Achtung, Überraschung: In der jüngsten Folge von "Germany's next Topmodel" wird mal wieder gezickt. Nur: Wer was gesagt hat und wer nicht, ist nicht so ganz klar. Vollkommen egal, denn ProSieben hat ein Allheilmittel gegen Langeweile in seiner Show: Minderjährige in Unterwäsche.

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Willkommen bei "Sherlock Klum und Dr. Hayo ermitteln". Ein brisanter Fall steht in dieser Woche bei "Germany's next Topmodel" an: Es geht um Schlampen, Huren und ja, sogar angedrohte Körperverletzung. Die beiden Hauptverdächtigen: Varisa und Laura, zwei besonders fiese Halbwüchsige, die anstatt sich einmal ordentlich satt zu essen, lieber einander das Leben zur Hölle machen. Womit wir die zwei Stunden Sendezeit der vergangenen Folge von GNTM relativ treffend zusammengefasst hätten. Denn die meiste Zeit verbringt ProSieben mit dieser Teenager-Seifenoper, die darin gipfelt, dass Heidi Klum eine nach der anderen ins Verhör nimmt. Das Ergebnis: Die hat gesagt, dass sie das gesagt hat, hab ich von der gehört, die das gesagt hat. Kommt Ihnen bekannt vor? Genau, so klingt das Alltagsleben eines Teenagers. ProSieben hat daraus eine TV-Show gemacht. Die setzt sich im Prinzip aus nur zwei Elementen zusammen: halbnackte Minderjährige und halbnackte Minderjährige, die sich anzicken.

Als erstes müssen sich die Mädchen in der aktuellen Folge von GNTM bei einem Fotoshooting als Footballerinnen beweisen. Natürlich in den traditionellen Trikots dieses Sports. Hotpants und irgendwas mit durchsichtigem Netzstoff. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Jüli etwa, deren Eltern sich bei der Namensgebung offenbar nicht zwischen einem Sommermonat, einer französischen Schauspielerin und ihrem liebsten Spülmittel entscheiden konnten, schaut beim Shooting, als versuche sie, binomische Formeln zu lösen. Die Betonung liegt auf "versuchen". Der Rest zieht die Miene, die man eben so zieht, wenn drei Anabolika-gestählte Typen einem am Hintern fummeln während ein irrer Fotoassistent pausenlos Staub in die Luft wedelt. Daneben steht Toni Garrn, den Frauen als Topmodel, den Männern als eine der blonden Ischen von Leonardo DiCaprio ein Begriff, auch noch irgendwie rum. Natürlich weit abseits von Anabolika und Staubwolke.

Das ist auch besser für sie, dazwischen wird wieder gezickt. Beziehungsweise: eigentlich sieht man immer nur Laura, die sich darüber beschwert, dass Varisa alle als Schlampen bezeichnet. Und das bei der Jury petzt. Die unternimmt aber nichts. Warum auch. Wie sagt schon das Sprichwort: Alles Schlampen außer Mutti. Aber mal im Ernst, liebe Laura, damit auch du das begreifst: Das ist das Konzept dieser Show. Mädchen, die sich anschreien und an den Haaren ziehen. Am besten halbnackt. Womit wir wieder beim zweiten Sendeschwerpunkt wären.

Was man als Model eben so macht

Fünf Mädchen dürfen nach Neuseeland. Ein Unterwäsche-Shooting steht an. Welche Überraschung! Für Heidis neue Dessous-Linie "Intimates". Kreisch! Hätten die Mädchen die Wäsche des Topmodels vorher gesehen, die Begeisterung wäre überschaubarer ausgefallen. Damit sich die Nachwuchsmodels auf diese Aufgabe mental vorbereiten können, müssen sie erst einmal von einem Hochhaus springen. Ja, richtig gelesen. Was man eben als Model so macht. Hungern, sich erbrechen, vom Wolkenkratzer springen. Und weil sich die erste weigert, stößt man die heulende nächste einfach ohne Vorwarnung runter. Ist schließlich schon bezahlt.

Danach werden die Beine rasiert. "Denn nur wer sich perfekt vorbereitet ...", faselt Heidi Klum aus dem Off dazu. Großaufnahme vom Rasierer. Großaufnahme vom Bein mit Rasierer. Großaufnahme vom Rasierer in der Packung. Klingt wie Werbung, sagen Sie? Und Gillette ist Sponsor der Sendung? Stimmt. Zufall? Natürlich nicht. ProSieben hat es tatsächlich geschafft, einen Werbeblock direkt in GNTM zu platzieren. Und wiederholt das gleiche Spielchen mit einer ausgiebigen philosophischen Diskussion zum Kosmetikhersteller Maybelline. Der wird immerhin 100 Jahre alt. Interessiert Sie nicht? Zu Recht.

Schönes Gesicht - nur der Körper will nicht recht

Die Folge endet wie immer auf dem Laufsteg. Quälend lange Minuten, beziehungsweise fast eine ganze Stunde der Show, in der jungen Mädchen erklärt wird, wie sie laufen sollen. Vor zehn Jahren hätte niemand ernsthaft daran gedacht, dass daraus mal ein abendfüllendes Format werden könnte. Highlight: Eine 17-Jährige bekommt zu hören, dass sie ein wunderschönes Gesicht hat, "ihr Körpergefühl aber weit hinterher hängt". Was würde jeder vernünftige und mitfühlende Mensch nun tun, wenn einem Mädchen in der schwierigsten Zeit seines Lebens solche Worte an den Kopf geworfen werden? Genau, noch tiefer in der Wunde bohren. Wie Heidi Klum, die Jüli, so der Name der Körpergefühllosen, mitteilt, dass sie beim Casting den schlechtesten Körper hatte. Also genau das, was man als 17-Jährige hören will. Mission erfüllt, die Magersucht für die nächsten 20 Jahre ist garantiert.

Aber eines galt es doch noch zu klären. Genau, was wurde eigentlich aus Laura, Varisa und dem "Die hat gesagt, dass sie das gesagt hat, hab ich von der gehört, die das gesagt hat"-Rätsel? Nichts. So einfach ist das. Man wird es nie erfahren. Sherlock Klum löst das Rätsel auf ihre Art: "Lasst uns nicht mehr darüber nachdenken", sagt sie. Und schickt Varisa nach Hause.

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