Zum wiederholten Mal hat Deutschland beim Eurovision Song Contest den letzten Platz belegt. Unsere Redaktion hat mit ESC-Legende Ralph Siegel über die Gründe für das enttäuschende Abschneiden der Heavy-Metal-Band Lord of the Lost gesprochen. Zudem haben wir bei Ikke Hüftgold nachgefragt, ob es mit ihm in Liverpool besser gelaufen wäre.
In den vergangenen acht Jahren landeten vier deutsche ESC-Beiträge auf dem letzten und drei auf dem vorletzten Platz. Lediglich
Wenige Tage nach dem abermals enttäuschenden Abschneiden beim größten Musikwettbewerb Europas rätselt ganz Deutschland immer noch, woran es gelegen haben könnte. War der deutsche Beitrag "Blood & Glitter" wirklich zu schlecht, fehlt uns der Glamour-Faktor oder sind wir international schlicht und einfach zu unbeliebt? Oder wurden wir, um es mit den Worten von Thomas Gottschalk auszudrücken, nur "vom Rest Europas verarscht"?
"Ganz Europa bedienen": Siegel wünscht sich erfahrenere Entscheidungsträger
Unsere Redaktion hat ESC-Legende
Genau diese Expertise ist es, die Siegel bei den Entscheidungsträgern hierzulande vermisst. "Es sind heute viele Leute dabei, die einfach keine Ahnung haben, was die Basis ist. Man muss eine gewisse Erfahrung mitbringen, um ganz Europa bedienen zu können. Als Komponist musst du über dein Genre, deine Nische hinausblicken – und Nord, Süd, Ost und West begeistern", analysiert Siegel.
Ralph Siegel: "Wirkte leider wie ein Abklatsch"
Siegel sucht die Schuld aber ausdrücklich nicht bei der Hamburger Band: "Es ist ein Fehler, etwas zu probieren, das in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich stattgefunden hat. Im Fall der – für mich weiterhin guten – Band Lord of the Lost war das zu offensichtlich."
Damit spielt der Erfolgskomponist auf den finnischen Beitrag der Gruppe Lordi an, die 2006 mit dem Heavy-Metal-Track "Hard Rock Hallelujah" den Titel davontragen konnte. Siegel deutlich: "Alleine schon der erste Teil des Bandnamens 'Lord' deutete von Beginn an darauf hin, dass es in Richtung Lordi gehen würde. Deren Titel war damals aber ein super Erfolg. Im Vergleich dazu wirkte der Lord-of-the-Lost-Song leider wie ein Abklatsch."
"Blood & Glitter": Eine Botschaft zum falschen Zeitpunkt?
Siegel lobt Frontmann
Ikke Hüftgold wünscht sich mehr Humor beim ESC
Beim Vorentscheid im vergangenen März verpasste mit
Auf die Frage, ob er besser abgeschnitten hätte als seine Mitstreiter Lord of the Lost, entgegnet er: "Ikke Hüftgold könnte jetzt natürlich leicht sagen: Mit ihm wäre das nicht passiert. Aber der ESC ist einfach eine große Wundertüte. Ich glaube, dass wir weiter vorne landen würden, wenn wir mal mehr Humor zeigen würden. Finnland hat genau diesen humorvollen Beitrag präsentiert und wurde dafür vom Publikum mit den meisten Punkten belohnt (der Rapper Käärijä wurde mit seinem Song "Cha Cha Cha" Zweiter hinter
Siegel sieht Schuld nicht alleine beim NDR
Hüftgold kündigt an, aus diesem Grund "das Unterfangen ESC" nicht aufgeben zu wollen. "Ich greife nächstes Jahr wieder an – hoffentlich ohne den NDR", sagt der 46-Jährige und bezeichnet das "ganze Verhalten des NDR als eine Farce". Zuvor hatte der Partyschlagersänger Manipulationsvorwürfe geäußert.
In Sachen Kritik an dem öffentlich-rechtlichen Sender hält sich Siegel auf Nachfrage unserer Redaktion indes zurück: "Ich glaube nicht, dass es grundsätzlich am NDR liegt. Es ist eher an den jungen Leuten festzumachen, die ihr Bestes geben wollen, aber eben nicht über die nötige Erfahrung verfügen."
Das denkt Siegel über die Rufe nach einem Stefan-Raab-Comeback
Wie nach jedem enttäuschenden Abschneiden des deutschen Beitrags ließen auch dieses Jahr die Rufe nach einem Comeback von
"Überall ist zu lesen, dass Stefan Raab Platz eins gemacht hat. Nein, er hat Platz eins gemanagt. Er war der Moderator einer Sendung – und nichts anderes. Ich habe hingegen selbst komponiert und produziert. Ich würde es auch gerne wieder machen." Der erfolgreiche Komponist und Produzent betont, dass er auch nicht immer wisse, wie es ginge. "Aber eines weiß ich sicher – und zwar, wie es nicht geht", führt Siegel aus.
Hüftgold zur Fahnen-Diskussion
An einem möglicherweise schlechten Ruf Deutschlands möchte er den letzten Platz von Lord of the Lost nicht festmachen. "Es hat nichts damit zu tun, dass die Menschen in Europa Deutschland nicht mögen. Sie mögen nicht, was Deutschland in den vergangenen Jahren beim ESC abgeliefert hat", lautet sein Urteil. Mit Blick auf die Fahnen-Diskussion hätte dem deutschen Beitrag vielleicht sogar etwas mehr Patriotismus auf der Bühne gutgetan.
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Zumindest mussten Lord of the Lost im Anschluss an ihren Auftritt mitunter Kritik dafür einstecken, dass sie anstatt mit einer schwarz-rot-goldenen Fahne mit einer Regenbogenfahne eingelaufen waren. Auch Ikke Hüftgold findet es "schade, dass sie nicht zu ihrem Land stehen".
Der Sänger geht sogar noch einen Schritt weiter: "Vielleicht war es ein Mitleidsaufruf von den Jungs, um über ein politisches Statement Punkte zu bekommen." Musikalisch gesehen macht er der Band allerdings keinen Vorwurf, bezeichnet sie sogar als "tolle Musiker". Hüftgold selbst hat angekündigt, 2024 einen neuen Versuch starten zu wollen.
ESC-Legende verbreitet nach wie vor "Ein bisschen Frieden"
Während der ESC für Ikke Hüftgold Neuland wäre, gilt Ralph Siegel seit Jahrzehnten als Erfolgsgarant auf diesem Gebiet. Dieses Jahr habe er vier Titel eingereicht, doch alle seien abgelehnt worden. "Was soll man dazu sagen?", wundert sich der ESC-Gigant.
Doch anstatt Trübsal zu blasen, konzentriert sich der 77-Jährige auf seine aktuelle Herzensangelegenheit – und die heißt Musical. Dass in "Ein bisschen Frieden – Summer of Love" natürlich der Grand Prix mitschwingt, liegt auf der Hand.
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"Es sind sehr viele Lieder aus meiner kreativen Zeit zu hören, darunter vielleicht auch meine schönsten unbekannten Titel", erklärt Siegel und schließt mit einem Statement ab, das die Herzen eines jeden Musikliebhabers erobern dürfte: "Ich müsste 100 werden, um die Gelder, die ich in den letzten drei Jahren in Musicals investiert habe, wieder einzuspielen. Mir geht es darum, den Menschen eine Freude zu bereiten." Ein Grundgedanke, der vermutlich auch dem Eurovision Song Contest den Weg in eine erfolgreichere Zukunft ebnen könnte.
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