Obwohl Uschi Glas ("Zur Sache, Schätzchen") seit den 60ern zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Deutschlands zählt, sind ihr Star-Allüren "komplett fremd". Diese Bodenständigkeit gibt die 79-Jährige auch an ihre jungen Kolleginnen und Kollegen weiter, wie sie im Interview mit unserer Redaktion erzählt.
Zuletzt stand
Frau Glas, wie gut fühlen Sie sich aufgehoben in dieser romantischen, aber auch von Schicksalsschlägen geprägten Welt der "Inga Lindström"?
Uschi Glas: Mich hat das Buch dieses Films interessiert – und die Rolle der Anna, die sich aus Liebe von ihrem Mann trennen will, weil sie ihre beginnende Demenz erkennt. Sie möchte ihrem Mann eines Tages nicht zur Last fallen. Diese Geschichte hat mich sehr berührt.
Das "Inga Lindström"-Jubiläum alleine hat also nicht ausgereicht, um Sie für diesen Film zu gewinnen?
Nein. Ich sage nichts zu, nur um ein paar weitere Drehtage zu bekommen. Wenn ich absage, dann hat das nicht unbedingt etwas mit der Qualität eines Films zu tun. Die Rolle muss einfach für mich und zu mir passen. Natürlich wurde ich vonseiten der Produktion gefragt, ob die 100. Folge nicht ein schöner Anlass wäre, mal dabei zu sein – da ich zuvor noch nie in einem "Inga Lindström"-Film mitgespielt hatte. In diesem Fall hat es also gepasst.
Uschi Glas hat keine Angst vor Demenz-Untersuchungen
Spüren Sie mit zunehmendem Alter auch die Angst vor Demenz oder anderen Krankheiten?
Sicherlich macht man sich über Demenz und Alzheimer Gedanken. Doch Angst ist kein guter Berater. Ich lasse mich regelmäßig untersuchen – aber nicht mit einem Angstgefühl im Bauch, sondern als Eigenverantwortung, auch meiner Familie gegenüber. Ich bin davon überzeugt, dass negative Gedanken krank machen. Daher sind sie mir vollkommen fremd.
Fällt es leichter, positive Gedanken zu haben, wenn man beruflich erfolgreich und anerkannt ist, viel reisen und andere Menschen um sich herum haben darf?
Ja, natürlich weiß ich, dass ich in dieser Hinsicht privilegiert bin. Alleine schon, dass ich gesund sein, mich bewegen und Spaß am Leben haben darf, sind Privilegien. Hinzu kommen meine Kinder und meine drei Enkelkinder, die ebenfalls gesund sind. Und natürlich spielt auch das berufliche Glück eine Rolle. Es ist doch ideal, dass mir nach wie vor Drehbücher geschickt werden und ich regelmäßig vor der Kamera stehen darf. Nichts zu tun, wäre für mich ein Albtraum.
Sie verspüren also nicht den Drang, sich zurückzulehnen und einfach nur den Lebensabend zu genießen?
Wenn man mir sagen würde, dass ich nicht mehr arbeiten oder für meinen Verein brotZeit e. V. tätig sein soll, hätte das für mich überhaupt nichts mit Genuss zu tun. Soll ich dann einfach nur dasitzen, Golf spielen oder spazieren gehen? Nein, ich möchte gerne Aufgaben wahrnehmen und mich gedanklich damit auseinandersetzen, wie man etwas bewirken oder besser machen kann. Ich möchte nach wie vor lernen können und neugierig bleiben.
Uschi Glas fühlt sich in Bayern am wohlsten
Wie unterscheiden sich eigentlich "Inga Lindström"-Filme von "Rosamunde Pilcher"-Filmen, in denen Sie in der Vergangenheit bereits mitgespielt haben?
Die einen spielen in Schweden und die anderen in Großbritannien (lacht).
Sind skandinavische Länder Reiseziele, die Sie persönlich reizen?
Ich muss gestehen, dass ich zum ersten Mal in Schweden war. Diese besondere Landschaft, zum Beispiel die Schäreninseln mit ihren Wäldern und verträumten Häusern dazwischen, üben schon einen besonderen Reiz aus. Es war wirklich schön, diese Vegetation zu erleben. Ich persönlich fühle mich in Bayern und Tirol aber weiterhin am wohlsten. Dort finde ich meine Landschaft vor, die ich kenne und nicht missen möchte. Berge faszinieren mich einfach, solange sie nicht zu nah sind.
Wie meinen Sie das?
Ich erinnere mich noch an einen Dreh im Vorarlberg vor vielen Jahren. Dort habe ich zum ersten Mal am eigenen Leib gespürt, was die Leute meinen, die sich von Bergen bedrängt fühlen. Sie waren so nah, dass wir kein Sonnenlicht gesehen haben. Da möchte ich nicht leben.
Schweden steht nicht nur für Inga Lindström, sondern vor allem für Astrid Lindgren. Sind Sie eher Team Pippi Langstrumpf oder Team Michel?
Schon eher Pippi Langstrumpf. Ich war bereits als Kind ähnlich rebellisch. Vor allem mein Vater hat sich an mir oft die Zähne ausgebissen, weil ich häufig Widerspruch eingelegt habe. Wenn er "Das geht nicht!" gesagt hat, habe ich geantwortet: "Doch, das geht schon!".
Getreu dem Pippi-Langstrumpf-Motto haben Sie sich die Welt in vielen Filmen der 60er und 70er so gemacht, wie Sie Ihnen gefällt - etwa in "Zur Sache, Schätzchen". Werden Sie am Set häufiger auf Ihre Klassiker oder dann doch auf "Fack ju Göhte" angesprochen?
Das ist mal so und mal so. Die jungen Kolleginnen und Kollegen interessieren sich vor allem dafür, wie ich etwas gemacht habe – und weniger dafür, was ich gemacht habe. Die Selbstfindung ist also ein großes Thema.
Uschi Glas: "Vor mir muss sich niemand fürchten"
Wie antworten Sie auf Fragen wie diese?
Ich gebe ihnen mit, dass ich immer bei mir geblieben bin. Natürlich bin ich bis heute mit Freude und Liebe Schauspielerin, aber meine Person, die Uschi, habe ich von Anfang an immer geschützt. Dazu gehört eben, dass ich grundsätzlich nur die Rollen annehme, die mir wirklich zu 100 Prozent gefallen. Ich lasse mich von niemandem überreden, wenn mir etwas nicht gefällt. Aus diesem Grund lautet mein wichtigster Rat an junge Schauspielerinnen und Schauspieler: Lasst euch gerne beraten, aber bleibt euch treu!
Man kann also jederzeit zu Ihnen kommen und Sie um Rat fragen?
Ich gehöre auf jeden Fall nicht zu denjenigen, die sich abschotten. Daher würde ich mich schon als zugänglichen Menschen bezeichnen.
Was können Sie wiederum von den jungen Leuten lernen und was bewundern Sie an den jungen Frauen von heute?
Mir gefallen das Selbstbewusstsein und die Unbeschwertheit, mit denen viele junge Leute heute durchs Leben gehen. Eine Hemmschwelle im Umgang mit jüngeren Menschen hatte ich noch nie, vielleicht auch deshalb nicht, weil unser Haus schon immer voller Kinder war. Vor mir muss sich im Übrigen auch niemand fürchten …
Uschi Glas: "Ich sitze auf keinem Thron"
Gibt es dennoch Menschen, die beinahe vor Ehrfurcht erstarren, wenn Sie der "Legende" Uschi Glas gegenübertreten?
Das kommt schon mal vor, aber mir gelingt es meistens, die Stimmung schnell wieder zu lockern. Wenn ich merke, dass jemand gehemmt ist, gehe ich auf ihn zu und sage: "Also ich bin die Uschi und wenn etwas ist, kannst du jederzeit zu mir kommen." Manchmal spüre ich eine gewisse Angst, aber dafür gibt es wirklich keinen Grund.
In der Zeit, als Sie zum Star wurden, gab es viele Diven …
Oh, ja. Mein erstes Theaterstück habe ich in Düsseldorf an der Seite von Johannes Heesters aufgeführt. Er war damals ganz entsetzt, weil er erfahren hatte, dass ich mich auf der Kö vor den Augen der Öffentlichkeit hatte blicken lassen. Johannes nahm mich dann beiseite und sagte zu mir: "Wenn du ein Star werden willst, dann darfst du dich von niemandem sehen lassen. Du musst unsichtbar sein." Er war der Ansicht, dass es schaden würde, wenn man sich als Schauspieler auf der Straße unter das Volk mischt. Wäre das wirklich so gewesen, hätte ich lieber darauf verzichtet, ein Star zu werden.
Ihnen kann man also jederzeit beim Einkaufen über den Weg laufen? Star-Allüren sind Ihnen fremd?
Komplett fremd. Die Leute haben oft eine falsche Vorstellung vom Leben einer Schauspielerin oder eines Schauspielers. Für mich war es immer selbstverständlich, einkaufen zu gehen oder zur Tankstelle zu fahren. Ich muss wie jeder andere auch meinen Kühlschrank füllen und das Auto auftanken. Ich sitze auf keinem Thron – und bin sehr froh darüber, dass ich das auch nie wollte. Denn als junger Mensch besteht durchaus die Gefahr, dass man die Bodenhaftung verliert.
Was haben Sie gedacht, als Sie kürzlich vor Ihrem alten "Bravo"-Starschnitt aus den 70ern standen? Dieser gehört zu den Stücken, die noch bis zum 1. Oktober in Rüsselsheim ausgestellt werden …
Mich hat viel mehr der Starschnitt von Brigitte Bardot aus dem Jahr 1959 begeistert. Zu Hause durfte ich nämlich keine "Bravo" lesen, weil es mir mein Vater verboten hatte. Zum Glück hatte ich aber eine gute Freundin, bei der ich immer hineinblättern durfte. Dieser legendäre Bardot-Starschnitt, auf dem ihre Wespentaille so schön zur Geltung kommt, hatte mich damals jedenfalls so beeindruckt, dass ich in ihre Fußstapfen treten und selbst Schauspielerin werden wollte.
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