Abschießen oder nicht? Auf der Basis des Filmes "Terror" diskutiert Frank Plasberg mit seinen Gästen, ob eine entführte Passagier-Maschine durch die Bundeswehr beschossen werden darf, sollte sie ein mutmaßliches Terrorziel haben. Das Ergebnis der Zuschauer ist eindeutig, das in der Runde nicht. Es zeigt das Dilemma.

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Was ist das Thema?

In der ARD läuft zur Prime Time der Film "Terror". Er handelt von einer fiktiven Gerichtsverhandlung, angeklagt ist der Bundeswehr-Major Lars Koch alias Florian David Fitz. Der Luftwaffen-Pilot, den er spielt, schoss in diesem Fall mit einem Eurofighter-Kampfjet eine Lufthansa-Maschine ab, die gekapert von einem Terroristen, wohl das Attentatsziel Allianz Arena bei München hatte.

164 Menschen starben, Tausende sollen gerettet worden sein. Doch im Film kann nicht eindeutig geklärt werden, ob der Airbus im Fußballstadion eingeschlagen wäre. Die Frage ist, ob der Bundeswehr-Major des mehrfachen Mordes schuldig wäre oder nicht, die Zuschauer dürfen abstimmen – 86,9 Prozent plädieren auf nicht schuldig. Frank Plasberg diskutiert dieses eindeutige Resultat in seiner Runde.

Wer sind die Gäste?

Franz Josef Jung, CDU, ehemaliger Bundesverteidigungsminister. Er befindet den fiktiven Kampfjet-Piloten für nicht schuldig. "Habe ich die Chance, die Menschen im Stadion noch zu retten?", sagt der ehemalige Minister. "Das ist die entscheidende Frage. Über den übergesetzlichen Notstand ist der Pilot freizusprechen."


Jung spricht sich für die Möglichkeit eines Abschusses aus, was der Bundestag einst auf eigene Anweisung hin beschloss, das Bundesverfassungsgericht aber 2005 kippte. "Ich halte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für nicht richtig", meint Jung und sagt zum fiktiven Fall: "Die im Flugzeug waren dem Tod geweiht. Auch die im Stadion haben eine Menschenwürde."

Gerhart Baum, FDP, Rechtsanwalt, ehemaliger Bundesinnenminister. Der Liberalen-Politiker befindet den fiktiven Piloten für schuldig. "Wer sowas tut, geht gegen ein Grundprinzip der Verfassung vor", sagt er. "Leben darf nicht gegen Leben aufgewogen werden. Wir reden über Artikel 1 des Grundgesetzes auf Menschenwürde und Artikel 2 über den Schutz des Lebens.

Mit dem Grundgesetz haben wir den Verfassungsauftrag, die Menschenwürde zu schützen." Die Zuschauer seien verleitet worden durch die Anlage des Stückes, meint er. Mit dem Piloten habe man Mitgefühl. Es gehe aber "um ein tragendes Prinzip unserer Verfassung. Der todgeweihte Mensch ist auch noch zu schützen".

Thomas Wassmann, ehemaliger Kampfjet-Flieger der Bundeswehr. Nicht schuldig, lautet sein Urteil. Er spricht sich für seine einstigen Kollegen aus. "Wir wollen Rechtssicherheit für die Betroffenen. Die Politik lässt den Piloten im Stich", sagt er. "Es hat zehn Jahre gebraucht, um das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Das ist der eigentliche Skandal."

Die Frage sei, ob die Verfassung alles abdeckt, sagt er. Es ist die zweite polarisierende Diskussion an diesem Abend, - ob das Grundgesetz Deutschland vor diesem Terrorismus noch hinreichend schützt. "Wir verteidigen unsere Sicherheit am Hindukusch, vielleicht sollten wir beginnen, unsere Sicherheit auch in der Bundesrepublik Deutschland zu verteidigen."

Petra Bahr , Theologin, designierte Regionalbischöfin in Hannover. "Gute Juristen wissen, dass das Recht an Grenzen kommt. Der Major hat Schuld auf sich genommen, um noch mehr Menschen zu retten", sagt sie und verweist auf den berühmten früheren Theologen Dietrich Bonhoeffer, der dies früher bereits gerechtfertigt habe.


Bahr zieht einen markanten Vergleich zum Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg, an den Schauspieler Fitz als Major Koch erinnere. Bahr: "Wir haben sofort den Eindruck: Das ist ein Held." Einem eindeutigen Urteil geht sie aus dem Weg.

Was war das Rede-Duell des Abends?

Baum gegen Jung, der FDP-Politiker gerät regelrecht in Rage. Er schildert Jung, dessen Regierung einst den Gesetzesvorschlag durch den Bundestag brachte, dass er und Unterstützer einst eine Unterlassungsklage gegen den ehemaligen Minister erwogen hätten. Ihre Positionen könnten nicht weiter auseinander liegen. Als Zuschauer mag man sich wünschen, die aktuellen Parlamentarier würden das Thema nochmal ebenso herzhaft ausdiskutieren.

Was war der Moment des Abends?

Die ARD zeigt einen Einspieler, der wie ein Randaspekt wirkt, aber das Dilemma erklärt. Wer bei einem Entführungsfall durch Terroristen über deutschem Luftraum tatsächlich Befehle geben würde, konnte oder wollte demnach niemand beantworten. Der Zuschauer bleibt verunsichert zurück: Sind wir tatsächlich so verwundbar?

Plasberg gibt zu Bedenken, dass selbst bei einem Bundestagsmandat die Parlamentarier in Berlin zu lange bräuchten, um für eine Entscheidung zusammenzukommen. Plasberg: "Lösen wir das dann in einer WhatsApp-Gruppe?"

Wie hat sich Plasberg geschlagen?

Hervorragend. Als es zur Schalte in die Schweiz geht, wo der Film auch gezeigt und ausdiskutiert wurde, sagt er: "Die Schweiz macht Volksentscheide gefühlt alle zwei Sonntage." Er kitzelt den Schweizer Moderator, dieser antwortet: "Die meisten Schweizer und Schweizerinnen sind stolz auf diese Volksrechte."

Plasberg ist sehr direkt, will Urteile hören, sagt zur unsicheren Bahr: "Sie müssen doch moralisch unterscheiden können." Jung spricht er auf eine Szene im Film an, in der der Major gefragt wird, ob er die Maschine auch abgeschossen hätte, wäre seine Familie drin gesessen. Plasberg: "Haben sie sich diese Frage als Minister auch gestellt?"

Was ist das Ergebnis?

Einen egoistischen einem selbstlosen Täter vorzuziehen ist nicht Ziel unseres Zusammenlebens, heißt es im fiktiven Gerichtsurteil. "Er wollte die Menschen im Stadion retten. Er wählte das kleinere Übel. Deswegen trifft ihn kein strafrechtlicher Makel." Was bleibt: Unser Recht ist nicht in der Lage, jede Frage moralisch einwandfrei zu lösen. "Das Gesetz, die Verfassung und die Gerichte ließen ihn alleine."

Es sind die Fragen, die es in der Realität dringend zu klären gilt: Ist unsere Verfassung hinreichend aktuell? Wer würde die Entscheidung über Abschuss oder Nicht-Abschuss treffen? Würden die Bundeswehr-Piloten letztlich tatsächlich alleine gelassen?

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