Tödliche Krankheiten, schiefe Hüften, Heidi Klum im Emergency Room: "Germany’s next Topmodel" entwickelt sich immer mehr zu einer Art Krankenhaus-Dramedy. Nur die kerngesunden, gut gelaunten Mädchen – die schickt die Jury zurück in die bayrische Provinz.
Bei "Germany’s next Topmodel" sind die Kameras überall – und sie sind in diesem Jahr besonders nah dran. An den Kandidatinnen, an der Jury, selbst an einfachen Regieassistenten, die ihre Klappe neuerdings vor Millionenpublikum schlagen dürfen. Statt Kamerafahrten durch das Casting-Studio gibt es jetzt verwackelte Szene aus einem Krankenhaus in Singapur.
In den letzten neun Jahren habe sich Strahlefrau Heidi nicht ein einziges Mal krank gemeldet, sagt ein besorgt dreinblickender Producer, damit auch der letzte versteht: Es ist ernst. Zwischen die Szenen von Elend und Leid sind die Kandidatinnen geschnitten, die parallel ihren ersten Auftritt auf dem Laufsteg absolvieren. The show must go on. Auch bei 40 Grad Fieber. Bis Heidi Klum fragt: "Können wir die Kamera ausmachen?" Diese Worte aus ihrem Mund? Eine kleine Sensation.
Doch die Kameras finden direkt das nächste vom Schmerz verzerrte Gesicht. Stefanie hat Kummer. Die 17-Jährige bricht in Tränen aus und berichtet von ihrer schweren – Achtung! – Krankheit. Schon einen Tag vor Ausstrahlung hatte ProSieben die Nachricht als PR-Meldung lanciert. Jetzt erfahren wir, was genau mit Stefanie los ist: Offenbar verdreht sich ihr Magen, deshalb muss sich die Schülerin oft erbrechen. Das ist schlimm. Aber auch ein Quoten-Pusher. "Ich nehme hier auch teil, weil ich anderen Mädchen zeigen will, dass man die Krankheit besiegen kann", sagt Stefanie. Positive Einstellung geht immer.
Mitleid hat seine Grenzen
Dabei ist für Schwächen im Modebusiness eigentlich gar kein Platz. Mögen Annas schiefe Hüfte und ihre X-Beine noch unter "Besonderheit" verbucht werden, ist es mit dem Verständnis ganz schnell vorbei, wenn die Mädchen zu müde, zu langsam, zu ängstlich sind. Beim Shooting in Singapur zückt
Der einzige noch präsente Juror –
Heidi is back
Zum Glück ist Heidi Klum pünktlich zur Abreise nach Los Angeles wieder fit. Von der Stadt der Engel versprechen sich die Kandidatinnen "Glitzer, Glamour" und Hamburger. Dann werden sie doch nur nassgemacht. Klum schmeißt sie in den Pool, der praktischerweise neben dem Entscheidungslaufsteg entlang läuft. So ist sie eben, die Oberjurorin: Immer bemüht, aus müden Models das Beste herauszuholen. Notfalls mit einer kalten Dusche.
Wolfgang Joop, der sich ebenfalls nach L.A. bequemt hat, findet es großartig, wie er sich überhaupt auffallend gut mit seinen Kollegen versteht. Kleine Spitzen kann er sich nicht verkneifen, mit Hayo frotzelt er: "Ich hab ja noch nicht so dünne Haare (wie du)." Das große Gezicke, das alle erwartet hatten, bleibt aus. Wohl auch deshalb, weil es wirklich schwer ist, sich mit Heidi Klum zu streiten. Das Topmodel zieht lustige Grimassen, findet alles und jeden "toll", die Mädchen durch die Bank "bildhübsch".
Nur Franziska, die Thomas Hayo noch persönlich aus der bayerischen Gaststube abgeholt hat, fällt bei ihr unten durch. Sie habe kein Potential, keine Attitude, keinen Look. Wolfgang Joop füllt die Phrasen zumindest mit etwas Bedeutung als er abschließend urteilt: "Sie ist ein gesundes, hübsches Mädchen, aber Fashion ist nicht ihr Ding." Was er wohl auch meint: rosige Wangen sind schön und gut, Drama versprechen sie keines. Genau davon aber lebt "Germany’s next Topmodel". © Glutamat
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