Queerness ist im Mainstream angekommen: Mit der bisexuellen Bachelorette Stella Stegmann bricht RTL erstmals mit dem heteronormativen Format und rettet die Show damit vor der Bedeutungslosigkeit.
Zuletzt stand es nicht gut um die "Bachelor"-Formate von RTL. "Die Bachelors" erreichten trotz doppelter Manneskraft dieses Jahr einen Quoten-Tiefpunkt. Und die neue Staffel der "Bachelorette" zeigte RTL vorsichtshalber fast ausschließlich auf dem hauseigenen Streamingdienst (neue Folgen immer montags auf RTL+). Doch nun scheint sich das Rosenblatt zu wenden.
Gezwungen, in neue Richtungen zu denken, hat RTL die bisher so felsenfest stehenden, heteronormativen Grenzen des Formats gesprengt und mit
Wie unterschiedlich flirten Frauen und Männer?
Trotzdem lässt sich in der Sendung nun erstmals das unterschiedliche Datingverhalten von Männern und Frauen im Kampf um eine Frau beobachten. Da prallt männliches Imponiergehabe, das etwa Fitness-Manager Markus (32) in jeder Folge an den Tag legt, auf weibliche Zurückhaltung, die Sozialarbeiterin Leila (27) in der neuesten Folge einen unschlagbaren Vorteil einbringt. Die hat als einzige nun ein geheimes Handy ausgehändigt bekommen, über das sie mit Stella schreiben kann. Auch solche Ausnahmen gab es zuvor noch nie in der Show.
Eine weitere Spannungsebene macht die gemischte Villa aus. Theoretisch könnte sich dieses Jahr auch dort ein Paar finden. Immerhin verbringen die Teilnehmenden wesentlich mehr Zeit miteinander als mit der Bachelorette, Fans von "Princess Charming" kennen das Problem. So flirteten Rapper Ferry (29) und Servicemitarbeiterin Emma (21) schon so heftig miteinander, dass es zum entzündlichen Gesprächsthema in der Villa wurde. Und auch zwischen den Frauen könnte sich etwas entwickeln. Dass die nicht voneinander abgeneigt sind, zeigten Emma und Zahnarzthelferin Akosua (21) zuletzt eindrücklich an der Poledance-Stange.
Stella bringt Wertekonzepte ins Wanken
Gut, dass Hauptperson Stella kein Problem mit Eifersucht hat. Sie betonte von Anfang an, dass sie sich auch eine offene Beziehung vorstellen kann und brachte manches Wertekonzept der Männer (ausschließlich der Männer) damit ins Wanken. Überhaupt ist es interessant zu beobachten, wie unterschiedlich der Wissensstand von queeren Frauen und (vorwiegend) heterosexuellen Männern ist, wenn es um Themen wie Beziehungsformen und Sexualität geht. Während die Queers sofort wissen, was mit Begriffen wie Polyamorie und Pansexualität gemeint ist, können manche der Herren noch nicht mal das Wort "Heteronormativ" aussprechen (Martin, 35: "Heteronormal?").
Tatsächlich sollen die Männer nicht gewusst haben, dass dieses Jahr auch Frauen zur Konkurrenz gehören, wie RTL gegenüber spot on news auch bestätigte. Die Ankunft der Konkurrentinnen war für alle ein Schock, der bei manchen zu interessanten Kurzschlüssen geführt hat: Soldat Bennett (27) erklärte die Staffel aufgrund der Teilnehmerinnen sogleich zur "Staffel der Political Correctness" und stellte klar, dass er sich dafür nicht beworben habe. Lange musste er sich nicht damit herumschlagen, Stella wählte ihn in der ersten Nacht der Rosen heraus. Bennett war es auch, der nach einer eskalierten Diskussion zum Begriff "geisteskrank" behauptete, dass es mit heterosexuellen Frauen keinen Streit gegeben hätte. Als Zuschauerin hat man eher das Gefühl, dass er das Problem war. Die Stimmung in der Villa ist seit Bennetts Rauswurf jedenfalls empathischer, lockerer und offener als in den reinen "Bro-Villen" zuvor.
Auch einige Männer zeigen sich bi-interessiert
Stichpunkt locker - auch hier hilft die neue Queerness der Show. Ohne Stellas Bisexualität als Dauerthema wäre Ferry vermutlich nicht dazu gekommen, sich ebenfalls als bi-interessiert zu outen. Und dass Marketingmanager Erik (30) in einer reinen Männervilla als "Leutnant Sexy" mit einer Peitsche am Pool getanzt und zugegeben hätte, dass er seine devote Seite gerne mehr erkunden würde, bleibt auch zu bezweifeln. Dass auch Stella wenig mit stereotypisch männlichen Attributen anfangen kann, zeigt sich am derzeitigen Favoriten, Sales-Manager Devin (28). Der entspricht von allen Männern am wenigsten dem typisch maskulinen Typ - und hat zur Halbzeit der Show den ersten Kuss bekommen. So kann Mann noch was lernen: Zum Beispiel, dass es durchaus erfolgsversprechend ist, weniger auf gespieltes Selbstbewusstsein zu setzen und mehr auf ehrliche Gefühle und Unsicherheiten.
Auf Social Media sorgen all diese Komponenten für ein neu entflammtes Interesse an dem Format. So bekommen Reaction-Videos, wie etwa von YouTuberin Silvi Carlsson, zu den jeweiligen Folgen in einer Woche mehr als 100.000 Aufrufe. Zum Vergleich: Ein Video aus dem Jahr 2022 vom offiziellen Bachelorette-Kanal hat in zwei Jahren nicht mal 90.000 Views gesammelt. Das neu entflammte Interesse bestätigte auch RTL gegenüber spot on news: "Im Vergleich zur letzten Staffel konnten wir eine deutlich höhere Aktivität feststellen, die sich insgesamt in einem höheren Social Buzz widerspiegelt."
Vielleicht hätte sich der Sender schon früher eine bisexuelle Bachelorette suchen sollen - denn unterhaltsamer, spannender und liebevoller war das Format nie. (mia/spot) © spot on news
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