Vier Folgen der siebten Staffel von Game of Thrones sind mittlerweile ausgestrahlt worden. Mit dabei: Drachen, Weiße Wanderer und Zauberei. Doch trotz dieser Fantasy-Elemente hat die Erfolgsserie einen historischen Kern.
Wie viele junge Menschen las George R.R. Martin in seiner Jugend "Herr der Ringe". Martin liebte das Werk von J.R.R. Tolkien, doch er hatte auch Kritik-Punkte.
Etwa, dass die Geschichte um Frodo Beutlin in einem "utopischen Disneyland-Mittelalter" spiele, wie Martin einst bemerkte. Dem Autor war klar, dass seine Roman-Welt anders sein sollte. Weniger märchenhaft, dafür realer, düsterer, härter.
Martin bereiste Europa und ließ sich inspirieren. Und so flossen eine große Menge historischer Begebenheiten in seine Bücher-Serie "Das Lied von Eis und Feuer" mit ein. Mal mehr, mal weniger offensichtlich.
Mittelalterliche Gesellschaftsordnung dient als Vorbild
"Er hat sich in der mittelalterlichen Lebenswelt bedient, um die Gesellschaftsordnung abzubilden", erklärt die Historikerin und Journalistin Wera Engelhardt: "Es ist ein feudales System, das heißt die adligen Grundherren bestimmen die gesellschaftliche Ordnung. Es gibt die klassische, mittelalterliche Dreiteilung: Pugnatores, Oratores und Laboratores - die Kämpfenden, die Betenden und die Arbeitenden."
Auch das Lehnswesen, wie es im hoch- und spätmittelalterlichen Deutschland verbreitet war, wird zitiert.
Zu sehen, als Catelyn Stark in einer Taverne auf Tyrion Lannister trifft und die Anwesenden an den Eid erinnert, den sie auf das Haus geleistet haben.
Darauf aufbauend fordert sie diese dazu auf, Tyrion zu verhaften.
Doch die gesellschaftliche Ordnung ist bei weitem nicht der einzige historische Verweis in "Game of Thrones".
Die Mauer, die den Norden von Westeros vor Wildlingen und Weißen Wanderern schützen soll, weist große Ähnlichkeit mit dem Hadrianswall auf, den die Römer im 2. Jahrhundert an der heutigen schottisch-englischen Grenze erbauten, um sich vor Plünderungen schottischer und irischer Stämme zu schützen.
Das Reitervolk der Dothraki wiederrum erinnert stark an die mongolischen Eroberer unter dem legendären Heerführer Dschingis Khan.
Die Rosenkriege als historische Inspirationsquelle
Den größten Einfluss auf die Bücher und die Serie hatten allerdings die englischen Rosenkriege, wie Martin einst selbst einräumte.
Zwischen 1455 und 1485 kämpften die Adelshäuser Lancaster und York um den englischen Thron, den beide Familien für sich beanspruchten.
Schon die Namen ähneln denen der Lannisters und Starks, doch das ist längst nicht die einzige Parallele.
"Der Kriegsausbruch ist ähnlich, er wurde durch ein Machtvakuum ausgelöst", sagt Engelhardt. Henry VI. erlitt einen Nervenzusammenbruch mit anschließender Geisteskrankheit, ganz wie der "verrückte König" Aerys Targaryen.
Er wurde durch einen Lordprotektor aus dem Hause York ersetzt, was wiederrum das Hause Lancaster auf den Plan rief.
"Game of Thrones" zitiert den weiteren Verlauf der Rosenkriege zwar nur lose, doch es sind vor allem die handelnden Personen aus jener Zeit, die sich in den Figuren der Bücher und Serie widerspiegeln.
Ist Edward IV. das Vorbild für Robert Baratheon?
1461 bestieg Edward IV. aus dem Hause York den Thron und sperrte den geisteskranken Henry VI. im Londoner Tower ein.
Zeitgenössische Quellen beschreiben Edward als ehrenhaft und gutmütig, aber auch als tapfer und stark. Sein militärisches Geschick wird gelobt, ganz wie bei Robert Baratheon.
Edwards Frau war Elizabeth Woodville, die Ähnlichkeiten zu Cersei Lannister aufweist. Ihre Familie profitierte sehr von der Hochzeit, die Woodvilles besetzten hohe Posten, ganz wie die machtgierigen Lannisters.
Allerdings dürfte auch Margarete von Anjou, die Frau von Henry VI., Martin bei der Gestaltung der Figur Cerseis beeinflusst haben. "Sie wird als sehr schöne, intelligente und couragierte Frau beschrieben, die andere überstrahlt hat", erzählt Engelhardt: "Sie war fast eine Art Feministin, die sich nicht mit den klassischen Aufgaben adliger Frauen begnügt hat. Sie hat selbst am Kriegsgeschehen teilgenommen und ein eigenes Herr geführt."
Mit Henry hatte sie einen Sohn, Edward, der bereits in jungen Jahren für seine Grausamkeit bekannt war und seinen 18. Geburtstag nicht erlebte. Immer wieder gab es Gerüchte, dass Margaret Prinz Edward Henry untergeschoben habe - eine weitere Paralle zum Kindkönig Joffrey Baratheon.
Ein Mann war wohl Vorbild für die Figur der Daenerys Targaryen
Die wahrscheinlich interessanteste Figur ist aber die des Henry Tudor, der das Vorbild für Daenerys Targaryen zu sein scheint.
"Henry Tudor wurde ins Exil nach Frankreich verbannt", erzählt Engelhardt: "Wie Daenerys wurde er durch ein Meer von seinem Reich getrennt, er befand sich also in einem ähnlichen Dilemma.
Er ist zwar ein Mann, aber es scheint naheliegend, dass er die Figur inspiriert hat."
Tudor hatte einen roten Drachen in seinem Wappen. Wie Danerys agierte er äußert zielstrebig, sammelte ein Heer um sich und segelte mit diesem über den Ärmelkanal, um seinen Anspruch auf den Thron durchzusetzen.
1485 wurde er als Henry VII. zum König gekrönt, eine Ehe mit Elizabeth von York beendete schließlich die Rosenkriege und begründete die Dynastie der Tudors.
Lässt Henry Tudors Schicksal Rückschlüsse auf das Serienende zu?
Lässt Henrys Schicksal nun also Rückschlüsse zu, wie "Game of Thrones" enden wird? Nur bedingt. Zwar sind die Bücher und die Serie mit historischen Begebenheiten aus dem Mittelalter gespickt, aber Martin hat diese geschickt variiert.
Außerdem hat die Serie die Buchvorlage längst überholt und geht zumindest teilweise ihren eigenen Weg.
Und die Weißen Wanderer dürften am Ende wohl auch noch ein Wörtchen mitreden.
Die siebte Staffel "Game of Thrones" läuft seit dem 17. Juli auf Sky - die neuen Folgen sehen Sie immer montags ab 20:15 Uhr auf Sky Atlantic.
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