Seit über 35 Jahren berichtet Michael Begasse über die Royal Family und die anderen Königshäuser dieser Welt. Vor allem auf die öffentlichen Auftritte von Königin Elizabeth II. hatte er stets ein journalistisches Auge – bis zu ihrem Tod am 8. September 2022.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Dennis Ebbecke sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Als wir den RTL-Adelsexperten erreichen, um mit ihm über die royalen Highlights aus 2023 zu sprechen, zeigt er sich selbst ein Stück weit überrascht – über die Fülle an relevanten Themen, die das zurückliegende Jahr hervorgebracht hat. "Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass es nach dem Tod der Queen und deren Beisetzung etwas ruhiger werden würde. Doch genau das Gegenteil war der Fall", erklärt Begasse und schafft damit die Grundlage für einen ausführlichen royalen Rückblick.

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In Zusammenarbeit mit unserer Redaktion hat der Experte das königliche Jahr in sechs Kapitel unterteilt und zudem in einem kleinen Ausblick seine Schlussfolgerungen für 2024 daraus gezogen. Wir blicken zurück auf ein Jahr, das in die Geschichtsbücher eingegangen ist – aufgrund der Krönung von Charles III., die der neue König höchstpersönlich als eine seiner ersten Amtshandlungen von über vier Stunden auf "nur" noch zwei Stunden gekürzt hatte.

Kapitel 1 – das historische Highlight: die erste Krönung seit 70 Jahren

Ein Leben ohne die Queen galt lange Zeit als unvorstellbar. Diverse Generationen sind über Großbritannien hinaus mit der Frau aufgewachsen, die im Februar 1952 die Nachfolge ihres Vaters, George VI, angetreten hatte und gut ein Jahr später mit gerade einmal 27 Jahren gekrönt worden war. Infolge ihres Ablebens avancierte Elizabeth' Sohn Charles am 6. Mai 2023 zum Protagonisten der ersten britischen Krönung seit rund 70 Jahren. Bereits zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung war der heute 75-Jährige älter als jeder britische Monarch vor ihm.

Begasse war bei der Krönung in diesem Frühjahr in London vor Ort und erinnert sich noch gut an "die hoffnungsvolle Energie", die er in diesen Tagen in London gespürt habe. "Die Stimmung war ganz anders als im September 2022, als die Queen zu Grabe getragen werden musste. Damals waren die Menschen wirklich traurig." Bei Charles' und Camillas großem Moment hingegen war der Blick der Menschen in die Zukunft gerichtet – trotz des höheren Alters ihres neuen Regenten.

Doch es war nicht nur diese positive Stimmung, die Begasse im Frühjahr auffiel, sondern auch die Begleitumstände. "Die Atmosphäre war durchaus angespannt, weil keiner so genau wusste, wie die zu erwartenden Proteste ausfallen würden. Diese Krönung ging letztlich auch in die Geschichte ein, weil sie die erste war, bei der es laute und für die ganze Welt sichtbare Proteste gab. Viele skandierten 'Not my king'", lässt er seine Eindrücke Revue passieren. Alles in allem seien die republikanischen Kräfte zwar da, aber nicht so massiv gewesen, dass sie den Ablauf gestört hätten.

Kapitel 2 – die Herzens-Highlights: vom trommelnden Louis bis zur neuen Queen

Gerne erinnert sich der Adelsexperte an die royalen Höhepunkte zurück, die ihm ans Herz gegangen sind und die er aus diesem Grund als seine "Herzens-Highlights" bezeichnet. "Zuallererst denke ich dabei an den kleinen Prinzen Louis. Was hatte die Welt in diesem Jahr für einen Spaß mit dem Wonneproppen!?" Der mittlerweile fünfjährige Sohn von William und Kate habe sich mit seinem Auftritt bei der Krönung endgültig als Everybody's Darling etabliert, wie Begasse schmunzelnd erläutert: "Es war doch sensationell, wie er auf dem Balkon getrommelt hat. Jeder konnte die Begeisterung in seinen Augen sehen, zum Beispiel als die Düsenjets über Buckingham Palace geflogen sind. Louis ist Teil der 'Next, next Generation', auf die wir uns wirklich freuen dürfen."

Noch hält allerdings die aktuelle Generation das Zepter in der Hand. Zu dieser gehört neben dem amtierenden König auch dessen Ehefrau Camilla, mit der Begasse ein weiteres "Herzens-Highlight" verbindet. Dieses hatte seinen Ursprung bereits vor der eigentlichen Krönung: "Dass Charles darauf bestanden hat, Camilla in der Einladung nicht als Queen Consort (dt.: Königs-Gemahlin), sondern als Queen zu bezeichnen, war ein Riesenthema." Im Vereinigten Königreich ebenso wie in Deutschland. Den Beweis lieferte kürzlich eine Google-Jahresauswertung, bei der unter den speziellen Fragen, die den Deutschen auf der Seele brannten, folgende auf Platz fünf landete: "Warum wird Camilla Königin?"

Laut Begasse wollten viele mit dem Begriff "Queen Consort" ja eigentlich nur ausdrücken, dass Camilla gar nicht würdig sei, an der Seite von Charles Königin zu werden. Dazu muss man wissen, dass auch Queen Mum († 2002) eine Queen Consort war und Kate eines Tages eine Queen Consort an der Seite von William sein wird. Der Adelsexperte ordnet ein: "Auch wenn es juristisch nicht ganz korrekt war: Charles wollte mit diesem Detail deutlich machen, dass es die Liebe seines Lebens sehr wohl verdient habe, an seiner Seite eine Queen zu sein."

Kapitel 3 – die Haltungs-Highlights: wie ein Fels in der Brandung

Die erwähnte Formulierung in der Einladung ging ans Herz und verdeutlichte nach Ansicht Begasses die liebevolle Haltung, die Charles seiner Ehefrau entgegenbringt. Gelernt habe er das von seinen Eltern. "Charles weiß ganz genau, dass er einen vertrauten Menschen an seiner Seite braucht, bei dem er nicht König sein muss, sondern Ehemann und Freund sein darf – getreu dem berühmten Satz seiner verstorbenen Mutter über Prinz Philip: 'He is my rock!' Dieser Fels in der Brandung in Charles' Leben ist Camilla."

Als der Regent noch vor seiner Krönung in Berlin zu Besuch war, nahm Begasse genau davon Notiz: "Ich habe Charles auf dem Wittenbergplatz mit einem Kamerateam begleitet und gemerkt: Die beiden sind immer in Verbindung, haben zu jeder Zeit Blickkontakt. Es gab jedoch eine Situation, in der sich Camilla ein bisschen verspätet hatte – und Charles wurde sofort sichtlich unruhig."

Dass Charles III. ein König mit Haltung sei, macht der Journalist auch an dessen inhaltlicher Ausrichtung fest: "Seine drei Herzensthemen, die er schon seit 30 Jahren in seinen Reden immer wieder aufs Neue aufgreift – nämlich Nachhaltigkeit, Klimawandel und Umweltschutz –, kann er jetzt als König endlich in die Welt tragen." Eine Aussage des 75-Jährigen, kürzlich im Rahmen der Weltklimakonferenz in Dubai getätigt, ist Begasse besonders positiv in Erinnerung geblieben: "Er hat sinngemäß gesagt, dass uns die Leute im Jahr 2050 nicht fragen werden, worüber wir damals, also 2023, geredet haben. Sie werden uns fragen, wie wir gehandelt haben. Dieser Satz hat mir wieder einmal gezeigt, dass Charles zwar ein älterer, aber dennoch ein visionärer König ist."

Kapitel 4 – die lustigsten Highlights: Meghan verkleidet und Teetassen mit Charles-Ohren

Blickt man auf das royale Jahr 2023 zurück, kommen einem auch einige Momente in den Sinn, die uns zum Lachen gebracht haben – etwa ein Gerücht um Meghan, das unmittelbar nach der Krönung die Runde gemacht hatte. "Es wurde tatsächlich behauptet, dass Meghan mit Perücke und aufgeklebtem Schnauzbart verkleidet an der Krönung teilgenommen hatte. Es ging sogar ein Bild des walisischen Komponisten Karl Jenkins viral, in dessen Gestalt sich die Frau von Prinz Harry eingeschlichen haben soll", erinnert sich Begasse.

Darüber habe er sich in diesem Jahr ebenso amüsiert wie über die neuen Teetassen mit zwei Henkeln in Form von Charles' Ohren oder die vielen Memes und Sprüche im Netz. "Ein Beispiel gefällig? 'King Charles III., the artist formely known as Prince' – in Anspielung auf den inzwischen verstorbenen US-Sänger Prince", ergänzt der Adelsexperte lachend. Aus all diesen und noch vielen weiteren lustigen Anekdoten zieht er die folgende, übergreifende Erkenntnis: "Die junge Generation hat in diesem Jahr Notiz von diesem alten König genommen."

Kapitel 5 – die menschlichen Highlights: Thronfolger-Paar präsentiert sich als Dreamteam

Für die menschlichen Highlights 2023 sorgte vor allem das Thronfolger-Paar William und Kate. So wurde der älteste Sohn des neuen Königs bei einem Auftritt von einem kleinen Jungen angesprochen und gefragt, ob er denn schon Prinz William gesehen habe. "Der Prinz ging dann auf die Knie und erklärte dem Kind auf Augenhöhe, dass er ihn auch noch nicht erblickt habe – bis die Mutter ihren Sohn darauf hinwies, dass er gerade mit Prinz William spreche", berichtet Begasse. Der Junge sei danach vor Begeisterung komplett ausgerastet. "Diese kleine Szene hat mir gezeigt, wie liebevoll der künftige König ist. Die nächste und übernächste Generation sind wirklich ganz nah beieinander", ist sich der Adelsexperte sicher.

Von ihrer menschlichen Seite zeigten sich der Prinz und die Prinzessin von Wales zudem bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach der Veröffentlichung des Buches von Omid Scobie. Dieser hatte zuletzt in seinem Werk "Endgame" den vermeintlichen Rassismus-Eklat innerhalb der Royal Family aufgedeckt sowie insbesondere Charles und Kate vorgeworfen, über die Hautfarbe der damals noch ungeborenen Kinder von Harry und Meghan spekuliert zu haben. Mit Blick darauf schaute Begasse bei der Royal Variety Performance in London ganz genau hin und schildert nun seine Eindrücke: "Die beiden haben sich kurz vor dem Betreten des Roten Teppichs angeschaut, gelächelt und Haltung bewahrt. Und natürlich sind sie jeder Frage elegant ausgewichen. Sie sind ein absolutes Dreamteam." Kate sei zudem eine Stilikone und habe das Zeug zu einer "Qualitätskönigin" – nicht zuletzt, weil sie die Prioritäten richtig setze. "Kate handelt erst als Mutter, dann als Ehefrau und dann erst als Kronprinzessin", weiß der Experte.

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Kapitel 6 – die royalen Störfeuer: zwei Skandalbücher im Fokus

In den vergangenen Jahren hatte noch Prinz Andrew, der in den Missbrauchsskandal um den verstorbenen Jeffrey Epstein verwickelt sein soll, für die royalen Störfeuer gesorgt. Das war 2023 anders, da der 63-Jährige "auf Wunsch des Königs und des Kronprinzen kaltgestellt wurde", wie es Begasse formuliert. Andrew ist eine Persona non grata – und das wird auch so bleiben. Für Aufsehen sorgten vielmehr Harry und Meghan mit ihrem Enthüllungsbuch "Spare" (deutsch: "Reserve") in einer Phase im Januar, als jeder dachte, dass nach der Beisetzung der Queen etwas Ruhe einkehren würde. "Viele Menschen haben das Buch kopfschüttelnd zur Seite gelegt und sich gefragt, warum die beiden das getan haben. Warum hat vor allem Harry sein Inneres so nach außen gekehrt und dermaßen gegen seine eigene Familie geschossen?", fragt sich der Adelsexperte, wie so viele andere Menschen weltweit, nach wie vor.

Fast ein Jahr nach der Veröffentlichung des Buches bilanziert Begasse: "Das Verhältnis zwischen Harry und Meghan auf der einen und der Royal Family in London auf der anderen Seite ist in 2023 nicht nur nicht besser, sondern sogar noch schlechter geworden." Das neue Scobie-Buch habe das Ganze noch zusätzlich befeuert, wobei "Harry und Meghan dafür nichts können", wie der Adelsexperte einordnet. Zumindest auf den ersten Blick sei das so. "Grundsätzlich ist es das Buch eines Journalisten. Auf der anderen Seite aber gilt dieser Omid Scobie als absoluter Vertrauter des Paares. Schließlich hat er damals 'Finding Freedom' im Auftrag von Harry und Meghan geschrieben. Es bleibt also ein Geschmäckle."

Ebenso weist Begasse ausdrücklich darauf hin, dass er in diesem Jahr ebenso den anderen Harry gesehen habe. Den Harry, der uns von Kindesbeinen an so viel Spaß gemacht habe. Bei den Invictus Games in Düsseldorf hinterließ Williams Bruder einen positiven Eindruck. Er war mit ganzem Herzen dabei und nutzte zudem die Gelegenheit für einen Abstecher nach London, um heimlich, still und leise das Grab seiner verstorbenen Großmutter zu besuchen.

Ausblick: Begasses royale Wünsche für 2024

"Ich wünsche mir für das nächste Jahr, dass wir wieder häufiger eben diesen Harry zu sehen bekommen und nicht diesen verkniffenen Harry, der Bücher schreibt und Netflix-Serien dreht, um seiner Familie zu schaden … und sich damit letztendlich selbst die Taschen vollzumachen", schließt Michael Begasse seinen Jahresrückblick mit einem kleinen Ausblick.

Auch Harrys Vater, König Charles III., spricht er eine Empfehlung aus: "Die Bilanz im Jahr seiner Krönung fällt für mich sehr positiv aus. Er ist Mensch geblieben. Er ist Ehemann geblieben. Er ist Vater geblieben. Er ist Opa geblieben." Begasses einziger Kritikpunkt: "Charles sollte im kommenden Jahr endlich seiner Aufgabe nachkommen, weitere Royal-Realms-Staaten wie Kanada, Australien und Neuseeland zu besuchen, in denen er auch König ist. Wenn er nämlich die Zustimmung in diesen Ländern verliert, wird es für die britische Monarchie in Zukunft schwierig."

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