In Abwasserproben des kriegszerstörten Gazastreifens ist nach palästinensischen und israelischen Angaben das Poliovirus gefunden worden. Durch den anhaltenden Krieg, die wiederholte Vertreibung von Menschen und die katastrophale Wasser- und Sanitärversorgung können sich vermeidbare Kinderkrankheiten wie Polio hier rasend schnell verbreiten.
Tests von UNICEF, dem Kinderhilfswerk der UN, "zeigten das Vorhandensein des Poliovirus" im Palästinensergebiet, erklärte das Gesundheitsministerium des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gazastreifens am Donnerstag. Das israelische Gesundheitsministerium gab seinerseits an, dass in Abwasserproben aus dem Gazastreifen bei der Untersuchung in israelischen Laboren der Poliovirus Typ 2 nachgewiesen worden sei. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte ähnliches festgestellt. Fälle von Lähmungen sind bisher nicht bekannt.
Der Fund "birgt für Tausende von Menschen das Risiko, an Polio zu erkranken", erklärt das Ministerium im Gazastreifen. Das Ministerium forderte von Israel, seine Offensive in dem Palästinensergebiet zu stoppen, so dass sicheres Wasser in den Gazastreifen gebracht und die Abwasseraufbereitung wieder aufgenommen werden könne.
Das israelische Gesundheitsministerium erklärte, dass die Proben "Anlass zur Besorgnis über das Vorhandensein des Virus in dieser Region" gäben. Die israelischen Gesundheitsbehörden würden "die notwendigen Schritte überwachen und bewerten", um ein Krankheitsrisiko in Israel zu verhindern.
Was genau ist Polio?
Die Krankheit Poliomyelitis - der medizinische Begriff für Kinderlähmung - wird durch ein akut ansteckendes Virus ausgelöst, das das Rückenmark angreift und bei Kindern irreversible Lähmungen verursachen oder sogar zum Tod führen kann, wenn die Atemmuskulatur betroffen ist. Es ist vor allem für Kinder unter fünf Jahren gefährlich. Übertragen wird die Krankheit über Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch. Es gibt zwar keine Heilmittel gegen Polio, aber eine Impfung kann die Ausbreitung verhindern. Polio war auf der ganzen Welt verbreitet, bis in den 1950er Jahren ein Impfstoff gefunden wurde.
Durch die mangelhafte Wasser- und Sanitärversorgung können sich auch Hauterkrankungen und Hautausschläge immer schneller verbreiten. Viele Kinder haben starke Schmerzen oder bekommen Fieber.
Impfrate gegen Polio wegen des Konflikts stark gesunken
Durch die anhaltende Gewalt und die Auswirkungen des Konflikts ist der Anteil der Kinder im Gazastreifen, die gegen Polio geimpft wurden, von mehr als 95 Prozent vor dem Konflikt auf etwa 89 Prozent gesunken. Dadurch erhöht sich das Risiko von Krankheitsausbrüchen, die vor allem für Kinder gefährlich sind.
UNICEF, die WHO und weitere Partner sind im Austausch mit den palästinensischen Gesundheitsbehörden, um Impfstoffe bereitzustellen und Maßnahmen zu eruieren, die jetzt nötig sind, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, beispielsweise durch Impfkampagnen. UNICEF fordert zudem wiederholt einen Waffenstillstand, um Kinder zu schützen.(cm/afp/unicef)
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