Mauretanien ist eines der Länder in der Sahelzone, das von der Dürre am schwersten betroffen ist. Die beiden UNICEF-Mitarbeiter Donata Lodi und Miro Kana haben es bereist und schildern in einem Bericht, wie dramatisch die Lage vor Ort ist.

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Im ersten Teil ihres Reiseberichts schilderten sie ihre Erlebnisse beim Besuch der Stadt Aioun. Nun zieht es die beiden aus den Ballungsräumen in die abgelegenen Dörfer.

Die ärmsten Menschen und die, die am abgelegensten leben

Am nächsten Vormittag brechen wir früh auf, um zu dem Bezirk Tamcheket zu gelangen. 120 Kilometer Fahrt auf einem steinigen und sandiger Pfad liegen vor uns. Unterwegs erhalten wir gute Nachrichten: Am Tag zuvor hat es in Mali geregnet. In dieser Region bedeutet das, dass der Regen auch nach Mauretanien kommen könnte. Doch selbst wenn es im Juni regnet, werden tausende Kinder noch geschwächt sein, bis die erste Ernte Erträge bringt. Aus diesem Grund wird dringend Hilfe benötigt. Das kleine Mädchen, das wir gestern im Krankenhaus kennengelernt haben, kommt aus diesem abgelegenen Bezirk.

Wir werden von zahlreichen Frauen und Kindern begrüßt sowie dem Bürgermeister mit seiner grünen Binde. Das örtliche Gesundheitszentrum befindet sich im Herzen des Ortes, dem Brennpunkt für Mitarbeiter, die von UNICEF und anderen UN-Organisationen geschult und unterstützt werden. Die Schulungen decken die wichtigsten Bereiche ab: Von der Förderung ausschließlichen Stillens und korrekter Ernährung bis zur Verwaltung der Getreidespeicher der Gemeinde. Außerdem sind Gesundheitsdienste und die Behandlung akuter Unterernährung selbstverständlich – nur die schwersten Fälle mit medizinischen Komplikationen werden an die weiter entfernteren Krankenhäuser in Aioun oder Kiffa verwiesen.

Herr Bilal Ould Mohamed, der Pfleger, der das Legrair Gesundheitszentrum verwaltet, fasst die Situation für uns kurz zusammen: "18 Fälle schwerer akuter Unterernährung seit Ende Februar, doppelt so viele wie im letzten Jahr und rund 60 Fälle moderater akuter Unterernährung. Die weniger schweren Fälle lassen wir häuslich behandeln, mit Plumpynut. Bei Fällen akuter Atemwegsinfekte setzen wir Antibiotika ein, das wie all unser Material von UNICEF zur Verfügung gestellt wird. Ja, wir haben ausreichend Material auf Lager – zumindest für die aktuelle Situation. Alle Medikamente und Behandlungen für unterernährte Kinder sind kostenlos, eine Gebühr fällt nur bei anderen Erkrankungen an. In diesem Jahr erleben wir zudem eine noch nie dagewesene Anzahl von Fällen der Blutarmut und immer mehr Erwachsene leiden an Xerophtalmie und Nasenbluten, was hauptsächlich an Vitamin A-Mangel liegt – glücklicherweise tritt dies bei Kindern nicht auf. Ihnen wird in Verbindung mit der Masern-Impfungen zwei Mal jährlich Vitamin A verabreicht."

Wir fragen nach den Sterblichkeitsraten von Müttern und Neugeborenen. Sie sind sehr hoch, erklärt er: "Die Frauen kommen zwar für geburtsvorbereitende Termine hierher, aber dann entscheiden sich die meisten aufgrund der großen Entfernungen doch für eine Hausgeburt". Nichts Ungewöhnliches in Mauretanien, wo die Müttersterblichkeitsrate bei bis zu 686 Toten auf 100.000 Geburten liegt. Das bedeutet, dass jedes Jahr 1.000 Frauen bei der Geburt sterben. Und auch im Allgemeinen sind die Umstände für Frauen hier hart, wird uns mitgeteilt. 72 Prozent aller Mädchen sind weiblicher Genitalverstümmelung ausgesetzt, 43 Prozent heiraten bevor sie 18 Jahre alt sind, 15 Prozent bevor sie 15 Jahre alt sind.

Aber die Frauen sind sehr aktiv und in fast gleicher Anzahl wie die Männer in der Verwaltung des Programms vertreten. Sie sind die ersten Nutznießer von Mikrokrediten und Nahrungsergänzungsmitteln. Nachdem wir einer Impfrunde beigewohnt haben, besuchen wir verschiedene Programme, die zum Teil in Legrair in Gayat Teydouma ansässig sind: Ein Lager für Getreide, wo Grundnahrungsmittel zu reduzierten Preisen verkauft werden sollen, eine Mikrokredit-Kooperative mit 245 Mitgliedern, ein Gemeindezentrum zur Wachstumskontrolle und Behandlung von Unterernährung und noch viele weitere.

Neue Herausforderungen: Hygiene und Bildung

Ein spezielles Problem ist weitverbreiteter Durchfall. Auf dem letzten Treffen des örtlichen Ausschusses wurde entschieden, stärker über die Thematik Hygiene und Wasser und sanitäre Anlagen zu informieren sowie eine Möglichkeit zu finden, die Überreste toter Tiere zu entsorgen. Ein Gesundheitsrisiko – und eines, das künftig wohl noch weiter ansteigen wird. Hier im Dorf gibt es einen Brunnen, allerdings ohne Abdeckung; ein weiterer musste stillgelegt werden, da das Wasser salzhaltig war.

Toiletten sind selten oder existieren erst gar nicht. So ist es nicht überraschend, dass es in einem Dorf in der Nähe vor einigen Tagen viele Fälle von Durchfall gab - ein Kind verstarb. In Mauretanien ist Durchfall für einen von fünf Kindstoden verantwortlich.

Neben dem themenkomplex "Hygiene" gibt es auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise in der Bildung, viel zu tun. Die örtliche Schule ist lediglich ein großer Raum, der von einem Metalldach abgedeckt ist, das in seine Einzelteile zerfällt. Zwei Klassen folgen auf dem Boden sitzend gleichzeitig dem Unterricht des Lehrers. Als wir dort eintreffen, lernen rund 100 Jungen und Mädchen des dritten und fünften Schuljahres Französisch und Mathematik, die Tafel aufgeteilt in zwei Hälften. Sie haben Bücher und Hefte und erscheinen vor dem Hintergrund der Lernbedingungen sehr gebildet, doch falls und wenn der Regen beginnt, wie sollen sie dann eine solche Schule besuchen?

Ein Gespräch mit Doktor Aida

Bevor wir gehen erleben wir die Verteilung von Plumpynut-Vorräten an Mütter unterernährter Kinder. An einem anderen Ort bereitet die für die Verteilung der Nahrungsergänzung zuständige Frau sorgfältig ein Mahl von Getreideflocken, Öl und Zucker zu, das einmal pro Woche an Frauen mit Kindern verteilt wird. Das sogenannte "Blanket Feeding" wird von UNICEF in Notsituationen eingesetzt, um betroffene Bevölkerungsgruppen vor Unterernährung zu bewahren.

Die Frauen kochen die Mischung dann täglich in eine Art Brei für die Kinder. Doktor Aida erklärt mit einer Mischung aus Leidenschaft und Pragmatismus, dass es besser sei, den Frauen die fertige Mischung zu geben anstatt einzelne Zutaten. Aufgrund der extremen Armut würde ansonsten das Risiko bestehen, dass einige von ihnen den Zucker oder das Öl verkaufen, was den Brei für die Kinder weniger nahrhaft machen würde.

Zurück in Aioun lädt uns Doktor Aida zum zweiten Mal zum Abendessen ein und wir ergreifen die Möglichkeit, diesem außergewöhnlichen Menschen, der fließend Englisch, Französisch und Russisch spricht, sowie natürlich Arabisch, Hocharabisch sowie Dialekt, einige persönliche Fragen zu stellen. Geboren in der nördlichen Region Adrar studierte er in Russland Medizin, kam dann wegen seiner Frau hierher um im Südosten zu leben. Wir sagen ihm, dass wir gerne mehr UNICEF sehen würden und er übernimmt die Verantwortung für die Entscheidung, dass das UNICEF-Logo nicht auf den Gebäuden und dem Material zu sehen ist: "Es ist wichtiger, mit anderen Organisationen und örtlichen Behörden zusammenzuarbeiten, den Menschen das Gefühl zu geben, dass das, was sie über unsere Programme erhalten, ihnen gehört und kein Geschenk ist. Das ist es, was das Programm langfristig am Laufen hält." Zudem ist er nicht nur der Leiter des Ausschusses, er ist das Gesicht der UNICEF für die Menschen vor Ort und für die 64.000 malischen Flüchtlinge in Hodh Sharqi, wo er ab dem ersten Tag der Notfallsituation arbeitet und medizinische Dienste aufbaut. Morgen wird er wieder bei Tagesanbruch zu dem weit entfernte Flüchtlingslager M'Bera an der Grenze aufbrechen.

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