Laut einem neuen Bericht von UNICEF, Plan International und UN Women ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen 25 Jahre nach der historischen Frauenkonferenz von Peking immer noch nicht nur üblich, sondern auch akzeptiert. Trotz der Fortschritte bei der Bildung gab es kaum positive Entwicklungen bei der Gestaltung eines gleichberechtigten, weniger gewalttätigen Umfelds für Mädchen.
Der Bericht stellt fest, dass die Zahl der Mädchen, die nicht in die Schule gehen, in den letzten zwei Jahrzehnten um 79 Millionen gesunken ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen die Sekundarstufe besuchen, ist in den letzten zehn Jahren gestiegen.
"Der Zugang zu Bildung ist nicht genug - wir müssen auch das Verhalten und die Einstellung der Menschen gegenüber Mädchen ändern. Wahre Gleichheit wird es nur geben, wenn alle Mädchen vor Gewalt sicher sind, ihre Rechte frei ausüben können und in der Lage sind, gleiche Chancen im Leben zu genießen", so UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore.
Gewalt noch immer an der Tagesordnung
Dennoch ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach wie vor weit verbreitet. Im Jahr 2016 machten Frauen und Mädchen beispielsweise 70 Prozent aller offiziellen Opfer von Menschenhandel weltweit aus – meistens für den Zweck sexueller Ausbeutung. Darüber hinaus wurden eine ungeheure Zahl, rund 13 Millionen, im Alter zwischen 15 und 19 Jahren in ihrem Leben vergewaltigt.
Im Rahmen der Kampagne zur Gleichstellung der Generationen und anlässlich des 25. Jahrestags der Erklärung und Aktionsplattform von Peking zieht der Bericht "A New Era for Girls" Bilanz über 25 Jahre Fortschritt. Die Erklärung von Peking bildet die historische Grundlage für die Förderung der Rechte von Frauen und Mädchen.
Gleichberechtigung bleibt wichtiges Thema
"Solange Frauen und Mädchen dreimal so viel Zeit und Energie wie Männer für die Hausarbeit aufwenden müssen, sind die gleichen Chancen für Mädchen, von der Schule in gute Jobs an sicheren Arbeitsplätzen zu gelangen, unerreichbar. Dies muss sich ändern.
Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Fähigkeiten, die Mädchen erlernen, für die neuen technischen und digitalen Arbeitsplätze der Zukunft geeignet sind und dass die Gewalt gegen sie ein Ende hat", sagt die UN Women Exekutivdirektorin Phumzile Mlambo-Ngcuka.
Mädchen sind heute in jedem Bereich – sowohl online als auch im Klassenzimmer, zu Hause und in der Gemeinde – einem alarmierenden Risiko von Gewalt ausgesetzt. Dies führt zu physischen, psychischen und sozialen Folgen.
Beschneidung und Kinderheirat gefährden Mädchen
Der Bericht stellt fest, dass Praktiken wie Kinderheirat und weibliche Genitalverstümmelung (FGM) weiterhin das Leben und die Möglichkeiten von Millionen von Mädchen weltweit zerstören und gefährden. Jedes Jahr werden 12 Millionen Mädchen im Kindesalter verheiratet und 4 Millionen sind von FGM bedroht. Weltweit rechtfertigen Mädchen im Alter von 15 und 19 Jahren das Schlagen von Ehefrauen ebenso häufig wie gleichaltrige Jungen.
"Die Stärkung heranwachsender Mädchen bringt einen dreifachen gesellschaftlichen Nutzen – für die Mädchen von heute, für die Erwachsenen, die sie werden, und für die nächste Generation von Kindern.
Wenn wir die Diskriminierung nicht beenden, der Mädchen weiterhin auf der ganzen Welt ausgesetzt sind, werden wir kaum eine Chance haben, die in der Agenda 2030 festgelegten Ziele der Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen", betont Anne-Birgitte Albrectsen, Chief Executive Officer von Plan International.
Ernährung und Gesundheit – negative Trends für Mädchen
Der Bericht weist auch auf negative Trends für Mädchen in den Bereichen Ernährung und Gesundheit hin. Viele davon waren vor 25 Jahren noch unvorstellbar. So haben beispielsweise die Globalisierung, die Verlagerung von traditioneller Ernährung auf industriell gefertigte, ungesunde Lebensmittel und die rasche Ausbreitung aggressiver, auf Kinder ausgerichtete, Marketingtechniken zu einem verstärkten Konsum ungesunder Lebensmittel und zuckergesüßter Getränke geführt.
Dies hat zu einer Zunahme von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter beigetragen. Zwischen 1995 und 2016 hat sich die Häufigkeit von Übergewicht bei Mädchen im Alter von 5-19 Jahren von 9 auf 17 Prozent fast verdoppelt. Heute werden somit fast doppelt so viele übergewichtige Mädchen (155 Millionen) wie 1995 (75 Millionen) verzeichnet.
Schlechte psychische Gesundheit
In den letzten 25 Jahren ist die Besorgnis über die schlechte psychische Gesundheit gewachsen. Diese wurde zum Teil auf den übermäßigen Einsatz digitaler Technologien zurückgeführt. Der Bericht stellt fest, dass Selbstmord derzeit die zweithäufigste Todesursache bei jugendlichen Mädchen im Alter von 15-19 Jahren darstellt. Nur an schwangerschaftsbedingten Umständen versterben noch mehr.
Mädchen sind nach wie vor einem hohen Risiko sexuell übertragbarer Infektionen, einschließlich HIV, ausgesetzt. 970.000 heranwachsende Mädchen im Alter von 10-19 Jahren leben heute mit HIV, verglichen mit 740.000 Mädchen im Jahr 1995. Noch immer sind Mädchen im Alter von 10- 19 Jahren für etwa 3 von 4 Neuinfektionen unter Jugendlichen weltweit verantwortlich.
Der Bericht fordert Maßnahmen in den folgenden Bereichen:
- Erweiterung der Möglichkeiten für Mädchen aller Herkunft, Ethnie, Einkommens- und Sozialstatusniveaus.
- Mehr Investitionen in Politik und Programme, die den Fortschritt für und mit Mädchen beschleunigen.
- Gezählte Investitionen in die Produktion, Analyse und Nutzung qualitativ hochwertiger alters- und geschlechtsspezifischer Daten und in Forschung.
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 08 00/ 11 10 - 111 (Deutschland), 142 (Österreich), 143 (Schweiz).
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