Ihr neues Projekt ist für sie zwar kein unbekanntes Genre, dennoch stellte der Dreh des Horrorfilms "Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt" Nilam Farooq vor bisher unbekannte Hürden.
Mit einem YouTube-Kanal startete
Erfolge feierte sie zuletzt mit Gesellschaftssatiren wie "791 km" an der Seite von Iris Berben und
Im Interview spricht sie übers Gendern, die Herausforderungen eines One-Shot-Films und ihre Pläne in den Sozialen Medien.
Frau Farooq, in einer Reihe von Filmen wie "Freibad" oder "791 km" wirkt ihr neuer Film eher außergewöhnlich. Was hat Sie gereizt? Was muss ein Projekt haben, damit Sie dabei sind?
Nilam Farooq: Ich habe sie nie genau abgezählt, aber es sind ein paar Komponenten. Als allererstes das Gefühl: Würde ich sowas gucken? Als Zweites das Drehbuch, natürlich. Dann die Regie und als Viertes: Wer spielt mit, wer ist schon besetzt? Das sind die Säulen. Und wenn davon drei erfüllt sind, sind wir schon mal auf einem guten Weg. Über die meisten anderen Dinge kann man sprechen. Aber wenn von den Ersten nicht genug erfüllt sind, dann ergibt es keinen Sinn.
Bei "Home Sweet Home" gibt es ja noch eine Besonderheit ...
Ja, hier war es vor allem die Tatsache, dass es ein One-Shot-Film ist. Für viele wäre wohl die Horror-Komponente interessant, weil sie so etwas noch nicht gemacht haben und man nicht so oft die Gelegenheit dafür hat. Ich hab vor fünf oder sechs Jahren schon einen Horrorfilm gedreht. Deswegen war das jetzt gar nicht vorrangig – "Wow, endlich darf ich das mal machen!". Sondern die Tatsache, dass wir das Ganze an einem Stück gedreht haben.
Nilam Farooq: "Das werde ich in nächster Zeit nicht mehr machen"
Für Kinofans ein faszinierender Effekt – beim Filmdreh aber sicher eine enorme Herausforderung?
Es ist so schwierig, dass ich es auf jeden Fall in der nächsten Zeit nicht mehr machen werde. Es ist aber auch so toll, dass ich die Erfahrung nicht missen möchte. Der beste Moment ist, wenn du es geschafft hast. Bis dahin hat man ganz schön viel Druck. Besonders in einem Film, in dem ich von 90 Minuten sicher 89 zu sehen bin – da lastet die Verantwortung für einen ganzen Kinofilm auf einem. Und es gibt einige Fallen, in die man tappen kann. Hier ist es vor allem der riesengroße künstliche Schwangerschaftsbauch, der acht Kilo wiegt, dann die Dunkelheit, irgendwelche Treppen und Stufen. Da hat man schon ein bisschen Angst und Respekt.
Bei dieser Art Film lernt man ja nicht Texte und Szenen für den Drehtag, sondern irgendwann muss alles sitzen. Und bei einem Hänger kann man nicht die Szene wiederholen, sondern muss komplett von vorne beginnen?
Ja. Das war auch meine größte Sorge, aber es ergibt sich dann. Insgesamt haben wir drei Takes gedreht. Das heißt, dreimal wirklich "heiß" gespielt und gefilmt. Wir haben davor zweieinhalb Wochen geprobt. Diese Proben waren sehr technisch und in einzelne Abschnitte eingeteilt. Dabei kann man dann sagen: "Teil eins sitzt, jetzt konzentriere ich mich auf den nächsten."
"Der Regisseur kann nicht einfach abbrechen"
Bleibt da Raum für Improvisation beim Dreh?
Ja und nein. Es muss natürlich ganz viel stehen, gerade was Kameraführung und -positionen angeht, Lichter, die an- und ausgehen, Telefonate, die geführt werden – das muss technisch einfach funktionieren und getimed sein. Andererseits siehst du dich auch in einer Situation, in der du als Schauspielerin so viel "Macht" und Verantwortung hast wie noch nie, denn der Regisseur kann nicht einfach abbrechen. Wenn du merkst, du musst jetzt hier improvisieren, weil du sonst nicht weiterkommst, dann machst du das eher, als den ganzen Take zu beenden und damit den Drehtag. Von daher hat man beide Möglichkeiten. Aber gerade bei den Proben vorher mit dem Regisseur ist natürlich ausschlaggebend, dass alles funktioniert und der Grundstein liegt.
Wie zuletzt "Contra" oder "781 Km" ist auch "Home Sweet Home" ein Kammerspiel. Ein begrenzter Raum, eine begrenzte Anzahl handelnder Personen. Ist das mehr als eine zufällige Häufung?
Das frage ich mich langsam auch, ehrlich gesagt. Die letzten vier Jahre hatte ich gefühlt nie mehr als drei KollegInnen am Set. Das ist aber auch vielleicht der Pandemie geschuldet, aus der wir rausgekommen sind, und wie da Drehbücher geschrieben wurden. Ich habe da keine Präferenzen, es ist einfach in den letzten Jahren so passiert.
In Fragen des Genderns treffen einfach Welten aufeinander
Das Gendern geht Ihnen sehr leicht von den Lippen. Das ist längst nicht bei allen in der Branche so. Macht sich das bei der Arbeit bemerkbar?
Man merkt man das schon. Es ist vielleicht kein klassischer Generationenkonflikt, eher darüber hinaus ein grundsätzlicher, gesellschaftlicher. Da treffen einfach Welten aufeinander. Das Lustige ist für mich ist, dass ich genau in der Zwischenwelt bin. Also es gibt eine deutlich jüngere Generation als mich, die bei einigen Themen noch lauter und noch aktiver ist – was Sprache, was das Klima angeht. Und dann gibt es eine Generation, die sehr an dem festhält, wie es jahrelang gemacht wurde. Ich sitze dazwischen und finde das meistens ganz spannend, weil ich weder das eine noch das andere komplett richtig finde. Ich versuche, mir immer meine eigene Meinung zu bilden. Beim Gendern ist es einfach so, dass ich das sehr sinnvoll finde, weil Sprache wahnsinnig prägt. Und ich glaube, dass es zum Beispiel junge Mädchen gibt, die nicht glauben, dass sie Elektrikerin werden können, weil man immer nur das Wort Elektriker hört. Und ich glaube, wenn man denen das ganz früh mit auf den Weg gibt, dann ist das im Kopf anders verankert. Und ich bin außerdem der Meinung, dass die Sprache sich auch verändern darf.
Ihre Filme thematisieren immer wieder Themen, die die Gesellschaft bewegen. Wie empfinden Sie das aktuelle Klima?
Gerade im Moment ist es natürlich schwierig. Ich versuche mir dann die schönen Sachen rauszupicken. Wenn man zum Beispiel auf Köln schaut, wo 30.000 Menschen auftauchen und gegen die AfD stehen. Ich finde es toll, dass auch das laut sein kann und nicht immer alles andere nur laut sein muss. Aber der Weltschmerz wird nicht weniger. Ich möchte mich auch nicht zurückhalten, aber genauso habe ich viel gefährliches Halbwissen, was bei vielen Bereichen einfach nur auf meiner Emotionalität basiert und nicht auf irgendwelchen Fakten.
"Die letzte Zeit war für mich privat und persönlich schwierig"
Die Reichweite von Social Media haben Sie schon immer genutzt. In letzter Zeit ist es bei Ihnen auf Instagram zum Beispiel etwas ruhiger geworden. Hat das den Reiz verloren?
Nee, ich glaube, es ist so ein Phasending. Die letzte Zeit war für mich privat und persönlich schwierig. Da stand es nicht an vorderster Stelle, Instagram zu machen. Aber auch die Jahre davor … es hat sich einfach in sehr viele Richtungen entwickelt. Und ich hatte das Gefühl, ich müsste mich dann für eine Richtung entscheiden. Zum Beispiel … nehme ich die Follower die ganze Zeit komplett mit. Das möchte ich nicht. Das ist nicht das, was ich sein will. Aber gleichzeitig denke ich so langsam wieder, ein bisschen mehr könnte ich ja schon machen. Es ist ja auch irgendwie ganz schön. Ich verteufele es nicht, ich liebe es aber auch nicht über alle Maßen.
Passend zu Ihrem "Chapter"-Tattoo – jetzt also eine Phase der Neuausrichtung?
Ja, das kann man vielleicht so sagen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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