Hollywoods Regisseurin der Stunde hat sich an den Romanklassiker "Little Women" gewagt und aus dem Stoff einen bezaubernden Film gemacht - mit Frauenfiguren, die vor Kraft nur so strotzen. Ein absolut sehenswerter Film mit oscarreifen Schauspielern.

Eine Kritik

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"Little Women" ist eine Liebesgeschichte. Es geht um die Liebe der jungen Jo March (Saoirse Ronan) zur Literatur. Zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs will sie als Schriftstellerin Spuren in der Welt hinterlassen und wirft dafür alle konventionellen Werte über Bord: Sie will eine unabhängige Frau sein, die sich durch ihr Schaffen und nicht durch einen gut gestellten Ehemann definiert.

Genau wie Jo sind auch ihre drei Schwestern besondere Charaktere. Meg, gespielt von Emma Watson, strebt eine Heirat an, die ihr Zugang zu den oberen Kreisen gewährt. Beth (Eliza Scanlen) ist die gute Seele, die sich für andere aufopfert und dafür einen hohen Preis bezahlen muss.

Die jüngste der Schwestern, Amy (Florence Pugh), fordert ihre Wünsche mit Inbrunst ein und glaubt, dass Jo ihr den Rang abläuft. So entstehen wunderbar emotionale Szenen der Eifersucht, in denen Amy in Rage gerät und etwa vor Wut Jos Geschichten verbrennt.

Dann tritt Nachbar Laurie (Timothée Chalamet) ins Leben der vier Mädchen. Er glaubt, in Jo die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Die wiederum sieht ihre Liebe zur Literatur durch die Liebe von Laurie bedroht - und steht vor einer schweren Entscheidung.

Ronan und Chalamet in Höchstform - Emma Watson bleibt blass

Regisseurin Greta Gerwig verwebt die Vergangenheit und die Gegenwart der Geschichte in zwei parallel verlaufende Erzählstränge. So begleitet sie die Mädchen beim Erwachsenwerden.

Die Dialoge sind geschliffen und auch die Dynamik zwischen den Schauspielern ist beeindruckend. Besonders Saoirse Ronan und Timothée Chalamet, die bereits in Gerwigs "Lady Bird" gemeinsam vor der Kamera standen, verleihen ihren Figuren eine Wahrhaftigkeit, die für den Zuschauer stellenweise schmerzhaft ist - Lauries verzweifelte Liebe zu Jo auf der einen Seite, deren Liebe zur Schriftstellerei auf der anderen.

Auch von Florence Pugh, die die aufsässige Amy spielt und zu Recht für den Oscar als beste Nebendarstellerin nominiert ist, wird man noch viel hören.

Einzig Emma Watson schafft es nicht, ihrer Meg Leben einzuhauchen. Sie ist als Schauspielerin nicht wandelbar genug und erinnert in ihrem Spiel stets an die brave Hermine aus "Harry Potter". Dabei hätte ihr Filmcharakter ihr die Möglichkeit gegeben, mehr in die Tiefe zu gehen. Doch so sehr sich Watson auch bemüht, das Lachen der Meg bleibt ein gespieltes.

Gerwig ist nach "Lady Bird" ein weiterer Geniestreich gelungen

Die US-amerikanische Regisseurin Greta Gerwig zeigt, wie verblüffend aktuell die 1868 erschienene Romanvorlage von Louisa May Alcott heute noch ist. "Little Women" entlarvt die Ehe als ökonomisches Konzept, von dem Jo nicht nur die Figuren in ihren Geschichten, sondern auch sich selbst befreien will.

Gerwig ist damit nach "Lady Bird" (2017) ein weiterer Geniestreich gelungen. Umso unverständlicher, dass sie bei den Oscar-Nominierungen übergangen wurde. Dass nun in der Kategorie "Beste Regie" ausschließlich Männer nominiert sind, zeigt, dass ein Film wie "Little Women", der die Chancenungleichheit der Frauen thematisiert, genau zur richtigen Zeit kommt.

Immerhin darf sich Saoirse Ronan über ihre mittlerweile vierte Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin freuen. Der Film geht außerdem für die Oscars als bester Film, bestes Kostümdesign, beste Filmmusik und bestes adaptiertes Drehbuch ins Rennen. Ab dem 30. Januar läuft der Film in den deutschen Kinos.


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