• Wie ergeht es eigentlich Journalisten, die täglich über die schlimmen Ereignisse in der Ukraine berichten müssen?
  • Diese Frage hat unsere Redaktion Mirjam Meinhardt gestellt.
  • Die neue Hauptmoderatorin des ZDF-"Mittagsmagazins" spricht über ihre Arbeit in Zeiten des Krieges und die Vergleiche zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Vorgängerin Angela Merkel.
Ein Interview

Frau Meinhardt, seit März fungieren Sie als neue Hauptmoderatorin des "ZDF-Mittagsmagazins". Sie haben sich eine turbulente Zeit für diesen neuen Job ausgesucht …

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Mirjam Meinhardt: Definitiv. Politisch ist gerade sehr viel los. Im Grunde gibt es jeden Tag neue, brisante Meldungen. Erst hatten wir zwei Jahre Pandemie, während der Schwerpunkt jetzt ganz stark auf dem Krieg in der Ukraine liegt. Und natürlich bestimmt dieses Thema unser Tagesgeschäft von morgens bis abends. Es ist eine wichtige und auch spannende Zeit.

Aus journalistischer Sicht vielleicht sogar die perfekte Zeit für Ihre berufliche Veränderung?

So groß ist diese Veränderung nicht - womit ich nicht sagen möchte, dass alles beim Alten geblieben wäre. Der Wechsel vom "Morgenmagazin" ins "Mittagsmagazin" hat meinen Tagesablauf schon verändert. Von 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr am Morgen war ich bisher die "Vorband" für die Hauptsendung, die direkt im Anschluss beginnt. Jetzt bin ich selbst im Hauptprogramm angekommen. In dieser Hinsicht ist es ein Wechsel, das stimmt. Aber die Themen sind in großen Teilen die gleichen.

Warum sind Sie Journalistin geworden?

Ich komme aus dem Aktuellen und habe auch schon für das Radio aktuell gearbeitet. Ich bin Journalistin geworden, da ich gerne am Puls der Zeit bin. Mich interessieren die Dinge, die aktuell in der Welt passieren - nicht nur aus beruflicher Sicht. Dafür war ich schon immer Feuer und Flamme. Heute könnte ich kaum näher dran sein, zumal ich mit direkten Entscheidern sprechen und Interviews führen darf. Anders ausgedrückt: Ich mag meinen Job durchaus auch, wenn er turbulent ist.

Wie schwer fällt es Ihnen, in Zeiten des Krieges jeden Tag die journalistische Distanz zu wahren?

Natürlich sind auch wir Journalisten "nur" Menschen. Es gibt Eindrücke, die einen im ersten Moment persönlich anfassen. Der Ukraine-Krieg ist eine Sondersituation. Trotzdem ist es eigentlich keine neue Situation - leider ...

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Inwiefern?

Jeden Tag sind wir überall auf der Welt mit Krisen, Kriegen und anderen schlimmen Nachrichten konfrontiert. Darüber haben wir auch schon vor dem Ukraine-Krieg berichtet. Ich möchte das nicht miteinander vergleichen, aber gebe Ihnen ein anderes Beispiel an die Hand: Ein Arzt muss sich jeden Tag verschiedene Leidenswege anhören. Seine Aufgabe ist es, die richtige Medikation zu finden und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Dafür braucht es einen gewissen emotionalen Abstand. Den brauchen wir Journalistinnen und Journalisten auch. Schließlich möchte ich möglichst objektiv berichten. Ich bin nicht Betroffene, sondern Berichtende.

Wie gerne berichten Sie über Bundeskanzler Olaf Scholz, der im Vergleich zu seiner Vorgängerin Angela Merkel als langweiliger gilt. Stimmt das?

Aus journalistischer Sicht mache ich mir zunächst einmal keine Gedanken darüber, wie spannend Olaf Scholz oder Angela Merkel ist. Aus meiner Sicht kann es nie langweilig sein, wer im Kanzleramt sitzt. Diese Person bestimmt letztlich große Teile unseres Lebens - mit den Entscheidungen, die unsere Regierung trifft.

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Also empfinden Sie Scholz als genauso spannend wie Merkel, richtig?

Ja, ich finde einen Olaf Scholz genauso spannend wie eine Angela Merkel, weil die entscheidende Frage doch eine ganz andere ist: Welche Politik kommt dabei heraus? Alles andere ist für mich zweitrangig. Ich als Journalistin habe die Aufgabe, Fragen zu stellen und eventuelle Diskrepanzen herauszuarbeiten.

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Ist es egal, ob Donald Trump US-Präsident ist oder Joe Biden? Gilt das auch hier oder würden Sie in diesem Fall Unterschiede machen?

Mir ist es aus persönlicher Sicht nicht egal, wer im Kanzleramt sitzt oder wer US-Präsident ist. Darum geht es nicht. Ich habe Ihre Frage aus journalistischer Sicht beantwortet. Mir ist nur wichtig zu sagen, dass meine berufliche Aufgabe immer die gleiche ist - unabhängig von den regierenden Personen. Meine persönliche Haltung ist nicht die, die in erster Linie zum Tragen kommen darf.

So haben Sie sich Ihren Weg vom "Morgenmagazin" ins "Mittagsmagazin" geebnet. Welches wäre der nächste logische Schritt: die "Heute"-Sendung am Abend?

Mit Blick auf Jana Pareigis, die genau diesen Weg eingeschlagen hat, wäre das natürlich eine Option. Aber darüber denke ich nicht nach. Ich freue mich, dass mir diese Aufgabe im "Mittagsmagazin" übertragen wurde. Mein Anspruch ist es, die Zuschauerinnen und Zuschauer gut zu informieren und die liebevoll gestalteten Autorenstücke gut zu präsentieren.

Ist es für Sie nicht relevant, für welches Medium Sie dieser Aufgabe nachkommen?

Schauen Sie: Ich komme ursprünglich aus dem Radio und habe nie geplant, zum Fernsehen zu wechseln. Dieser Schritt war eher einem Zufall geschuldet. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen: Für mich ist es fast nebensächlich, welches Medium und welcher Sendeplatz mit der journalistischen Aufgabe verbunden ist. Menschen brauchen Informationen, eine Einordnung und eine möglichst objektive Berichterstattung. Das zählt für mich.

Sie sagen, das Medium ist "fast nebensächlich". Diese Einschränkung lässt einen gewissen Spielraum. Wäre ein "Königstransfer" zur "Tagesschau" in der ARD für Sie erstrebenswert?

Ich finde, eine Sendung, in der ich - wie aktuell im "Mittagsmagazin" - Interviews führen kann, viel interessanter als eine reine Nachrichtensendung. Wenn Sie mich nach meinem journalistischen Interesse fragen, dann finde ich meine aktuelle Aufgabe spannender.

Welche Nachricht würden Sie als Journalistin gerne einmal in die Welt hinaussenden?

Sicherlich würde ich gerne die Nachricht verkünden, dass es nirgendwo auf der Welt Krieg gibt und dass man die Klimakrise in den Griff bekommen hat. Beides ist jedoch leider unrealistisch. Von daher würde ich in nächster Zeit gerne das Ende des Krieges in der Ukraine verkünden.

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Und wen würden Sie gerne einmal interviewen? Mit wem hatten Sie noch nie das Vergnügen?

Angela Merkel würde ich gerne interviewen. Da sie aber nicht mehr in der aktuellen Politik unterwegs ist, wird das vermutlich leider sehr schwierig. Aber wer weiß: Vielleicht ergibt sich ja eines Tages die Gelegenheit.

Worüber würden Sie dann mit ihr sprechen?

Dann hätte sie sicherlich einen gewissen Abstand von ihrer aktiven Zeit in der Politik. Und es würde mich sehr interessieren, wie sie diese Epoche rückblickend bewertet.

Ist Merkel also für Sie doch spannender als Scholz?

Sie ist spannend, gar keine Frage. Angela Merkel war 16 Jahre Bundeskanzlerin, ein Vergleich mit Olaf Scholz wäre in diesem Punkt nicht fair. Zudem habe ich ihn bereits interviewt und Sie fragten nach einer Person, mit der ich noch nicht das Vergnügen hatte (lacht).

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