Er ist der Meister der Plot-Twists: M. Night Shyamalan. Im Interview spricht der Regisseur über die Zusammenarbeit mit seiner Tochter in seinem neuen Thriller "Trap: No Way Out", sein Verhältnis zur Filmindustrie und ob er immer noch kein Fan von Streamingdiensten ist.
Dieser Tage feiert mit "The Sixth Sense" ein echter Kino-Klassiker sein 25-jähriges Jubiläum. Erfolgreich war der Film mit
Überraschende Wendungen und unerwartete Erzählstränge waren ab "The Sixth Sense" so etwas wie das Markenzeichen des Regisseurs. Allerdings ließ sich der Kniff nicht problemlos immer wieder aufs Neue verwenden. Zwischen erfolgreichen Filmen wie "Unbreakable" und Aussetzern wie "Das Mädchen aus dem Wasser" war seine Karriere insgesamt eher durchwachsen.
Nach seinem letzten Film "Knock at the Cabin" verließ er dann auch erstmal den Regiestuhl, um das Regiedebüt seiner Tochter Ishana Shyamalan, "They See You", zu produzieren – wenig überraschend ein Horrorfilm.
Nun kommt mit "Trap: No Way Out" ein neuer eigener Film des Regisseurs in die Kinos. Darin spielt
Dass sich hinter dem freundlichen Daddy aus der Vorstadt ein waschechter Psychopath und Serienmörder verbirgt, ist diesmal nicht der berühmte Shyamalan-Twist, denn das erfahren die Zuschauer ziemlich früh. Spannender ist es zu beobachten, wie Cooper versucht, aus einem von der Polizei umstellten Stadion zu verschwinden und in wem er kurz vor Ende noch ebenbürtige Gegenspieler findet.
Und auch dieser Film ist wieder Family-Business. Shyamalans Tochter Saleka hat sich als R&B-Sängerin und Songwriterin längst einen Namen gemacht. In "Trap: No Way Out" übernahm sie nicht nur die Rolle des Superstars Lady Raven, sondern steuerte auch den Soundtrack bei – mit 14 Songs und den passenden Performances lässt sich fast schon von einem Konzertfilm reden.
Deutschland liegt noch in den Nachwehen des Taylor-Swift-Fiebers, auf Konzerte gehen Jung und Alt - da ist die Idee, mit 25.000 Menschen in der Falle zu sitzen, nachvollziehbar und besonders beklemmend. Wie entstand die Idee für das Setting und wie war Ihre Tochter Saleka eingebunden?
M. Night Shyamalan: Im Grunde begann sogar alles mit einem Gespräch mit Saleka: Können wir eine Art musikalischen Thriller kreieren? Gibt es die Möglichkeit, beides zu machen - einen Film und ein ganzes Album? Nicht einfach nur ein paar Songs, die dann beigesteuert werden, sobald der Film im Kasten ist, sondern ein ganzes Album vollständig in den Film zu integrieren? Eigentlich eine fast unmögliche Aufgabe, ein Konzert zu veranstalten, während Josh und die anderen Schauspieler ihren Job machen. Eine herausfordernde, aber auch wundervolle Sache. Deswegen fühlt sich die Geschichte am Ende auch so real an – denn es war ein echtes Konzert. Wir haben nicht nur so getan.
M. Night Shyamalan: "Ich suche die universellen Geschichten"
Kann man solche Ideen nur umsetzen, wenn man sich gewisse Freiheiten bewahrt und immer die kreative Kontrolle behält? Sich also nicht zu sehr an die Industrie bindet?
Tatsächlich ist das der Grund, warum die Filmindustrie und ich doch ganz gut zusammenarbeiten. Am Ende haben wir das gleiche Ziel: Ich will, dass einfach jeder meine Filme genießen kann. Ich suche die universellen Geschichten, in denen sich jeder wiederfinden kann. Darin sind wir uns einig. Die Frage ist immer: Wie kommt man dahin? Was ist der beste Weg? Ich möchte die Dinge auf eine einzigartige Art machen, mit Sachen und Leuten, die man so noch nicht gesehen hat. Und diese Besonderheit, diese Einmaligkeit ist es dann, die die Leute in meine Filme zieht. Im Gegensatz zur Arbeit mit existierenden Bildern und Sprachen, die bereits auf ihren Erfolg getestet wurden. Da liegen die Unterschiede. Aber das Ziel ist das gleiche. Und ich muss meinen Weg immer aufs Neue beweisen. Bei jedem Film. Auch hier: Lass es uns aus der Sicht des Mörders machen. Ich will, dass Josh ihn spielt. Ich will, dass Saleka 14 Songs dafür schreibt. Ich finde ein junges Mädchen, das den ganzen Film trägt. Irgendwo gibt es sie und ich finde sie.
Sie kennen das Entertainment-Business durch und durch, die guten wie die schlechten Seiten. Welchen Rat geben Sie Ihren Töchtern mit auf den Weg?
Das Wichtigste in ganz vereinfachter Form: Es gibt zwei Säulen. Eine, über die man Kontrolle hat, und eine, die man nicht kontrollieren kann. Man sollte nie durcheinanderkommen. Sie mögen gleich aussehen oder den Eindruck machen, als seien sie verbunden, aber das ist nicht so. Man hat Kontrolle über das Drehbuch, die Charaktere, die Texte, die Musik – ob das jedoch gut ankommt oder verstanden wird, ist außerhalb der Kontrolle. Man sollte all seine Energie auf die erste Säule konzentrieren – dann wird schon alles funktionieren.
Sie betonen immer wieder, wie sehr Sie das Kino schätzen und von Streamingdiensten nichts halten. Hat sich diese Sicht inzwischen geändert?
Absolut nicht und die Welt scheint auch ihre Meinung zu ändern. Filme für Kino und Streaming sind nicht das Gleiche, sie sind nicht einmal die gleiche Kunstform. Sich etwas nebenbei auf dem Computer anzusehen, während man sich umzieht oder im Bad ist, seiner Mutter textet oder der Hund Sachen macht? Das ist nicht das Medium, mit dem ich etwas zu tun haben will. Und es gibt einen Grund, warum nie mitgeteilt wird, wie viele Menschen den Film eigentlich zu Ende gestreamt haben. Es gibt einen Grund, warum wir die Zahlen nicht kennen und wohl auch nie erfahren werden: Niemand schaut Filme auf diese Art zu Ende. Als würde man eine wunderbare Mahlzeit auf Schrott packen und servieren. Und für mich – das habe ich auch meiner Tochter Ishana gesagt – ist die Kunstform nicht nur der Film an sich, sondern immer der Film zusammen mit dem Publikum und dem Erlebnis.
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