Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat am Freitag in Wiesbaden das "Wort des Jahres 2016" gekürt. Nach "Flüchtlinge" 2015 machte "postfaktisch" in diesem Jahr das Rennen. Hier die Begründung der Jury.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hält seit 1977 Ausschau nach Wörtern und Wendungen, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich besonders bestimmt haben.
Für die Auswahl zum "Wort des Jahres 2016" ist der GfdS zufolge nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks entscheidend, sondern vielmehr seine Signifikanz, Popularität und sprachliche Qualität.
Begriff "postfaktisch" setzt sich durch
Dies gilt auch für das "Wort des Jahres 2016": postfaktisch.
Die zur Wahl stehenden Wörter träfen den "sprachlichen Nerv des sich dem Ende neigenden Jahres und stellt auf ihre Weise einen Beitrag zur Zeitgeschichte dar", hatte die GfdS erklärt.
Sie richte damit ihr Augenmerk "auf einen tiefgreifenden politischen Wandel", heißt es.
Begründung der Gesellschaft für deutsche Sprache:
"Das Kunstwort postfaktisch, eine Lehnübertragung des amerikanisch-englischen post truth, verweist darauf, dass es in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen heute zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht. Immer größere Bevölkerungsschichten sind in ihrem Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen bereitwillig zu akzeptieren. Nicht der Anspruch auf Wahrheit, sondern das Aussprechen der "gefühlten Wahrheit" führt im "postfaktischen Zeitalter" zum Erfolg."
Für das Jahr 2016 war die Auswahl aus rund 1.300 Fundstellen in Medien und 700 externen Vorschlägen getroffen worden.
Die weiteren Begriffe hinter "postfaktisch":
- Platz 2: Brexit
- Platz 3: Silvesternacht
- Platz 4: Schmähkritik
- Platz 5: Trump-Effekt
- Platz 6: Social Bots
- Platz 7: schlechtes Blut
- Platz 8: Gruselclown
- Platz 9: Burkiniverbot
- Platz 10: Oh, wie schön ist Panama
Kleine Anekdote am Rande: Bei unseren österreichischen Nachbarn wurde heute ebenfalls das "Wort des Jahres 2016" gewählt. Es ist, nun ja, etwas komplexer als in Deutschland: Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung. Alles klar?
"Wort des Jahres" vor "postfaktisch"
- 2015: Flüchtlinge
- 2014: Lichtgrenze
- 2013: GroKo
- 2012: Rettungsroutine
- 2011: Stresstest
- 2010: Wutbürger
- 2009: Abwrackprämie
- 2008: Finanzkrise
- 2007: Klimakatastrophe
- 2006: Fanmeile
- 2005: Bundeskanzlerin
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