet alle Anschuldigungen. Auch, dass 2016 Bestechungsgeld für die WM-Vergabe an das russische Tjumen geflossen seien.
Im April hatte es am IBU-Sitz in Salzburg im Zuge der Ermittlungen eine Razzia gegeben. Die Auswertung der gefundenen Daten und Dokumente dauert an und könnte wohl noch viele Monate in Anspruch nehmen.
Unter den Athleten lösen die unbeantworteten Fragen im Zusammenhang mit dem Doping in Russland vor dem zweiten Weltcup des WM-Winters Unmut aus.
Der schwedische Olympiasieger Sebastian Samuelsson war sich im ARD-Gespräch "ziemlich sicher, dass man gegen Leute antritt, die betrügen oder früher betrogen haben. Und das will ich nicht".
Pikant: Der Russe Alexander Loginow, der bis Ende 2016 zwei Jahre wegen Epo-Missbrauchs gesperrt war, stand zum Saisonauftakt in Pokljuka in zwei von drei Rennen auf dem Podest. Im Feld hat er einen schweren Stand.
Ex-Weltmeister Erik Lesser sagte in der vergangenen Saison, vor Dopern verliere nicht nur er "jeglichen Respekt". Bei den Frauen schaffte es die Russin Irina Starych, ebenfalls bis Ende 2016 wegen Epo-Dopings gesperrt, in allen drei Rennen unter die Top 12.
Carrabre hält zehn Dopingfälle für möglich
IBU-Boss Dahlin, der wegen eines Beinbruchs zum Saisonstart noch fehlte, versprach bei seiner Wahl einen transparenten und harten Anti-Doping-Kampf. An diesen Worten muss er sich nun messen lassen.
Ende November sind zumindest die russischen Olympiasieger Jewgeni Ustjugow und Swetlana Slepzowa offiziell von der IBU angeklagt worden wegen des Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln. Kurz zuvor wurden neun Kasachen wegen Dopingverdachts vorläufig gesperrt.
Das Ende der negativen Schlagzeilen dürfte aber noch nicht erreicht sein. IBU-Vorstandsmitglied James Carrabre sagte der ARD, dass er zwar nicht mehr mit "20, 30 oder 40" russischen Dopingfällen rechne, "aber zehn könnten es wohl sein. Da bin ich mir sicher. Sehr sicher."
Der russische Verband verlor im Zuge bisheriger Sanktionen bereits den Status als vollwertiges IBU-Mitglied. Er muss zwölf Kriterien erfüllen, um wieder aufgenommen zu werden. Zudem werden bis mindestens 2022 keine Biathlon-Wettkämpfe in Russland stattfinden. © dpa
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