Die Olympischen Spiele sind vorbei. Das ist eine schlechte Nachricht für alle Sport-Fans, aber eine gute für alle "Fernsehgarten"-Liebhaber. Denn nun darf sonntags wieder ohne Unterbrechungen Andrea Kiewel ran. Und die hat sich für den Start in die Post-Paris-Zeit das Motto "Festival" geben. Oder zumindest, was sie für Festival hält.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Fernsehgarten"-Fans wissen es: Es gibt keinen "Fernsehgarten" ohne ein Motto. Ein Motto zu haben, ist quasi das Motto des "Fernsehgartens". Doch egal, welches Motto gerade auf Andrea Kiewels Sonntagesordnung steht, alle Mottos haben ein gemeinsames Übermotto: Krawall und Remmidemmi. Ein Motto wie Ruhe, Glück oder Freundlichkeit findet man bei Andrea Kiewel vergebens, hier geht es immer in die Vollen.

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Irgendetwas gibt es nämlich immer zu feiern: den Sommer, Mallorca, das Oktoberfest, die 2000er, Olympia, die Fußball-EM. Und wenn einem gar nichts mehr einfällt, was man sonst noch feiern könnte, dann einfach das Leben. Und wo Kiewel und ihr "Fernsehgarten" feiern, da feiern sie laut. Nein, der "Fernsehgarten" ist nichts für Leute, die keinen Lärm brauchen, um das Leben feiern zu können.

"ZDF-Fernsehgarten": "Meine Festivalerfahrungen halten sich in Grenzen"

Am Sonntagmittag nun setzt Andrea Kiewel ihr Motto-Motto fort und hat sich dafür das Motto "Festival" ausdenken lassen. Dementsprechend begrüßt sie das Publikum auf dem Mainzer Lerchenberg und vor dem Fernseher zum "Festival-'Fernsehgarten'" und beginnt den mit einem Geständnis: "Meine Festivalerfahrungen halten sich in Grenzen." Sie selbst, sagt Kiewel, sei nur bei einem einzigen Festival gewesen, einem 3Sat-Festival, und vielleicht erklärt das ja die kommenden Minuten.

Zumindest erklärt es Kiewels nächsten Gedanken. Sie gehe, so Kiewel, eigentlich jeden Sonntag auf ein Festival, denn "der 'ZDF-Fernsehgarten' ist überhaupt das geilste Festival der Welt". Da ist man nicht ganz sicher, ob man der Festival unerfahrenen Kiewel bei der Redaktionskonferenz verschwiegen hat, was für Festivals es sonst noch so auf der Welt gibt.

Dass es zudem keinen Sinn ergibt, einer Sendung, die ohnehin in jeder Ausgabe ein Festival sein soll, ein Festival-Motto zu geben, scheint Andrea Kiewel auch nicht zu stören. Und so geht es los, mit dem Festival-Festival und zwar mit einem, den man von den Festival-Bühnen der Welt kennt: Patrick Lindner. Der 64-Jährige feiere laut Kiewel in diesem Jahr sein 35-jähriges Bühnenjubiläum und darf dies auch beim "Fernsehgarten" machen – und noch mehr.

Olympia-Festival mit "stillen Zeitgenossen"

Lindner hat nämlich zudem die Ehre, mit Andrea Kiewel eine Partie Beer Pong zu spielen. Wer es noch nicht wusste, erfährt am Sonntagmittag bei Kiewel, dass Beer Pong nicht nur ein Trinkspiel aus US-College-Komödien ist, sondern auch ein "richtiger" Sport mit Bundesliga. Jedenfalls glaubt man beim ZDF, dass Beer Pong bei einer Festival-Ausgabe nicht fehlen darf und so werfen erst Lindner und Kiewel Tischtennisbälle in Plastikbecher und dann ein paar Leute aus dem Publikum im Turniermodus.

"Wir sind im Festival-'Fernsehgarten' und wer schon mal auf Festivals war, weiß: Da muss gegessen werden", erklärt Andrea Kiewel etwas später und mag mit dieser sehr intuitiven Behauptung richtig liegen. Dass sie dabei neben Stevan Paul, Koch und Kochbuchautor, steht, der ein paar Rezepte wie heißes Würstchen mit Cheddar mitgebracht hat, hat aber nichts mit Festival zu tun, sondern damit, dass beim "Fernsehgarten" immer irgendetwas gebrutzelt wird. Schließlich muss bei Kiewel jeden Sonntag gegessen werden.

Thematisch ähnlich verhält es sich mit Kiewels sportlichen Gästen. Die Moderatorin hat nämlich die Goldmedaillen-Gewinner Laura Lindemann, Jacob Schopf und Tom Liebscher-Lucz eingeladen. Was genau die drei mit dem Motto "Festival" zu tun haben, diese Antwort bleibt Kiewel allerdings schuldig. Vielleicht läuft das Gespräch mit den drei Olympia-Siegern ja auch deshalb so zäh. Nachdem Kiewel sich mit Lindemann unterhalten hat, wendet sich die Moderatorin den männlichen Gästen zu: "Seid ihr einfach nur stille Zeitgenossen?", fragt Kiewel, denn wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie bei den beiden auf einen Kater getippt.

"Dann brauch ich gar nichts mehr zu erzählen"

Es gibt Gespräche, die beginnen höflicher, es gibt auch welche, die höflicher enden. Denn als man dann doch ins Reden gekommen ist, will Jacob Schopf erklären, warum er demnächst in den Urlaub fährt: "Der Kanute wird im Winter gemacht", beginnt Schopf, wird aber von Kiewel unterbrochen: "Der Fernsehgarten auch", sagt Kiewel und beginnt zu erzählen, wie die "Fernsehgarten"-Saison vorbereitet wird. Da stellt Schopf völlig zu Recht in Kiewels Redeschwall fest: "Dann brauch ich ja gar nichts mehr zu erzählen." Darf er dann aber doch noch, zur Belohnung gibt’s eine goldene Mainzelmännchen-Medaille.

Und was verstehen Kiewel und das ZDF sonst noch so unter einem Festival? Zum Beispiel ein Auftritt von Mentalist Timon Krause, eine Slackline-Performance und ein bisschen Farbschmeißerei im Stile des indischen Holi-Festivals – mit dem Unterschied, dass hier alle Schutz-Overalls anhaben. Eine sehr deutsche Version des Holi-Festivals also. Musikalisch gibt es natürlich auch etwas und das sieht so aus: Melissa Naschenweng, die Höhner, eine Osnabrücker Tanzschule, Luca Hänni, Anna Ermakova, Fiddler’s Green oder das Musical "Ku’Damm 59".

Das ist am Ende dann eine ziemlich vogelwilde Mischung für ein Festival und so kann man leicht glauben, dass beim "ZDF-Fernsehgarten" nicht immer das draufsteht, was dann auch drin ist. Denn hätte Andrea Kiewel eingangs nichts vom Festival-Motto gesagt, man hätte es nicht gemerkt. Schließlich sieht jede "Fernsehgarten"-Ausgabe so oder so ähnlich aus. Insofern könnte Andrea Kiewel dann doch Recht gehabt haben, als sie behauptete, jede "Fernsehgarten"-Ausgabe sei ein Festival.

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