- Das Aufdecken von Missständen in unterschiedlichsten Branchen ist sein Metier.
- Günter Wallraff hat sich mit seinen Enthüllungs-Reportagen zum bekanntesten Investigativjournalisten Deutschlands hochgearbeitet.
- Zu seinem 80. Geburtstag gibt es hier fünf seiner brisantesten Fälle.
Von erschreckenden Zuständen in Pflegeheimen bis zu den Missständen bei Amazon:
Datenaffäre bei der Deutschen Bahn
Im April 2009 hat Günter Wallraff in der "Zeit" einen Datenskandal bei der Deutschen Bahn aufgedeckt. Der Journalist ist damals Hinweisen auf Manipulation von Mitarbeitercomputern nachgegangen - und fündig geworden. Es sollen unter anderem elektronische Dokumente gefälscht, E-Mails gelöscht und rechtsradikale und pornografische Dateien auf die PCs gespielt worden sein, um so Entlassungsgründe zu schaffen.
Wallraff lagen damals laut eigener Aussage entsprechende eidesstattliche Versicherungen vor. Die Deutsche Bahn wies die Vorwürfe der Beweismittelfälschung zurück. Der damalige Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn trat im Zuge des Skandals jedoch zurück. Sein Nachfolger Rüdiger Grube ging der Datenaffäre als eine seiner ersten Amtshandlungen nach.
Undercover bei Burger King
2014 hat sich Günter Wallraff mit seinem Team hinter die Kulissen von Burger King begeben. Die Reporterinnen und Reporter konnten in mehreren Filialen unzumutbare Hygiene- und Arbeitsbedingungen und gravierende Verstöße gegen die Richtlinien und die Lebensmittelverordnung aufdecken.
Um die Kosten zu minimieren, fehlte es dort nicht nur an den einfachsten Küchengeräten wie Dosenöffnern und Geschirrspülern. Auch eine Reinigungsfirma sei angeblich zu teuer gewesen. So mussten manche Mitarbeiter sich selbst um die Reinigung der Toiletten kümmern und mit ein und derselben Kleidung den Küchendienst absolvieren. Die Reportage erreichte große Aufmerksamkeit in den Medien.
So geht es in deutschen Jobcentern zu
Überlastete Mitarbeiter, schlechte Beratungen, personelle Engpässe: 2015 hat der Enthüllungsjournalist Missstände in den deutschen Jobcentern aufgedeckt. Eine weitere RTL-Reportage zeigte, dass es in den Arbeitsagenturen alles andere als rund läuft. Aufgrund von zu wenig Personal und fragwürdigen Strukturen mangelte es dort an effizienter Arbeitsvermittlung, lautete der Vorwurf des Wallraff-Teams.
Das hatte zur Folge, dass auch die Beratungen für Arbeitssuchende kaum Mehrwert hatte. Akten von Langzeitarbeitslosen sind im Schrank versauert. Der Stress in einigen Abteilungen war zudem so groß, dass einige Briefe ungeöffnet entsorgt worden sind.
Wallraffs Fazit zur Reportage: "Was wir bei unseren Recherchen aufgedeckt haben, sind keineswegs Einzelfälle. [...] Die Politik ist jetzt gefordert und ich bin überzeugt, dass wir mit unseren Rechercheergebnissen eine klare Diskussionsgrundlage geschaffen haben."
Missstände bei Amazon
Im September 2021 kamen durch eine weitere Reportage durch das "Team Wallraff" Missstände beim Onlinehändler Amazon ans Licht. Die Reporterinnen und Reporte haben sich bei dem Versandriesen die Arbeitsbedingungen genauer angesehen. Der Tenor der Sendung: Bei Amazon herrscht ein System der Ausbeutung, Angstkultur und Überwachung.
So hat ein Reporter undercover etwa festgestellt, dass die Angestellten dort permanent überwacht werden, angefangen von den Arbeits- und Pausenzeiten bis hin zu Leistung. Ruhepausen waren strikt untersagt, für Toilettenpausen brauchte es eine Erlaubnis.
Eine Reaktion von Amazon ließ nicht lange auf sich warten: Die Sendung habe offenbar "nicht die Erfahrungen Tausender Mitarbeitenden von Amazon" widergespiegelt. Dennoch wolle man den Vorwürfen nachgehen und die Kritikpunkte untersuchen, hieß es vonseiten Amazons.
Zustände in privaten Pflegeheimen
Anfang 2022 ist bei RTL eine Investigativ-Reportage über privatwirtschaftlich geführte Pflegeheime ausgestrahlt worden. Das "Team Wallraff" hat die Zustände genauer unter die Lupe genommen und erschreckende Entdeckungen gemacht. Wie dem Titel "Abgeschoben und vergessen: Das würdelose Geschäft mit alten Menschen in unseren Pflegeheimen" bereits zu entnehmen ist, haben die Reporterinnen und Reporter festgestellt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen, die von Private-Equity-Unternehmen geführt werden, teilweise vollends vernachlässigt wurden und teilweise vereinsamten. Oft mangelte es auch an Hygiene, zudem schien das Pflegepersonal überlastet zu sein.
Das Konzept von Private-Equity-Unternehmen: Sie nehmen Kredite auf, übernehmen Pflegeheime, betreiben diese gewinnbringend und verkaufen sie nach einigen Jahren wieder. Damit das möglich ist, wird an allen Ecken und Enden im Heim gespart. Wallraff war nach seinen Recherchen schockiert und kritisierte den privatwirtschaftlichen Hintergedanken im Bereich der Pflege. © 1&1 Mail & Media/spot on news
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