Der Prozess gegen Alec Baldwin wegen fahrlässiger Tötung läuft. Seine Anwälte verlangen erneut die Einstellung des Verfahrens. Die Richterin schickt die Jury überraschend vorzeitig nach Hause.

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Überraschende Wendung im laufenden Prozess gegen Hollywood-Star Alec Baldwin wegen fahrlässiger Tötung einer Kamerafrau: Richterin Mary Marlowe Sommer hat die Verhandlung im US-Bundesstaat New Mexico am Freitag bereits kurz nach dem Start des Prozesstages unterbrochen und die Geschworenen nach Hause geschickt. Sie sollten sich erst wieder am Montag zu weiteren Zeugenaussagen einfinden.

Zuvor waren neue Beweismittel aufgetaucht, die der Verteidigung offenbar vorenthalten worden waren. Der Prozess könnte aufgrund dieses Fehlverhaltens eingestellt werden. Ursprünglich sollte der Prozess am Freitag kommender Woche abgeschlossen werden, danach sollten die Beratungen der Geschworenen beginnen.

Wichtiges Beweismittel Baldwins Anwälten unbekannt

Am dritten Prozesstag legte Baldwins Anwalt Alex Spiro allerdings Beweise dafür vor, dass der Polizei scharfe Munition im Zusammenhang mit dem tödlichen Schuss übergeben worden war, deren Existenz den Anwälten Baldwins aber nicht mitgeteilt worden sei. Baldwins Anwälte machen nun geltend, dass die Staatsanwaltschaft wichtige Beweismittel in dem Fall vorenthalten habe. Sie könnten nach Angaben der Verteidiger ein Licht auf die Herkunft der scharfen Munition am Set des Westerns werfen. Diese Frage ist bisher nicht eindeutig geklärt worden.

Die Richterin begutachtete die Kugeln am Freitag eigenhändig im Gerichtssaal. Sie will nun bis Montag den Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens prüfen. In einer technischen Anhörung sollen in Abwesenheit der Geschworenen weitere Zeugen zu Wort kommen. So sollen unter anderem der Waffenlieferant für den Film, Seth Kenney, und eine Ermittlerin befragt werden. Anschließend wird ihre Entscheidung erwartet, ob der Fall weitergeführt wird.

Prozess wegen tödlichem Schuss auf Kamerafrau

Baldwin ist wegen fahrlässiger Tötung während der Dreharbeiten zu seinem Western "Rust" im Jahr 2021 angeklagt. Dem 66-jährigen Schauspieler droht eine Haftstrafe von bis zu 18 Monaten. Zu einer Haftstrafe in dieser Höhe war im April bereits die Waffenmeisterin am Filmset, Hannah Gutierrez-Reed, verurteilt worden.

Bei dem Dreh im Oktober 2021 war die 42-jährige Kamerafrau Halyna Hutchins durch eine Kugel aus einem von Baldwin gehaltenen Revolver tödlich getroffen worden. Durch dieselbe Kugel wurde der Regisseur Joel Souza verletzt.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Baldwin, er habe grundlegende Waffensicherheitsgesetze missachtet und sich am Set rücksichtslos gegenüber den Kollegen verhalten. Der 66-jährige Schauspieler betont seine Unschuld und beteuert, den Abzug der Waffe nicht betätigt zu haben.

Verteidigung argumentiert mit Fehlern der Polizei

Baldwins Anwalt Alex Spiro argumentiert, dass der Schauspieler keine Verantwortung für die Überprüfung des tödlichen Inhalts der Waffe hatte. Selbst wenn er den Abzug versehentlich betätigt hätte, würde dies aus seiner Sicht keine Verurteilung rechtfertigen.

Die Verteidigung stützt sich darüber hinaus auch stark auf die Diskreditierung der polizeilichen Ermittlungen - und könnte damit nun Erfolg haben. Dem Anwalt zufolge hat die Polizei nicht gründlich genug ermittelt und beispielsweise nie herausgefunden, wie scharfe Munition, die bei Dreharbeiten verboten ist, auf das Set des Western "Rust" gelangen konnte. Anstatt nach der "Quelle der tödlichen Kugel" zu forschen, hätten sich die Ermittler "auf Herrn Baldwin konzentriert", kritisierte Spiro.

Wie nun bekannt wurde, erhielt der Sheriff von Santa Fe Anfang des Jahres, zweieinhalb Jahre nach der Tat, einen Satz Kugeln von einem ehemaligen Polizisten. Darunter soll sich auch die tödliche Kugel befunden haben. Die Kugeln wurden jedoch nie an die Verteidigung weitergeleitet, die sie daher auch nicht untersuchen lassen konnte.

Die Anwälte werfen der Polizei nun vor, Beweise zur Erklärung des tödlichen Schusses "verborgen" zu haben, indem sie diese nicht in der "Rust"-Untersuchungsakte abgelegt und damit der Verteidigung die Möglichkeit genommen hätten, sie zu sehen.

Herkunft der scharfen Munition unklar

Die Kriminaltechnikerin Marissa Poppell sagte auf Spiros Befragung hin, sie habe die Kugeln zwar katalogisiert, sei aber angewiesen worden, sie nicht unter dem Fall "Rust" abzulegen. Laut Poppell stimmten die Kugeln nicht mit der scharfen Munition überein, die Hutchins tötete.

Neben der Kugel, die Hutchins tötete, wurde laut der Polizeiexpertin weitere scharfe Munition im Requisitenwagen sowie in den Patronengürteln Baldwins und eines weiteren Schauspielers gefunden. Ihrer Meinung nach deutet vieles darauf hin, dass die Munition durch die Waffenmeisterin des Films Gutierrez-Reed dorthin gelangt war. Dies wurde jedoch nie eindeutig nachgewiesen.

Die Staatsanwältin Kari Morrissey sagte dem Gericht, sie habe die Kugeln vor dieser Woche weder gesehen noch von ihrem Vorhandensein gehört. Eine plausible Erklärung dafür hatte sie nicht. Stattdessen argumentierte sie, dass die Kugeln für Baldwins Fall nicht relevant seien, da es bei dem Prozess um das Verhalten des Schauspielers am Set beim Umgang mit Waffen gehe. (afp/dpa/ng)

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