Wann hatten Sie das letzte Mal eine Idee, von der Sie dachten: Das wird die Welt verändern? Schon ein paar Mal? Aber ist nichts draus geworden? Die Kaulitz-Brüder präsentieren in der neuesten Ausgabe ihres Podcasts ebenfalls eine Idee: ein Cocktail-Buch. Mäßig originell? Da mögen Sie Recht haben. Aber die wirklich coolen Ideen hatten eben immer schon die anderen. Von einer Erfindung ist Tom aber besonders begeistert.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Kaulitz-Brüder sind in Aufruhr. Gut, Aufruhr ist vielleicht übertrieben, aber sie machen sich Gedanken, und das passiert nicht zum ersten Mal. Bereits in der vorletzten Ausgabe ihres Podcasts "Kaulitz Hills" hat sich Tom gefragt, ob sich denn eigentlich ihre Zuhörer zu Hause ebenfalls die Lampen anzünden, wenn die beiden Brüder in jede Folge mit einem Cocktail starten. In der neuesten Folge wirft Bill diese Frage erneut auf, und Tom erzählt, dass er trotz mehrerer Nachfragen bisher keine Antwort von den Zuhörern bekommen habe, ob die denn seine Drinks zu Hause nachmixen.

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Da möchte ich Herrn Kaulitz natürlich nicht weiter im Unklaren lassen: nein. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, und ich muss den Podcast ja auch beruflich anhören, aber ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder die andere Zuhörerin Bill und Tom lieber angetrunken zuhört. Bill stellt die Frage jedenfalls nicht ohne Grund: "Weil Tom und ich, wir wollen gerne ein Cocktail-Buch machen." Ist notiert, kümmern wir uns später drum, jetzt widmen wir uns erstmal einem anderen Thema. Denn Tom hat nicht nur eine Leidenschaft fürs Podcasten unter Alkoholeinfluss, sondern auch für: Erfindungen.

"Das ist das gleiche Prinzip, du Idiot!"

Tom sei nämlich zum Kühlschrank gegangen, und da sei ihm aufgefallen, "was doch der Kühlschrank für eine wunderschöne Erfindung ist". "Ist das nicht eine tolle Erfindung?", fragt Tom seinen Bruder rückversichernd, doch der kann seine Begeisterung nicht teilen: "Ich finde das keine große Erfindung." Stattdessen hat der Sänger einen anderen Favoriten unter den Erfindungen dieser Welt: "Weißt du, was ich toll finde: eine Kühlkammer", will sich Bill in das Gespräch einbringen, doch Tom würgt ihn rüde ab: "Das ist das gleiche Prinzip, du Idiot!"

Ist es gewissermaßen, aber Tom geht es ohnehin um Grundsätzliches: "Ich meine die Idee! Das muss ja lange her sein, dass irgendwann mal jemand gesagt hat: Weißt du, was ‘ne gute Idee ist, wie wir unsere Lebensmittel länger aufbewahren können? Wir kühlen die! Und dann nennt der das auch noch praktischerweise 'den Kühlschrank'! Ich meine, das ist ja perfekt!"

Ich persönlich finde den Namen "Kühlschrank" für einen Schrank, in dem Sachen gekühlt werden, jetzt nur verhalten innovativ, aber ich kann Toms grundsätzliche Begeisterung fürs Erfinden teilen.

Gleichzeitig stellt sich Tom die Erfindung des Kühlschranks vielleicht ein bisschen zu simpel vor. Es war ja nicht so, dass sich die Menschen ihre Lebensmittel zur Lagerung in den Lendenschurz gesteckt haben, bis jemand dachte: "Hm, so richtig lange halten sie darin nicht und außerdem ist da immer so ein komischer Geschmack bei – das muss doch besser gehen!" Und schwupps, hat einer am nächsten Tag den Kühlschrank erfunden. Mit Gemüsefach, Eier-Halter, Eiswürfelspender und Abtauautomatik.

Ich denke, so eine Erfindung wie den Kühlschrank gab es nicht mit einem Schlag, sondern sie baute auf Vor-Erfindungen auf. Wahrscheinlich gab es also zuerst nur das Kühlschranklicht, ehe man den Rest dazu erfunden hat. Einfach, weil es sonst blöd aussah.

Füße – Schuhe – FDP

Tom ist trotzdem immer noch begeistert: "Du musst ja erstmal darauf kommen!", würdigt er euphorisch, aber vielleicht ein bisschen unkritisch die Erfindung des Kühlschranks. Denn eigentlich müsste er sagen: "Du musst ja erstmal darauf kommen müssen!"

Vor jeder Erfindung steht nämlich immer eine Not. Der Mensch ist ja von Haus aus ein bequemes Wesen, und so hatte er irgendwann wohl keine Lust mehr darauf, von der Hand in den Mund zu leben. Gerade Ein-Personen-Haushalte wollten offenbar nicht immer eine Kirsch-Sahne-Torte komplett aufessen müssen, weil sie keine Möglichkeit zur Kühlung hatten. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Erfinder des Kühlschranks Single mit Salmonellen-Erfahrung war.

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Je weiter sich die Menschheit entwickelt hat, desto mehr Probleme hatte sie, und desto mehr dieser Probleme hat sie durch neue Erfindungen gelöst – mit jeder neuen Erfindung aber gleichzeitig wieder neue Probleme geschaffen. Gehen wir so eine Erfindungen-Kette einmal exemplarisch durch: Füße – Schuhe – Wege – Loch im Schuh – Schuhreparatur – Schuster-Gewerkschaft – FDPPro-Auto-Programm der FDP. Paradoxerweise sollen wir also mehr Autos in den Innenstädten bekommen, weil die Menschen früher mehr zu Fuß gehen wollten. Man sollte also beim Erfinden einer Erfindung immer auch ein bisschen überlegen, was daraus werden kann.

Nehmen wir zum Beispiel mal den Cocktail. Ich vermute, dass zuerst der Cocktail erfunden wurde und dann erst das Cocktailglas. Ich glaube nicht, dass jemand zuerst das Cocktailglas erfunden und sich dann überlegt hat, was man denn aus einem Cocktailglas trinken sollte. Klar, er oder sie könnte zuerst Fanta Mango, Kondensmilch oder Hustensaft ausprobiert haben und dann irgendwann auf Cocktails gekommen sein, aber andersherum erscheint es mir logischer. Und so trinkt am Ende des Tages James Bond eben einen Wodka-Martini und keine Kondensmilch. Sieht cooler aus, also sehr vorausschauend erfunden. Aber kommen wir noch einmal zurück zum Kühlschrank.

Das Patent-Rezept für Reichtum

"Das ist eine Erfindung, die jeder Mensch auf der ganzen Welt benutzt", ist Tom immer noch begeistert, doch Bill relativiert diese Begeisterung ein wenig: "Aber gibt's viele: die Toilette, den Wasserhahn, den Stuhl." "Auch toll", findet Tom, wollte aber auf etwas anderes hinaus, nämlich auf die Monetarisierung der Erfindungen: "Mit Patenten machen Leute richtig viel Kohle", behauptet Tom. Da bin ich mir allerdings nicht so sicher. Ich kann es nicht mit Gewissheit sagen, aber ich glaube, der Erfinder der Arbeit zum Beispiel ist arm gestorben. Der Erfinder der Bank hingegen ist wohl ziemlich reich geworden.

Auf der anderen Seite hätte man von solchen superreichen Erfinderdynastien bestimmt schon mal gehört. Es gibt ja Erfindungen, an denen kommst du gar nicht mehr vorbei. Da müssen die Erfinder und ihre Erben inzwischen steinreich sein: die Uhr, das Haus, das Brot und gerade in Deutschland: die Zimmerlautstärke. Ich kann mir zum Beispiel auch vorstellen, dass der Erfinder des Rasierapparates unfassbar reich sein muss, so oft, wie sich rasiert wird. Reicher dürfte nur der Erfinder des Bartwuchses sein. Auch Tom ist sich nicht sicher, ob etwa der Erfinder des Kühlschranks immer noch an einem Verkauf beteiligt wird, wenn irgendwo auf der Welt ein Kühlschrank über die Ladentheke geht.

Bill weiß es auch nicht, fragt aber: "Gibt es nicht so ein Patentregister, wo man mal gucken kann?" Ich bin mir ziemlich sicher, dass es so ein Register gibt, denn ohne würde ein Patent gar keinen Sinn ergeben. Gleichzeitig wäre es dann natürlich clever, nicht den Kühlschrank erfunden zu haben, sondern das Patent – bei den vielen Erfindungen, die es inzwischen gibt. Ich frage mich aber, ob der Erfinder des Patents ein Patent auf seine Erfindung hat.

Schließlich wurde das Patent mit Sicherheit vor dem Patentamt und dessen Register erfunden. Wo also registriert man eine Erfindung, wenn das Registrieren einer Erfindung erst noch erfunden werden muss? Ich glaube, dass der Erfinder des Patents ziemlich schnell auf die Erfindung des Patentamtes gekommen ist. Alles andere wäre fahrlässig.

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