In einer Szene der französischen Kinder-Zeichentrickserie "Es war einmal das Leben" werden Bakterien dargestellt, die mit Gas vernichtet werden. Während sie röchelnd sterben, ruft eines von ihnen in der deutschen Synchronisation einen jiddischen Ausruf der Wehklage. Die Szene soll nun entfernt werden.

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In der französischen Kinder-Zeichentrickserie "Es war einmal das Leben" wird in Folge 3 eine Szene überarbeitet: Sie zeigt in der deutschen Synchronfassung ein Bakterium mit einem jiddischen Ausruf der Wehklage, während es durch Gas stirbt. In der Kinderserie sind beinahe alle Bereiche des Körpers in menschlicher Gestalt dargestellt.

Thore Vollert, Chef für Marketing und Lizenzankauf bei der NDR-Tochter Studio Hamburg Enterprises, bestätigte den jiddischen Ausruf in einer Folge über das Immunsystem. Ein Bakterium spricht die wehklagenden jiddische Wörter "Oy vey gevalt", wie "Übermedien" berichtet.

Antisemitisch interpretierbare Sequenz "nicht akzeptabel"

Vollert sagte dem Magazin: "Es ist für uns ohne Zweifel nicht akzeptabel, eine in dieser Form tatsächlich leicht als antisemitisch interpretierbare Sequenz weiterhin unkommentiert zu vertreiben". Wie es zu der Verfremdung in der deutschen Fassung kam, lasse sich leider nicht mehr klären, sagte Vollert. Das Synchronstudio gebe es nicht mehr.

Studio Hamburg Enterprises - für den Vertrieb der Zeichentrickserie in Deutschland zuständig - will nun die Sequenz mit dem französischen Originalton überblenden, weil dort der Ausruf nicht vorkomme, sagte Vollert weiter. Auch in der englischen Synchronisation fehlt der Ausruf. In den DVD- und Blu-ray-Produkten wolle man zudem einen Hinweis integrieren, um die Zuschauer zu sensibilisieren.

"Es war einmal das Leben"-Homepage liefert vermeintliche Erklärung

Auf der Homepage der Serie wird erklärt, dass in Folge 3 "Staphylokokken durch den 'blauen Wüstrich' vergast" werden. Und weiter: "Kurz vor seinem Tod ruft in der deutschen Version ein Staphylokokkus den jiddischen Ausdruck 'Oy vey gevalt' - eine Anspielung an die Verbrechen im Dritten Reich. In der französischen Version war das nicht der Fall."

Ein "zutiefst antisemitischer" Ausruf, wie "Übermedien" schreibt, weswegen die Erklärung nur vermeintlich hilfreich sei, illustriere sie doch "unverbrämt die aggressivste Form des Antisemitismus, die 'den Juden' als Krankheitserreger sieht, der vernichtet werden muss".

Studio Hamburg Enterprises war durch eine Anfrage von "Übermedien" auf die Stelle aufmerksam geworden, wie beide Seiten bestätigten. Der Journalist Stefan Niggemeier von "Übermedien" sagte der dpa, dass er zur Vorbereitung für einen Podcast die Folge gesehen habe und zufällig auf die Sequenz gestoßen sei. Daraufhin habe er sich an die Firma gewandt.

"Es war einmal das Leben" ist 1986 entstanden. Der Klassiker läuft bis heute im Fernsehen und ist aktuell auch auf Netflix zu finden, ebenso in der Mediathek von ARD alpha. (pak/dpa)

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