Zum 60. Geburtstag der früh verstorbenen Austropop-Legende erinnert sich Musikfilmer Rudi Dolezal an Falco. Er zeichnet ein loses Porträt der Kunstfigur und des Menschen dahinter – und liefert neue Informationen zu Hans Hölzels letzten Jahren.
Am Anfang steht fast eine Entschuldigung: Austropop-Archivar Rudi Dolezal hat schon so viele Dokumentationen über Falco gedreht, dass er für die zu dessen 60. Geburtstag vorweg einen Entstehungsgrund nennen muss.
Er stieß mit jedem Film über die Musiklegende, mit der er gearbeitet hat und befreundet war, an irgendwelche Grenzen, war nie ganz zufrieden – und will deshalb in einem "letzten Vorhang" Leben und Sterben der Pop-Ikone noch einmal thematisieren.
Dass Dolezal das Thema Falco nicht loslässt, ist verständlich: Immer noch schillert seine Musik ganz zeitlos, immer noch fasziniert die Mischung aus buntem Zeitgeist, spannender Performance Art und theatralischer Dramatik. Falco war überlebensgroß und unberechenbar, und deswegen wirkt die Faszination weit über den frühen Tod des damals 40-Jährigen hinaus.
Mythen und Anekdoten
Zunächst gestaltet sich "Falco – Die ultimative Doku zum 60. Geburtstag" als ehrfürchtige Reminiszenz: Ohne großen roten Faden werden Stationen gezeigt, hier der Dreh zu "Rock Me Amadeus", dort alte Interviews, hier einige alte Weggefährten, dort ein alter Drahdiwaberl-Auftritt. "Mythos Falco" wäre wohl der passende Titel.
Dabei werden einige amüsante Anekdoten hervorgekramt. Wayne Isaak, der US-Promotion-Manager, erinnert sich daran, wie Falco 60 Interviews mit den größten Radiostationen Amerikas gebucht hat.
Falco gab nur ein einziges Interview – und sagte dann zu Isaak, er könnte das ja für die anderen kopieren. Isaak griff daraufhin zu einer Notlösung: Er imitierte Falco am Telefon und gab die restlichen Interviews selbst.
Auch
Er soll darüber gesagt haben, dass er mit Nielsen nicht in den Charts landen wollte, sondern im Bett. Sie lacht, als sie das hört, und meint, dass er das sicher nur gesagt hat, weil es gut klingt.
Leben und Tod in der Dominikanischen Republik
Mit der Zeit schält sich in der Dokumentation ein genaueres Thema heraus: der Unterschied zwischen der Kunstfigur Falco und dem Menschen Hans Hölzel, der sie verkörpert hat. Der Film fokussiert sich auf Falcos letzte Jahre, die er in der Dominikanischen Republik verbrachte.
Hier kommt sein ehemaliger Manager und Freund Hans Reinisch zu Wort, der einige bislang unbekannte Details aus dieser Zeit verrät. Im Vorfeld wurde das als Sensation angepriesen, in Wahrheit ist es aber nur eine ganz menschliche Geschichte.
Hans Hölzel zog sich in die Dominikanische Republik zurück, weil ihn dort keiner kannte. Er war offensichtlich des Falco-Spielens überdrüssig und wollte auch dem Drogensumpf der üblichen Musikbusiness-Feiern entfliehen.
Er verliebte sich in eine junge Frau namens Selina, brachte zwei Techno-Singles unter den Namen T»MA und T»MB heraus. In den Interviews aus dieser Zeit fällt auf, wieviel entspannter Falco wirkt, wie er die Dauershow reduziert und mit sich selbst mehr im Reinen zu sein scheint.
Musikwelt ließ Falco nicht los
Doch dann kam die Musikwelt zu ihm: Wie Reinisch erzählt, tauchten plötzlich Weggefährten von früher wieder auf, um ausgiebig mit ihm zu feiern. Reinisch schätzt, dass die auch Kokain mitbrachten, aber beschwören will er es nicht, beschuldigen auch niemanden.
Falco fiel jedenfalls wieder in seinen alten Partymodus zurück – und Selina, die diese Seite von ihm nicht kannte, trennte sich von ihm.
Am 6. Februar 1998 kam es schließlich zu dem tödlichen Unfall, bei dem Falco bei der Ausfahrt von einem Parkplatz von einem Bus gerammt wurde. Reinisch erinnert sich, wie er sich am Unglücksort von Falco verabschiedete – und einem Paparazzo Fotos des Toten abkaufte, damit diese nie ins Licht der Medienwelt gezerrt würden.
"Für mich war er der tollste Mensch, den ich je gekannt habe", schließt Dolezal seine Doku ab. "That's it, finito", fügt er an – und kann sich doch nicht ganz von Falco verabschieden. Der Musiker hat nämlich selbst das letzte Wort, als er in eine Kamera grinsend sagt: "Ich werde euch nicht erspart bleiben."
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