Seit Jahren gilt Leonardo DiCaprio als einer der besten lebenden Schauspieler. Genauso lang jagt er dem begehrten Oscar hinterher. Bislang erfolglos. Jetzt sollte es aber endlich so weit sein, denn in "The Revenant" gibt er seine bislang beeindruckendste Vorstellung - und gleichzeitig die härteste seiner Karriere.

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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist Nordamerika eine unwirtliche Gegend, in der wilde Tiere, wütende Indianer oder missgünstige Siedler einen jederzeit in Lebensgefahr bringen können. Wie schon Seth McFarlane in seiner Western-Komödie "A Million Ways to Die in the West" feststellte: "Alles, was nicht Du bist, versucht, Dich umzubringen."

All diese Gefahren hat Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) schon am eigenen Leib erfahren: Er ist in der zweiten Generation in den USA, hat ein Kind mit einer Ureinwohnerin, die bei einem Angriff der amerikanischen Kavallerie getötet wurde, und verdient seinen Lebensunterhalt als Scout. Er soll eine Gruppe von Trappern mit ihren erbeuteten Fellen zu einem nahen Fort führen, quer durch ein Gebiet, das von einem feindlichen Indianer-Stamm kontrolliert wird.

Bei der Suche nach Nahrung wird Glass von einem Bären angefallen und schwer verletzt. Zwei Trapper werden zusammen mit Glass' Sohn abgestellt, ihn zu bewachen, bis er seinen Verletzungen erliegt, aber die beiden lassen ihn halbtot liegen und töten seinen Sohn, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Völlig zerschunden kämpft sich Glass durch die Wildnis, angetrieben von einem Ziel: Rache.

Regisseur Alejandro González Iñárritu ist spätestens seit seinem Oscar-Triumph mit "Birdman" 2015 bekannt als einer der letzten großen Verrückten im Filmbusiness. Mit "The Revenant" führte er seine Schauspieler und seine Crew an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Gedreht wurde im eisigen Kanada und - als es dort zu warm wurde - in Argentinien.

Kein künstliches Licht

Iñárritu und sein Kameramann Emmanuel Lubezki entschieden sich dafür, auf künstliches Licht komplett zu verzichten und hatten deshalb jeden Tag nur ein paar Stunden Drehzeit zur Verfügung. Leonardo DiCaprio musste bei 20 Grad unter Null nackt in einen Fluss springen, sich in einen Tierkadaver einhüllen und täglich bis zur Erschöpfung durch den Schnee humpeln. Einige Mitglieder des Filmteams kündigten nach ein paar Wochen, weil sie mit der Herausforderung nicht fertig wurden.

In Anbetracht des fertigen Films hat sich der enorme Aufwand aber gelohnt: Etwas Vergleichbares hat man tatsächlich noch nicht auf der Leinwand gesehen. Mit dem Mythos vom noblen Siedler und den Ureinwohnern als edlen Wilden wird hier radikal aufgeräumt. Nordamerika ist der unwirtliche Kontinent, wie er sich für die meisten Siedler der ersten Generationen dargestellt haben dürfte.

Brutalität trifft auf erhabene Schönheit

Der Verzicht auf künstliches Licht sorgt für eine Unmittelbarkeit der Handlung, die Iñárritu noch durch den Kunstgriff unterstreicht, dass er mehrmals die sogenannte "vierte Wand" durchbricht: Wenn der Bär in einer Szene, die nichts für zartbesaitete Gemüter ist, über Hugh Glass herfällt, beschlägt durch seinen Atem das Objektiv der Kamera. Der Zuschauer bekommt das Gefühl, selbst unter dem gewaltigen Tierkörper eingeklemmt zu sein. An Leonardo DiCaprios Gesicht fährt die Kamera teilweise ebenso nah heran und bei einem Unwetter wischen dicke Schneeflocken über die Linse.

Natürlich gibt es auch in "The Revenant" wieder die langen Kamerafahrten ohne Schnitt, für die Iñárritu mittlerweile berühmt ist. An einem Ort, wo er weder das Licht noch das Wetter beeinflussen kann, ist das aber noch wesentlich beeindruckender als bei einem Studio-Film wie "Birdman".

Für einen Teil des Publikums dürfte "The Revenant" zu brutal sein in seiner extrem detaillierten Darstellung von Gewalt. Aber wer diese Strapazen aushält, der erfährt auch Momente erhabener Schönheit in dieser rauen Wildnis, durch die sich Hugh Glass kämpfen muss. Es ist ein Film, der niemanden kalt lassen kann und der seine Zuschauer auch körperlich mitnimmt - und genau dafür geht man doch ins Kino.

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