Der Auftakt von der zwölften Staffel von "Bauer sucht Frau" bietet wie gewohnt große Weisheiten von schlichten Männern, viele unvergessliche Fremdschäm-Momente und die Erkenntnis: Es geht immer noch ein bisschen schlimmer.
Für einen kurzen Moment denkt der Zuschauer: Nanu, der sieht doch ganz normal aus. Christian, 31, "der liebevolle Rinderzüchter" aus Niederbayern. Trainiert, braungebrannt. Doch dann sagt er in breitem Dialekt, dass er sich nach Zweisamkeit sehnt, und schwupps, ist wieder alles beim Alten. Denn das kann nur eines heißen: Die neue Staffel von "Bauer sucht Frau" hat begonnen. Und es gibt kein Entrinnen.
Alle Schamgrenzen überwunden
Elf Männer haben auch in diesem Jahr wieder alle Schamgrenzen überwunden und sich bei der Show beworben. Das Gefälle ist gewohnt hoch. "Der rüstige Sachse" Gerhard zum Beispiel, 76 Jahre, verwöhnt direkt in den ersten Minuten mit Lebens-, pardon, Bauernweisheiten. "Eine Frau ohne Tierliebe kann auch dem Mann nicht viel Liebe geben."
Die Frauen sind ähnlich lyrisch begabt. Auf den Bewerbungsvideos für die Männer rattern sie spontan auswendig gelernte Sätze wie: "Ich möchte dich mit meinem Lächelns bezirzen", herunter. Bei den ausgehungerten Bauern wirkt das wie Steak, das man in einen Hundezwinger wirft. Bernd-Udo und sein Bruder Berthold, die gemeinsam an der Show teilnehmen, grinsen so breit, dass ihre Backen schmerzen. Jörg, "der tätowierte Teilzeitbauer", kichert, als habe er in Papis Schlafzimmer einen Playboy entdeckt.
Zu ihnen gesellen sich die üblichen schwer Vermittelbaren. Torsten, 2,10 Meter lang, träumt von einer "Frau auf Augenhöhe". Fritz, 69, sitzt einsam auf seinem Hof in Schweden, Klaus, 32, schaut gerne Liebesschnulzen und heult dabei. Martin, Milchbauer und 29 Jahre alt, ist der Quotenschönling, den es seit einigen Jahren in jeder Staffel von "Bauer sucht Frau" gibt.
Probleme Frauen kennen zu lernen dürfte er keine haben, aber was soll man eben machen, wenn die komplette Dorfdisse schon leer gebaggert ist. Vielleicht liegt sein nachlassender Erfolg bei Frauen aber auch an seinem emanzipierten Umgang mit der eigenen Mutter. Der drückt er seine Schuhe in die Hand. Von alleine werden die schließlich nicht sauber.
Zum dritten Mal in der Show
Höhepunkt dieses Dirndl- und Lederhosenalbtraums ist traditionell das Kennenlernen. Hier treffen die hormonell unausgelasteten Bauern zum ersten Mal auf ihre Frauen. Es wird grenzdebil in Zeitlupe gegrinst, während die Kuschelrock-CD in Dauerschleife läuft, damit ja nicht auffällt, dass hier 30 Sekunden auf Hollywoodformat aufgeblasen werden.
In dieser Ausnahmesituation ist es klar, dass es einigen Bauern zu viel wird. "Der herzliche Hobbybauer" Fritz schnuppert direkt an seinen beiden Damen. Gerhard trinkt mit ihnen Brüderschaft und beginnt zum zweiten Mal in der Show zu singen. So lieblich, dass man sich aus Scham eine Heugabel in den Gehörgang schieben möchte. Am härtesten trifft es Bernd-Udo. Er bekommt die Kandidatin von der Resterampe der Show. Sie nimmt bereits zum dritten Mal teil.
Wer braucht schon Arbeitskräfte, wenn er eine Frau hat
Den anderen Teilnehmern an der Show ergeht es nur unwesentlich besser. Die folgende Smalltalk-Runde würde jedem Dating-Coach Nahtod-Erfahrungen bescheren. Warum sie ihn denn ausgesucht hätte, fragt Berthold eine seiner Kandidatinnen. "Wegen seiner sympathischen Ausstrahlung", sagt sie.
Er schaut so teilnahmslos wie den Rest der Sendung: "Wirklich?", entgegnet er überrascht und irritiert zugleich. Das hat ihm offenbar noch niemand gesagt und er überlegt, ob das eine Beleidigung oder ein Kompliment ist. Die Antwort von Kandidatin Nummer zwei flößt ihm auch nicht mehr Selbstvertrauen ein. "Ich habe erst dich gesehen. Und dann deine Esel." Wer wäre da nicht sofort Feuer und Flamme.
Geschenke aus Wurst
Die Bauern stellen sich aber auch nicht viel feinfühliger an. Eine der Damen hat dem "familiären Ziegenwirt" Roland einen etwas lädierten Kuchen mit einer Koppel als Dekoration gebacken. Der zeigt sich wenig begeistert und sagt: "Die Zäune sind bei uns auch ständig kaputt." Er hat aber noch Glück gehabt: ein anderer Landwirt bekommt eine Frau aus Wurst geschenkt.
Ohne wäre "Bauer sucht Frau" einfach nicht das gleiche. Nur der älteste Teilnehmer scheint das mit der Romantik nicht ganz verstanden zu haben. Gerhard entscheidet sich aus eher nüchternen Gründen für eine seiner Kandidatin. Weil er glaubt, "dass sie besser in der Lage ist, harte körperliche Arbeit zu verrichten." Wer braucht schon Erntehelfer, wenn er eine Frau zu Hause hat.
"Love Is In The Air" beim Scheunenfest
Zu diesem Zeitpunkt ist aber bereits alles egal. "Love Is In The Air" ertönt und die Auserwählten und Geschassten versammeln sich beim Hoffest, um das Erlebte in Alkohol zu ertränken. Als Zuschauer weiß man gar nicht, wo man als erstes nicht hinschauen soll, bzw. was schlimmer ist: die Bilder oder die musikalische Untermalung.
Die Antwort ist einfach: Der Auftritt von Schlagersternchen Michelle und die dazugehörige Polonaise. Da hält es nicht einmal mehr die Kandidaten der ländlichen Hormonüberschusses auf ihren Stühlen. Sie stürmen gemeinsam die Bühne und gröhlen: "Wir sind die Bauern von Staffel zwölf!"
Ja, leider.
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