Das Jahr war wieder einmal voll, auch und gerade für die Kaulitz-Brüder. Die Details erzählen sie uns jeden Mittwoch in ihrem Podcast "Kaulitz Hills". Doch können wir uns wirklich dessen sicher sein, was sie da erzählen? Oder besser gesagt: wann? Denn in der neuesten Folge stellen die Zwillinge mit nur einem einzigen Satz alles bisher Bekannte auf den Kopf: ihre Termine, Bahn-Reisen – ja, sogar die Existenz von Zwillingen.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Da sind wir endlich", begrüßt Bill am Mittwochmorgen seine Zuhörer, verwirrt sie aber mit dem "endlich" auch ein wenig. Denn ein "endlich" bezieht sich immer auf das, was vor dem Moment, in dem man "endlich" sagt, vorgefallen ist. Für die Zuhörer ist dieser Moment aber nicht endlich der Mittwochmorgen, sondern nur der Mittwochmorgen. Daher spielt ein "endlich" vor Sätzen für das, was kommen wird, keine Rolle, denn man ist ja nun da, egal ob endlich oder nicht. Das mag etwas kniefieslig erscheinen, ergibt aber einen Sinn, wenn man sich die Erklärung anhört, warum die Kaulitz-Brüder nicht einfach nur da, sondern endlich da sind.

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Denn ein "endlich" sagt man nur, um dem anderen mitzuteilen, dass es vorher knapp, aufregend, langatmig oder sonst etwas gewesen ist, und so macht es auch Tom: "Gott, hatten wir Umstände, um diese Folge heute aufzunehmen", spoilert Tom, und Bill erklärt diese Umstände: "Wir sind so lang, also 24 Stunden, zurückgereist." Da es noch früh am Mittwoch ist, schießt mir bei so einem Satz wie einem Sechsjährigen der Morgenkakao aus den Nasenlöchern auf meinen frisch gewaschenen "Kaulitz Hills"-Schlafanzug aus dem Merchandise-Shop. Bill und Tom sind "24 Stunden zurückgereist"? Sind die beiden etwa … Zeitreisende?

Gibt es Zwillinge wirklich?

Wie ist das möglich? Und warum haben sie denn nichts gesagt? Oder hat Bill die Sache mit der Rückreise nur etwas unglücklich formuliert? Wenn es aber kein Missverständnis war und die beiden wirklich 24 Stunden zurückgereist sind, hätte Bill dieses Missverständnis aus der Welt räumen können, noch bevor er es ausspricht. Hat er aber offenbar nicht, was er ja auch nicht mehr hätte machen müssen, denn wäre er in der Zeit zurückgereist, gäbe es dieses Missverständnis ja gar nicht. Es ist also kompliziert und wir können daher nicht wirklich sagen, ob Bill und Tom nicht vielleicht tatsächlich in der Zeit zurückgereist sind. Vielleicht ist das ja der Grund, warum Zeitreisen bereits möglich sind, es aber niemand macht, weil es viel zu kompliziert zu erklären ist.

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Gehen wir also einmal kurz davon aus, dass Bill und Tom tatsächlich in der Zeit hin und her reisen können. Für mich würde das einiges erklären. Zum Beispiel das enorme Arbeitspensum und die daraus resultierende Medienpräsenz der beiden: Podcast, Konzerte, Netflix-Doku, TV-Shows, Gastauftritte in TV-Shows, Parfüm-Vorstellung, Fashion-Weeks, Reisen um die Welt – so etwas schafft man nicht, wenn man nur 52 Wochen im Jahr zur Verfügung hat. Dafür braucht man auch noch die Wochen aus der Vergangenheit und der Zukunft. Und vielleicht gibt es auch gar keine Zwillinge, sondern einfach nur Menschen, die so schnell in der Zeit hin und her reisen können, dass wir es mit bloßem Auge nicht erkennen.

Peinlicher Moment auf der Hotel-Suite-Toilette

Gegen diese These spricht aber die Geschichte, die Tom von der Brasilien-Reise der Brüder erzählt. Dort seien die Kaulitz-Twins in einem sehr schönen Hotel untergekommen, Tom in einer "ganz tollen Suite mit Doppelzimmer und Schwingtür in das offene Bad." "Und dann ist ja alles aus Glas", erklärt Tom das Interieur, das sich zwar als modern, aber deshalb auch als sehr barrierearm erweisen sollte. Denn Tom habe offenbar nachgefragt, wie man das "Don't disturb"-Zeichen draußen anmacht und sei dann auf die Toilette in ebenjenem offenen Bad verschwunden.

Erweitert man diese Geschichte von der Hotel-Suite, dem gläsernen Bad, Toms Nachfrage und seiner Sitzung auf der Keramik nun um eine Hotelmitarbeiterin, die zur Klärung von Toms Frage in das offene Zimmer geht, ohne dass Tom es, immer noch auf dem WC sitzend, merkt, ergibt das einen beidseitigen Moment der Überraschung, der Scham und der Entschuldigungen. Könnte Tom also tatsächlich in der Zeit zurückreisen, hätte er vielleicht eine der vielfältigen Möglichkeiten ausgesucht, die es nicht zu diesem erwähnten Moment hätten kommen lassen.

Reisen versus Zeitreisen

Zwar wäre der Podcast dann um diese Geschichte ärmer gewesen, aber Toms Misere zeigt, dass Zeitreisen doch einige Probleme lösen können, vor allem, wenn man Reisen durch die Zeit mit Reisen durch den Raum vergleicht. Nehmen wir einmal eine Reise mit dem Zug und die vielen Unannehmlichkeiten, die damit verbunden sind: der Sitznachbar, der nebenan sein wirklich penetrant riechendes Leberwurstbrot auspackt, die Tür der Bord-Toilette, die sich einfach nicht verschließen lässt, oder Gruppen von angetrunkenen Fußball-Fans, die in der Zurschaustellung ihres Menschseins nur von angetrunkenen Teilnehmern eines Junggesellen-Abschieds übertroffen werden.

Zeitreisen umgehen also viele Ärgernisse normaler Reisen, in einem Punkt sind sie jedoch problematischer: Jetlag. So ein Jetlag dürfte bei einer Zeitreise immens ausfallen. Es ist ja schon bei einer normalen Reise anstrengend, wenn man sich an die neue Ortszeit gewöhnen muss, und da reden wir von ein paar Stunden. Wie muss es erst sein, wenn man ein paar Jahre zurückreist? Wobei: So eine Zeitreise dauert ja trotzdem nicht lange. Zumindest stelle ich mir das so vor. Es ergäbe ja keinen Sinn, würde eine Zeitreise zum nächsten Tag 48 Stunden dauern. Da wäre nicht viel gewonnen.

Die Wahrheit hinter Bahnreisen

Auf der anderen Seite: Wenn ich mit der Bahn von, sagen wir einmal, Oerlinghausen nach Dresden fahren möchte, soll diese Fahrt eigentlich knapp fünf Stunden dauern. Wir wissen allerdings alle, dass das nicht der Fall sein wird, weil entweder gerade die Züge zwischen Bielefeld und Altenbeken ausfallen oder es zwischen Berlin Hauptbahnhof und Stendal wegen einer durch einen Schienenbruch verursachten Eingleisigkeit der Strecke zu Verspätungen kommen wird. Daher liegt anhand der vielen Verspätungen der Bahn die Frage nahe: Sind Bahnreisen in Wirklichkeit Zeitreisen? Und wenn ja: Gibt es vielleicht auch noch andere Anbieter? Ohne Fußballfans und defekte Klo-Türen?

Aber wir verlieren gerade die Verbindung zu unseren Lieblingszwillingen. Die beschäftigen sich derweil mit der Frage, wozu es Drehtüren gibt, ob die unbekannten Flugobjekte, die derzeit über den USA kreisen, Drohnen oder Ufos sind, und ob man im Falle von Ufos den Aliens Käsekuchen backen sollte. Dann erklärt Tom noch in nicht enden wollender Langweiligkeit die korrekte Anbringung einer Lichterkette und führt damit dann doch wieder zurück zum Thema Zeitreisen. Denn Toms Geschichte ermöglicht uns, einen kurzen Blick auf den Unterschied zwischen einer Zeitreise und einer Zeitschleife zu werfen.

Zeitreise oder Zeitschleife?

Kommt Ihnen nämlich jede Episode "Kaulitz Hills" gleich vor, könnte es sein, dass Sie in einer Zeitschleife gefangen sind. Wünschen Sie sich hingegen lediglich, dass die Folge endlich endet, wäre Ihnen mit einer Zeitreise geholfen. Ist die Folge "Kaulitz Hills" allerdings wie im Flug vergangen, sind Sie sehr wahrscheinlich einfach nur eingenickt. Ich wünschte, ich könnte Ihnen das alles genauer erklären, aber dazu hätte ich damals im Physikunterricht beim Thema Raum und Zeit besser aufpassen müssen.

Dann könnte ich jetzt zurückreisen, um mir das nochmal erklären zu lassen, was ich aber ja nicht müsste, weil ich erstens nicht in der Zeit reisen könnte – eben weil ich damals ja nicht aufgepasst habe – und es zweitens nicht mehr notwendig sein würde, wenn ich erst einmal in der Vergangenheit der Zukunft eine Zeitreise gemacht hätte. Beziehungsweise werde gemacht haben hätte. Oder so. Sich Zeitreisen mit Hilfe einer Zeitreise in die Vergangenheit erklären zu lassen, hat also seine Tücken.

Unter Berücksichtigung all dieser Gedanken können wir mit der jüngsten Ankündigung der Kaulitz-Zwillinge gar nicht mehr so recht umgehen. Zwar sagen sie, man würde sich nun aufgrund einer längeren Pause erst wieder im nächsten Jahr, am 15. Februar, hören, aber wissen wir das? Vielleicht haben das ja der Tom und der Bill aus der Vergangenheit gesagt? Oder aus der Zukunft? Welches Jahr haben wir gerade? Und ist dieses Jahr Start oder Ziel einer Zeitreise? Und warum riecht es hier nach Zug-Toilette? Werden wir klären. In der Zukunft.

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