Für Teile Südsudans ist Ende Februar offiziell eine Hungersnot erklärt worden. Auch in Nigeria und Somalia sowie im Jemen herrscht eine Hungerkrise. Insgesamt sind laut UNICEF in diesen vier Ländern aktuell 1,4 Millionen Kinder lebensbedrohlich mangelernährt. Doch schon vor der offiziellen Erklärung sind die Teams von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen im Einsatz und versuchen das Schlimmste abzuwehren. Wie kann es zu einer so schweren Hungerkrise kommen? Was genau bedeutet das und wie kann diesen Kindern geholfen werden?

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Im Alltag sprechen wir von "Hungersnot", wenn in einer Region viele Menschen nichts mehr zu essen haben. Aber offiziell wird eine Hungersnot von der jeweiligen Regierung eines Landes nach bestimmten Kriterien erklärt.

Wann spricht man von einer Hungersnot?

Bei einer Hungersnot fehlen mindestens jedem fünften Haushalt nahezu vollständig Lebensmittel und / oder andere lebenswichtige Dinge wie Trinkwasser. Zahlreiche Menschen hungern und sterben. Das ist aktuell in Teilen des Südsudan (Unity State) der Fall.

Zu den Kriterien gehört zum Beispiel auch, dass mehr als 15 Prozent der Kinder in einem Gebiet an schwerer akuter Mangelernährung leiden. In einigen Hungergebieten im Südsudan liegt der Anteil dieser Kinder derzeit bei über 30 Prozent.

Auch in anderen Ländern Afrikas sind durch eine Mischung aus Konflikten, schweren Dürren und Wirtschaftskrisen hunderttausende Kinder lebensbedrohlich mangelernährt.

Leider ist es häufig so, dass eine Krise erst mit der Erklärung einer Hungersnot die nötige Aufmerksamkeit von Medien und Spendern bekommt – wenn es für viele Kinder schon zu spät ist. Auch vollzieht sich der Prozess langsam, wodurch heraufziehende Hungersnöte oftmals erst spät wahrgenommen werden. UNICEF ist auch bei diesen "stillen Krisen" vor Ort und hilft den Kindern.

Wann gilt ein Kind als mangelernährt?

Als akut mangelernährt gelten Kinder, deren Körpergewicht unter 80 Prozent des für ihr Alter angemessenen Gewichts liegt. Beträgt das Gewicht weniger als 70 Prozent, spricht man von schwerer akuter Mangelernährung.

Ursache sind ein chronischer Mangel an Nahrungsmitteln, aber auch eine Unterversorgung mit Vitaminen und lebenswichtigen Spurenelementen.

Da die Verdauung beeinträchtigt wird, können die Kinder nicht mehr normal essen. Die Nahrung wird nicht richtig vom Körper aufgenommen, wodurch die Kinder ab einem gewissen Punkt immer schwächer werden. Sie sind anfälliger für Krankheiten wie Durchfall, Masern und Lungenentzündung.

Häufiges Kranksein wiederum zehrt ihren Körper weiter aus – ein Teufelskreis. Das Risiko, dass ein schwer mangelernährtes Kind stirbt, ist neunmal so hoch wie bei einem gesunden Kind.

Auch "moderate", chronische Mangelernährung kann schwere Folgen haben: Wenn ihnen dauerhaft wichtige Nährstoffe fehlen, können die Kinder sich nicht richtig entwickeln und werden in ihrem gesamten geistigen und körperlichen Wachstum geschädigt.

Wie kann man die Kinder vor dem Verhungern retten?

Die gute Nachricht ist: Wird die Mangelernährung rechtzeitig erkannt und behandelt, haben die Kinder sehr gute Chancen, zu überleben und wieder gesund zu werden.

UNICEF sorgt in Krisensituationen weltweit dafür, dass der Ernährungszustand von möglichst vielen Kindern überprüft wird – das geht zum Beispiel ganz leicht, indem man mit einem Maßband den Umfang des Oberarms misst. Zeigt das Maßband rot, muss das Kind sofort behandelt werden.

Dafür setzt UNICEF erfolgreich therapeutische Zusatznahrung ein, vor allem angereicherte Spezialmilch und Päckchen mit sehr energiehaltiger Erdnusspaste. Schon nach wenigen Tagen geht es den meisten Kindern damit deutlich besser.

Was ist therapeutische Zusatznahrung?

Die therapeutische Zusatznahrung ist so zusammengesetzt, dass schwer mangelernährte Kinder diese Nahrung auch im extrem ausgezehrten Zustand essen, schlucken und verdauen können. Sie enthält lebenswichtige Vitamine und Mineralien, damit die Kinder wieder zu Kräften kommen.

Sehr junge, geschwächte Kinder erhalten therapeutische Spezialmilch, die über einen Nasenschlauch oder mit einem Löffel in kleinen Portionen verabreicht wird. Manche müssen gleichzeitig zum Beispiel gegen Durchfall oder Malaria behandelt werden.

Die mangelernährten Mädchen und Jungen erhalten die therapeutische Nahrung in der Regel einige Wochen lang, bis sich ihr Gewicht stabilisiert hat. Während dieser Zeit werden sie regelmäßig medizinisch untersucht.

Bringt diese Hilfe überhaupt etwas?

Ja, die Hilfe bringt viel! Es ist frustrierend, dass es überhaupt so weit kommen konnte und eine Hungersnot erklärt werden musste.

Die aktuellen Krisen sind vor allem von Menschen gemacht: Im Jemen, in Nigeria, in Somalia und im Südsudan haben Konflikte und Gewalt die ohnehin schon schwierige Situation der ärmsten Familien verschärft, weil sie zum Beispiel ihre Felder nicht bestellen konnten.

Wegen der Sicherheitslage haben Helfer häufig keinen Zugang zu allen Menschen in Not. Nicht zuletzt ist es schwierig, für Kinder in Ländern Spenden zu sammeln, wenn über ihre Situation wenig in den Medien berichtet wird.

Die Kinder können nichts für die (aktuellen) Krisen – daher muss alles getan werden, um zu verhindern, dass sich eine Katastrophe wie 2011 am Horn von Afrika wiederholt.

Im Südsudan hat UNICEF 2016 beispielsweise 180.000 schwer mangelernährte Kinder unter fünf Jahren behandelt - so viele wie nie zuvor. Aktuell baut das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen die Nothilfe noch weiter aus.

Gleichzeitig muss die langfristige Hilfe weitergehen, um die Kinder besser vor künftigen Krisen zu schützen. Denn durch diesen Einsatz ist die weltweite Kindersterblichkeit in den vergangenen 20 Jahren schon mehr als halbiert worden. Flächendeckende Impfungen und der Einsatz therapeutischer Zusatznahrung haben dazu beigetragen.

Basierend auf Text von Ninja Charbonneau, Pressesprecherin bei UNICEF

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