Alle Frauen wollen den neuen "Bachelor" Sebastian Preuss? Von wegen. In der ersten Folge der zehnten Staffel beweisen die Kandidatinnen, dass es ihnen vor allem um ihre Social-Media-Profile geht. Der Bachelor hat unterdessen so seine Probleme, die Frauen auseinanderzuhalten.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Jessica Fiorini: 107.000 Follower auf Instagram. Judith Diaz Caballero: 88.300 Follower. Denise Jessica König: 12.200 Follower. Das ist die harte Währung, wenn es um die Teilnahme an "Der Bachelor" geht.

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Kaum ist der Weihnachtsgänsebraten auch nur halbwegs auf den Hüften angekommen, malträtiert RTL bereits seine zapping-unfähigen Zuschauer mit der zehnten Staffel der Dating-Show, die immer noch als TV-Partnervermittlung beworben wird, aber schon längst inoffiziell die wahrscheinlich längste Influencer-Werbestrecke der Welt ist.

Obwohl: So inoffiziell ist das gar nicht mehr. Jenny Jasmin (5.849 Follower auf Instagram, Stand 6. Januar 2020) erklärt direkt in Folge eins: "Ich hoff', der will auch gar kein Date von mir. Und ich hoff', ich kann einfach noch chillen hier, ein, zwei Wochen, kann meinen Fame machen und Adios, Muchachos!"

"Der Bachelor" 2020: Fünf Jennys, zwei Jessys

Willkommen bei "Der Bachelor" 2020, der Show, bei der sich wirklich niemand mehr Mühe gibt. Vor allem der ausführende Sender. Das geht los bei den Kandidatinnen, dem üblichen Sammelsurium aus Models, Kosmetikerinnen und Fitnesstrainerinnen, die der Einfachheit halber überwiegend denselben Namen tragen. Es gibt fünf "Jennys" und zwei "Jessys". Natürlich suchen sie die "große Liebe".

"Bachelor 2020": Neue Regel könnte für Aufregung sorgen

Bislang hat der Bachelor nur eine Rose vor der ersten Entscheidungsnacht verteilt. In diesem Jahr werden es drei sein. Das könnte für einen harten Konkurrenzkampf gleich zu Beginn sorgen. Denn wer eine der drei begehrten Blumen ergattert, der muss nicht bis zur Nacht der Rosen warten. (Teaserbild: TVNow) © ProSiebenSat.1

Das gelingt bekanntermaßen am besten durch die Vergrößerung des eigenen Bekanntheitsgrades. Weil: Je mehr Männer einen kennen, umso größer ist die Chance, den richtigen kennenzulernen, oder? Doch um den einen temporär verfügbaren zu überzeugen, gilt es ehrlich zu sein. So weit es im TV möglich ist. Weswegen Natali gleich gesteht, dass sie im letzten Jahr an "Deutschland sucht den Superstar" (Platz 14) teilgenommen hat. Und eine der Jessys bereits 2018 auf "Love Island" flirtete.

Dass sie dabei einem ihrer Insel-Gespielen vor laufender Kamera die Weichteile polierte, behält sie besser für sich. Dieser Taktik schließen sich eine weitere Jenny ("Kiss Bang Love"), Wioleta ("Germany’s Next Topmodel") und Denise-Jessica ("Mieten kaufen wohnen") an und heben sich ihre Fernseh-Vergangenheit lieber für einen späteren Zeitpunkt auf.

Erst Kindheitstraumata, dann Untersuchungshaft, jetzt der neue Bachelor

Zunächst gilt es, sich in die übliche Glitzerware aus dem "Bachelor"-Fundus zu werfen, mit den Händen zu flattern, quietschend zu sprechen, Schnappatmung zu simulieren und sich Tränen aus dem Augenwinkel zu pressen. Der neue Bachelor steht bereits vor der Villa in Mexiko auf Anschlag. Der ist all das, was sich ein RTL-Redakteur in seinen kühnsten Träumen vorstellt.

Sebastian Preuss, Malermeister aus München, amtierender Kickboxweltmeister der WKU, der Liga, in der unter anderem auch Christine Theiss vor ihrer Fernsehkarriere kämpfte. Der Münchner ist makellos ausdefiniert, emotional angeschlagen, kriminell vorbelastet, und was wohl das Sahnehäubchen ist: mehr als bereit, darüber zu reden.

Eine halbe Stunde erzählt er mit brüchiger Stimme von seiner schweren Kindheit, dem halben Jahr, das er mit 18 wegen Körperverletzung in Stadelheim verbrachte, seinem Bruder, der an einer Überdosis verstarb. Am Ende weint er. So furchtbar das für den Kampfsportler persönlich auch sein mag: Im Hintergrund reiben sich ein paar Sender-Verantwortliche vor Begeisterung die schmierigen Hände.

Und irgendein Manager scheint das ebenfalls für eine geniale PR-Idee zu halten, um eine Zweitkarriere seines Schützlings zu lancieren. Handwerk mag zwar goldenen Boden haben, aber sonderlich glamourös ist es nicht. Und ins Hauptprogramm von RTL kommt ein Kampfsportler sonst nur, wenn er Klitschko heißt.

"Der schönste Bachelor aller Zeiten"

Also muss es wohl "Der Bachelor" sein. Die Begeisterung der Damenwelt hier ist zumindest garantiert, die Erwartungen sind überschaubar. Diana wünscht sich zum Beispiel einen Mann, der "groß, blond, deutsch" ist. Sebastian Preuss fällt genau ins Beuteschema, sieht er doch aus, als trete er an Wochenenden als Manuel-Neuer-Double auf. "Der schönste Bachelor aller Zeiten" sei er, da sind sich alle sicher, und sie sagen das nicht nur, weil es alle anderen vor ihnen auch über seine neun Vorgänger behaupteten.

Diesen Frauen ist sowieso längst alles egal, solange die Kamera läuft, sie wollen nur möglichst schnell in die Villa stöckeln, den elenden "cool, cool", "schön, schön", "Wie war die Fahrt?" und "Ich spür' das Herz klopfen"-Smalltalk hinter sich bringend. Zwei von ihnen halten Preuss dabei sogar nur für "den Abholer", der für sie den Regenschirm auf dem Weg in die Villa hält.

Ob Jenny oder Jessy, wer kann das schon auseinanderhalten?

Der neue Bachelor indes ist sichtlich überfordert. Er stammelt und stottert sich durch die erste Folge, ist nervöser als seine Vorgänger. Souverän geht anders, man könnte es aber auch einfach menschlich nennen. Zu allem Überfluss hat ihm RTL die beliebteste Porno-Fantasie des Jahres 1995 untergejubelt, Isabelle und Laureen, Zwillingsschwestern, die es offenbar für eine gute Idee halten, denselben Mann vor der Kamera befummeln zu wollen. Der Rest der Frauen sitzt gelangweilt herum und beäugt frustriert jedes Gespräch der Konkurrenz mit dem einzigen Mann im Haus.

Das hinterlässt Spuren. Die Rosenvergabe gerät zum Ratespiel. Zu viele Jennys, zu wenig verbliebene Gehirnleistung. Die Standard-Reaktion der Kandidatinnen, wenn sie aufgerufen werden, ist: "Wer? Ich?" Auch mit den anderen Namen hat der Bachelor so seine Probleme.

Birgit bekommt eine Rose. Heißt aber eigentlich Desiree. Oder umgekehrt, wen interessiert das schon. Die wirklichen Gewinner des Abends sind die Kandidatinnen, die nach Hause fahren dürfen. Die Porno-Zwillinge zum Beispiel, die dem Bachelor einfach zu "schräg" sind und "sich sicherlich in die Haare kriegen" werden. Womit er zugibt, das Grundkonzept der Sendung nicht verstanden zu haben.

Oder eine der Jessys, die dem Bachelor zu "emotionslos und eintönig" spricht, nach dem Rausschmiss aber ihre Gefühle wiederentdeckt: "Ich zieh' die Schuhe endlich aus, Alter!"

Dem Bachelor dürfte das alles egal sein. Sein aktueller Instagram-Stand: 41.400 Follower. Es bleiben ihm noch zwölf bis 20 Jennys, um das zu ändern. Oder waren es doch Jessys?

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"Der Bachelor 2020" Folge 2: Sebastians Liebesleben ist einer Kandidatin ganz genau bekannt

"Der Bachelor 2020" Folge 3: Gruppendate aus der Hölle und zwei Küsse am Ende

"Der Bachelor 2020" Folge 4: Damen auf Hexenjagd und eine ist im Schoko-Bad

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