Am Horn von Afrika blieben in den letzten drei Jahren fünf aufeinanderfolgende Regenzeiten aus. In den Ländern Kenia, Somalia und Äthiopien sind rund 32 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die schwere Dürre hat Existenzen vernichtet und über 23 Millionen Menschen betrifft die hohe Ernährungsunsicherheit. In den vergangenen Wochen kam in manchen Regionen zwar der langersehnte Regen, brachte jedoch teils massive Überflutungen, da der harte Boden die Wassermassen nicht aufnehmen kann.
Die Zahlen sind erschreckend: Am Horn von Afrika leiden rund 1,5 Millionen Kinder an lebensbedrohlicher Mangelernährung. Über 2,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht, da ihr Zuhause keine Überlebenschancen mehr bietet – mehr als 13 Millionen Nutztiere sind durch die Dürre bereits verendet und haben vielen Menschen ihre Lebensgrundlage entzogen.
"Die Auswirkungen des Klimawandels sind in der Region besonders deutlich spürbar, dabei trägt die Region selbst kaum zur Klimakrise bei", erklärt UNICEF-Sprecherin Christine Kahmann unserer Redaktion. "Große Teile des Viehbestands und der Ernten wurden vernichtet. Brunnen sind versiegt. Unzählige Familien kämpfen tagtäglich um ihr Überleben."
Einsetzender Regen birgt zusätzliche Gefahren
Eine aktuelle Analyse der Forschergruppe World Weather Attribution (WWA) für die drei Länder ergab, dass der Klimawandel "die landwirtschaftliche Dürre am Horn von Afrika etwa hundert Mal wahrscheinlicher gemacht" habe. Die Erderwärmung habe laut der Studie zwar keinen Einfluss auf die jährlichen Regenmengen, allerdings auf die Regenmassen der kurzen beziehungsweise langen Regenperioden. Außerdem hätten die höheren Temperaturen die Verdunstung und das Austrocknen der Böden verstärkt und "sehr viel wahrscheinlicher" gemacht.
Wie fatal sich die einsetzenden Regenfälle auswirken können, wird in der Region gerade deutlich: Sowohl in Somalia als auch in Kenia kam es zu heftigen Überschwemmungen, da die Böden den Regen nicht aufnehmen können. "Unsere Kollegen und Kolleginnen berichten von Familien, die inmitten der Wassermassen alles verloren haben, sogar die Matratzen, auf der sie und ihre Kinder schlafen", schildert Christine Kahmann die Situation in Kenia.
Dürre und Überschwemmungen stellen Eltern vor dramatische Entscheidungen
Die Überschwemmungen haben in Kenia dazu geführt, dass weitere 25.000 Menschen ihr Zuhause verlassen mussten. Für Kinder auf der Flucht droht häufig der Schulabbruch. Auch erhöhen sich die Risiken für Kinderehen, Ausbeutung oder Missbrauch. Doch Dürre und Überschwemmungen steigern auch die Gefahr für Krankheiten wie Durchfall, Cholera und Malaria. Insbesondere mangelernährte Kinder können diesen Krankheiten kaum etwas entgegensetzen.
Zu welch unvorstellbaren Entscheidungen die klimatischen Veränderungen Eltern zwingen, weiß auch UNICEF-Botschafterin
Ohne Unterstützung können Gemeinden nicht überleben
Die Wasserknappheit in Kenia ist gravierend: Mehr als fünf Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Aufgrund des Wassermangels sind Gemeinden dazu übergegangen, verunreinigte Oberflächenwasserquellen, die durch den Regen entstanden sind, zu nutzen. Dadurch drohen weitere Krankheitsausbrüche.
Ein Teil der Arbeit von Hilfsorganisationen wie UNICEF ist die Versorgung der betroffenen Gebiete mit Trinkwasser, aber auch die Behandlung mangelernährter Kinder und die medizinische Grundversorgung. "Ich durfte engagierte UNICEF-Expertinnen und -Experten kennenlernen, die mangelernährte Kinder mit Nahrung und medizinischer Hilfe versorgen, einen Zugang zu Wasser ermöglichen oder Rucksäcke mit den notwendigsten Dingen wie Unterwäsche, Hygieneartikel und Waschmittel verteilen", berichtet Franziska Knuppe von ihren Erfahrungen.
Geberkonferenz in New York soll Finanzierungslücke schließen
"Die Krise in Kenia und den Nachbarländern ist noch lange nicht vorbei. Daher muss die lebensrettende Hilfe für Kinder dringend weitergehen", bekräftigt Christine Kahmann. "Gleichzeitig müssen wir alles daransetzen, die Widerstandskraft der Familien gegenüber Klimakrisen zu stärken, wie zum Beispiel durch den Bau tieferer Brunnen. Das Überleben und gesunde Aufwachsen von Millionen Kindern hängt davon ab."
Am kommenden Mittwoch (24. Mai) findet in New York eine Geberkonferenz für das Horn von Afrika statt. Die Vereinten Nationen benötigen sieben Milliarden US-Dollar, um die humanitäre Hilfe für die betroffenen Länder zu finanzieren. Zusätzlich widmet sich die Konferenz Möglichkeiten zu langfristigen Lösungen, einschließlich der Förderung und Bereitstellung von Mitteln für die Klimaanpassung.
Verwendete Quellen:
- Agence France-Presse (afp)
- Website UNICEF Deutschland
- Gespräch mit Christine Kahmann, Sprecherin UNICEF Deutschland
- Interview mit Franziska Knuppe, UNICEF-Botschafterin
- Website der Vereinten Nationen zur Geberkonferenz
- World Weather Attribution (WWA): Human-induced climate change increased drought severity in Horn of Africa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.