Am Abend des 25. April 2019 sitzen die rund 7.000 Bewohner der Insel Ibo dicht gedrängt in Kirchen, Moscheen und alten Befestigungsanlagen aus der portugiesischen Kolonialzeit. Draußen peitscht Zyklon Kenneth über die Insel. Vier Stunden lang heftigster Sturm mit Windgeschwindigkeiten von 220 Stundenkilometern. Das Dach der Moschee fliegt weg. Dann, gegen 23 Uhr, wird es still. Die Insel ist nahezu komplett zerstört.

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Wir erreichen die Insel ein halbes Jahr nach der Katastrophe mit dem Boot. Bei ruhigem Seegang, ohne Probleme. Direkt nach dem Zyklon war sie von der Außenwelt abgeschnitten. „Boote konnten wegen des schweren Seegangs nicht zur Insel fahren, und unsere kleinen Flugzeuge und Hubschrauber konnten auch nicht starten wegen des Wetters“, erzählt uns Daniel Timme von UNICEF.

Viele Familien haben alles verloren

An einem der sogenannten „kinderfreundlichen Orte“, einem Zelt zum Spielen und Lernen, treffen wir Ussene, 12 Jahre alt. Er geht in die 5. Klasse, sein Lieblingsfach ist Mathe. Der Unterricht findet in Zeltschulen statt, seine alte Schule ist noch immer zerstört.

Ussene und seine Familie in Mosambik
Ussene und seine Familie haben auf der Insel Ibo durch Zyklon Kenneth alles verloren. © Claudia Berger

Ussene nimmt uns mit nach Hause zu seinen Eltern und Geschwistern. Seine Vater, Amisse Ussene Suf (32), erzählt, wie die Familie den Zyklon erlebt hat. Alles hat der Wind mitgerissen, nur ein Bettgestell konnten sie retten, das heute im Zimmer von Ussene steht. Aus den Trümmern hat Amisse eine provisorische Bleibe gebaut. Geld, um das Haus wieder ganz aufzubauen, hat er nicht: Er arbeitet als Fischer, für den Eigenbedarf. Nur selten verkauft er etwas.

Ussene ist froh, dass UNICEF die Schulzelte aufgestellt hat. So geht für ihn das Leben weiter. Später möchte er gerne Krankenpfleger werden - um Leben zu retten, wie er uns erzählt.

Unterricht und Gesundheitsversorgung findet in Zelten statt

Wie der Unterricht in den Schulen finden auch im örtlichen Gesundheitszentrum die Behandlungen in Zelten von UNICEF statt. Das Gesundheitszentrum selbst ist zerstört, das Dach immer noch kaputt, obwohl schon bald die Regenzeit beginnt. Die Gesundheitshelfer haben alle Hände voll zu tun, denn nach dem Zyklon sind die Fälle von Mangelernährung deutlich angestiegen.

Die kleine Siffa wird mit der Spezialmilch F75 behandelt. Seit zwei Wochen ist sie mit ihrer Mutter Afiha Amade hier. Kenneth hat ihr Zuhause zerstört, es gab nur wenig zu essen. Die Reisernte, die normalerweise Ende April ist, wurde durch den Zyklon komplett zerstört. Insgesamt war die Ernte auf einer fast 650 Quadratkilometer großen Fläche betroffen. Nur Kartoffeln und Maniok, die unter der Erde wachsen, konnten nach Kenneth noch geerntet werden.

Ernährung und Trinkwasser bleiben kritische Faktoren

Wenn Siffa wieder etwas stärker ist, wird die Ernährung auf angereicherte Erdnusspaste umgestellt. Ein Kilogramm hat sie bereits zugenommen. „Als Siffa in unser Gesundheitszentrum kam, war sie zunächst völlig apathisch“, berichtet uns ihr behandelnder Arzt. „Sie muss noch eine Woche stationär beobachtet werden, dann können wir sie entlassen.“

Nach dem Zyklon hat UNICEF aber nicht nur dafür gesorgt, dass die Gesundheitsversorgung auf der Insel Ibo wiederhergestellt werden konnte. Die Mitarbeiter arbeiten zusammen mit Partnern daran, die Pumpen von 40 Brunnen auf der Insel wieder zum Laufen zu bringen. Bis Ende des Jahres soll das erreicht sein. Sauberes Wasser ist eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass sich Krankheiten wie Cholera gar nicht erst ausbreiten können.

Lesen Sie hier auch den ersten Teil unserer Reise nach Mosambik.

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