War das jetzt "Wetten, dass..?", "Das Supertalent" oder eher ein Spendenmarathon? Fest steht: Die neue ProSieben-Show "Die Millionärswahl" ist ein einziger Reinfall. Denn das als "demokratisch" angepriesene Format scheiterte am Konzept - und der eher undemokratischen Abstimmung. Selbst Moderator Elton entschuldigte sich nach Ausstrahlung der Sendung. Und der Sender ändert nach Kritik der Fans das Wahlverfahren.
Fünf muskulöse Jungs wollen ein Jugendlager für Sportbegeisterte in ihrem Heimatort errichten. Ralf Zanders hofft auf finanzielle Unterstützung für sein ein Jahr altes Patenkind Neele, das am Wolf-Hirschhorn-Syndrom erkrankt ist, einem Gendefekt. Kandidat Benedikt aus Bayern kann unterdessen nur breakdancen. Sie alle sind unter den 49 Kandidaten, die bei ProSieben und Sat.1 auf eine Million Euro hoffen können. In sieben Vorrunden kämpfen sie gegeneinander um den Einzug ins Finale.
Innovative Idee oder merkwürdiger Wettbewerb?
Klingt nach einer innovativen Idee, doch "Die Millionärswahl" entpuppt sich als merkwürdiger Wettbewerb, der eine Mischung aus Spendenmarathon, "Das Supertalent" und einem Hauch "Wetten, dass..?" ist. Das Gebotene war ziemlich absurd.
Tränenreiche Schicksale, bedingt fernsehtaugliche Bühnennummern und spektakuläre Show-Acts gab es am Donnerstagabend zu sehen. Jeder Kandidat zeigte sich im Werbevideo, musste im Anschluss entweder mit den Moderatoren plaudern oder sein Talent zeigen. Besonders dramatisch und befremdlich war die Mutprobe mit Kandidat Ralf.
Der 36-Jährige musste einen 26 Meter hohen Turm an der Wand herunterlaufen. Dabei stieß er an seine Grenzen und schluchzte mit zittriger und ängstlicher Stimme - schaffte die Aufgabe aber dennoch. Das Fernsehpublikum und die Online-Nutzer honorierten das bei der Abstimmung, gaben Ralf jeweils die Höchstwertung - zweimal sieben Punkte. Auch die Kandidaten durften abstimmen.
Jeder von ihnen musste - stets in Kenntnis des aktuellen Punktestands - die Konkurrenz mit jeweils bis zu vier Punkten bewerten. Am Ende musste sich Patenonkel Ralf dem Breakdancer Benedikt geschlagen geben - obwohl dieser bei den Zuschauer und der Community im Netz kein Favorit war. Demokratie sieht anders aus. Dabei hatten die Moderatoren Elton und Jeannine Michaelsen zu Beginn der Show noch geprahlt: "Wir suchen Deutschlands ersten demokratischen Millionär." Die Buh-Zurufe aus dem Studiopublikum zeigten ganz deutlich: Hier läuft einiges schief.
Nach Kritik: ProSieben ändert Regeln
Selbst Elton meldete sich nach Ausstrahlung der Show zu Wort und rechtfertigte sich. Über Facebook schrieb er: "Guten Abend! Ich kann euren Unmut absolut verstehen. Auch ich bin überrascht, weil keiner so wirklich damit gerechnet hat." Bei ProSieben hat man unterdessen auf die Kritik reagiert. Über den Kurzmitteilungsdienst Twitter ließ der Sender ausrichten: "Wir nehmen eure Kritik am Wahlverfahren an. Und ändern es heute."
In einer Pressemitteilung von ProSieben heißt es: "Aufgrund der Kritik ändern ProSieben und Sat.1 ab sofort das Abstimmungsverfahren der 'Millionärswahl'". Demnach sollen die sieben Studio-Kandidaten nicht mehr am Ende, sondern gleich zu Beginn des Verfahrens wählen.
Pressesprecherin Julia Hagedorn erklärt: "Jeder Kandidat hat nur eine Stimme, darf sich nicht selbst wählen." Nach Abschluss dieser Abstimmungsphase vergibt die Online-Community ihre Punkte. Der Favorit erhält sieben Zähler. Erst dann ist das TV-Publikum mittels Anruf und SMS am Zug. Die Besonderheit: "Die Zuschauer können ab sofort die doppelte Punktzahl vergeben." Statt sieben wären das ab sofort bis zu 14 Punkte.
Wiederholt wird die kritische Wahl vom Donnerstagabend übrigens nicht. Der Sender richtete eine Spendennummer für Ralf Zanders Patenkind ein. "Wenn wir durch Spenden allein das Bad für Neele behindertengerecht umbauen können, ist das einfach genial", so der Zweitplatzierte im Gespräch mit ProSieben.
Sechs Vorrunden mit jeweils sieben Kandidaten will ProSieben gemeinsam mit Sat.1 noch ausstrahlen. Die Sieger aus jeder Runde treten im Finale an und kämpfen dann um eine Million Euro. Bei den Zuschauern kam das Format unterdessen nicht an. Insgesamt konnte der Sender nicht einmal zwei Millionen Menschen für die TV-Show begeistern. Beim werberelevanten Publikum der 14- bis 49-Jährigen kam "Die Millionärswahl" nur auf 10,7 Prozent Marktanteil. Zum Vergleich: Eine Wiederholung der RTL-Actionserie "Alarm für Cobra 11" holte zur selben Zeit 14,2 Prozent.
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