So, die Models der 19. Staffel haben sich umstylen lassen, sich für ein Shooting nackig gemacht und sind gelaufen, als sei der Teufel hinter ihnen her. In Folge 9 nun können die Models einen weiteren GNTM-Programmpunkt von ihrer Liste streichen: sich auf Knopfdruck gegenseitig in die Bredouille bringen. Heidi Klum nennt das Ganze aber nicht so, sondern Presse-Teaching.
Fangen wir Folge 9 mal mit einer Frage an: Was sollte man bei
Dementsprechend hagelt es Kritik: einfallslos, ein bisschen snoozy das Ganze, langweilig von beiden, oder? Die lassen sich auch viel Zeit und machen nichts, beschwert sich Klum über die Langweiligkeit ihrer Models beim Fotoshooting und schickt die Langweiligsten von ihnen in eine Extrarunde in der kommenden Woche. Nein, wenn man "Germany’s Next Topmodel" schnell und in einem Rutsch durchspielen will, sollte man wirklich nicht langweilig sein.
GNTM: Presse-Teaching für die Models
Auf der anderen Seite: Nicht langweilig sein zu dürfen, ist nicht gerade sehr inklusiv. Das schließt schließlich alle langweiligen Models aus. Und was macht die Klum denn, wenn einer ihrer Kunden ganz gezielt ein langweiliges Model sucht? Zum Beispiel, weil er Schlaftabletten verkauft. Leute, die Schlaftabletten brauchen, wollen mit Sicherheit bei einer Schlaftabletten-Werbung kein aufgedrehtes Model sehen. Dann guckt die Klum in ihr Model-Portfolio und hat niemanden, der langweilig genug für Schlaftabletten-Werbung ist.
Und vielleicht gibt es ja auch Zuschauer, die "Germany’s Next Topmodel" nur ansehen, weil die Show so langweilig ist. Die werden ja komplett verprellt. Denn ist es nicht auch irgendwie langweilig, die Kandidatinnen seit 18 Jahren aufzufordern, bloß nicht langweilig zu sein? Und wie langweilig ist denn bitte eine Show, in der es immer eine Umstyling-Folge gibt? Und eine Nackt-Shooting-Folge. Und eine Tier-Shooting-Folge. Und eine Presse-Teaching-Folge? Da sagt die Klum ja auch nicht zu sich selbst: Ein bisschen snoozy, das Ganze.
Nein, stattdessen beraumt Klum auch in dieser Staffel wieder ein Presse-Teaching an. Claudia von Brauchitsch soll es erneut machen und die will die Models auf die harte Realität vorbereiten. Oder zumindest auf das, was Claudia von Brauchitsch für die harte Realität hält. Zunächst befragt sie Julian und Luka, ob es Fluch oder Segen für die Zwillinge sei, gemeinsam hier zu sein. Die reagieren so weit ganz passabel, antworten wahrheitsgetreu, dass es von beidem ein bisschen sei. Dann aber zeigt von Brauchitsch, dass es ihr bei ihrer Frage um etwas ganz Anderes ging.
Wie erzählt man eine Geschichte vom Zwilling aus?
Die Twins sind seit neun Wochen jetzt hier dabei, treten aber immer noch im Doppelpack auf. Also jetzt irgendwann muss mal der Bruch kommen, wo sich der eine in die eine Richtung entwickelt und der andere in die andere Richtung. Weil es sind am Ende des Tages zwei Individuen, erzählt von Brauchitsch dem Kameramann und behauptet gegenüber den Twins: Die Geschichte vom Zwilling ist halt irgendwie auserzählt.
Nun hat GNTM es in 18 Jahren geschafft, absurde Dinge völlig logisch erscheinen zu lassen. Zum Beispiel, dass man nur Model werden kann, wenn man sich nackt, auf einem Hochseil oder mit Tieren auf dem Kopf fotografieren lässt. Auch die Zwillingsstory, die von Brauchitsch Julian und Luka da auftischt, klingt zunächst völlig logisch, ist im Tageslicht betrachtet aber natürlich völliger Unsinn.
Denn was sollen die beiden denn machen? Plötzlich nicht mehr Zwillinge sein? Oder soll einer der beiden Heidi Klum heiraten, weil das Zwillinge nun mal so machen, um in der Medienwelt Aufmerksamkeit zu bekommen? Und warum sollte eine Geschichte, in der Luka und Julian weiterhin Zwillinge sind, die sich gut verstehen, weniger spannend sein? Es ist schade, dass von Brauchitsch so ein Bild von Journalismus für die Zuschauer zeichnet und irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass von Brauchitsch das selbst gar nicht so recht glaubt.
Aldin empört: "Junge, was laberst du grad eigentlich?"
Denn als Aldin, Maximilian und Dominic an der Presse-Teaching-Reihe sind, scheint es so, als wolle von Brauchitsch gar kein Medientraining machen, sondern einfach ein bisschen Stunk anzetteln. "Was unterscheidet eure Vorstellung von der von Aldin?", fragt von Brauchitsch Dominic und Maximilian, nachdem die drei sich einzeln vorgestellt haben. "Ich glaube, der Aldin achtet sehr auf Perfektion. Er achtet viel auf sich, was kein Problem ist, aber ich glaube, er könnte sich so ein bisschen mehr auf sich selbst konzentrieren", beginnt Dominic, verheddert sich dann aber in seinen eigenen Gedanken, sodass von Brauchitsch sagt: "Ich hab überhaupt gar nicht verstanden, was du mir gerade gesagt hast, Dominic."
Eigentlich kein Problem, so etwas passiert ständig und überall, aber mit ein bisschen dramatischer Hintergrundmusik klingt so eine simple Nachfrage in einer Presse-Teaching-Folge einer Model-Casting-Show so, als habe Dominic gerade ein paar Hunde-Welpen geschubst oder Heidi Klum gesagt, sie sei langweilig. Immerhin ist Dominic so schlagfertig, zu sagen: "Ja, ich auch nicht." Aldin nimmt die Sache glücklicherweise mit genau dem Humor, den sich die Produktion von so einer Presse-Teaching-Folge erhofft: mit gar keinem. "Ich dachte mir nur: Junge, was laberst du grad eigentlich?"
Na, Unsinn natürlich! Schließlich sind wir hier bei "Germany’s Next Topmodel und da wird aus so einer Verhaspelei und ihrer Aufarbeitung Sendezeit gemacht. Denn Dominic will die Sache im Nachgang mit Aldin besprechen, stößt aber auf verhärtete Fronten. "Ich hab tatsächlich keinen Bock grad, darüber zu reden", hat Aldin so schnell kein Bock-Fenster offen, erkennt aber die Gelegenheit, aus einer harmlosen Situation grundsolides Trash-TV zu machen: "Ich hasse dich nicht, ich hab auch kein Problem mit dir. Du existierst für mich halt jetzt so, aber krass bonden werden wir jetzt nicht mehr." Das mit dem krass Bonden wird zwischen Aldin und Dominic also vorerst nix und wenn die beiden jetzt noch nicht langweilig sind, haben sie in dieser Folge alles richtig gemacht.
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