Was machen die Deutschen so im Bett? Bringen sie Fußballspiele oder Dekolletés mehr in Wallung? Die neue RTL-Show "Hartwichs 100! Daniel testet die Deutschen" geht diesen Fragen mit Verhaltensexperimenten nach. Die Idee klingt gut, wird aber von zu vielen Klischees und Teenie-Humor zunichte gemacht.
Mit neun Experimenten möchte Moderator
Was sich als spaßige Sozialstudie präsentiert, entpuppt sich schnell als eine Mischung aus "Verstehen Sie Spaß?", "Galileo" und Eigenwerbung von RTL. Von den vorab angekündigten "provokanten Fragen" war jedenfalls wenig zu spüren. Oder wären Sie schockiert, wenn Sie wüssten, wie viele Deutsche vor dem Einschlafen lesen?
RTL macht Werbung für RTL
Damit das Ganze nicht zu bieder wirkt, würzt Daniel Hartwich die Show mit viel Teenie-Humor. Kostprobe: "Ich dusche täglich mit zwölf heißen Playboy-Hasen. Und dann wache ich auf und gehe ins Bad." In Sachen Schlagfertigkeit wird der Moderator von so manchem Experimentteilnehmer überboten. Was ihn dennoch sympathisch macht, ist seine Selbstironie. "Eine Show, die meinen Namen trägt, wird nach wenigen Wochen abgesetzt", witzelt er.
Beim Experiment "Wie viele von 100 Menschen schimpfen und coachen beim Fußball?" wird nebenbei Werbung für die EM-Qualifikationsspiele gemacht, die seit vergangenem Jahr von RTL übertragen werden. Auch die Frage "Wie viele von 100 sprechen bei 'Let's Dance' über das Dekolleté von
Noch besser ist natürlich, dass 100 Menschen beim Fernsehen eben jener Sendungen gefilmt werden - Deutschland sieht sich selbst beim Fernsehen zu. Nachdem das TV-Programm hauptsächlich nur noch aus Sendungen zu bestehen scheint, in denen Menschen essen oder einkaufen, ist das wohl die konsequente Fortsetzung.
"Frauen sind zu verwirrt beim Autofahren"
Doch sich selbst im Spiegel zu betrachten, ist nicht immer schön. Gerade beim Fußball greifen die Zuschauer ganz tief in die Klischeekiste. Auch die blonde Mädchenclique schaut wohl nur aus Pflichtgefühl das Spiel – mit Fachwissen glänzt sie jedenfalls nicht. "Ballkontake? Ich habe Balkon-Takte verstanden", sagt eine von ihnen.
Beim Thema Autofahren wird mal wieder die leidige Geschlechterfrage diskutiert. Immerhin 21 von 100 Menschen sagen, dass sich Männer am Lenkrad geschickter anstellen. Frauen seien eben "zu verwirrt beim Autofahren", erklärt ein Befragter.
Es fehlt nicht an Pipi-und Popo-Geschichten, hihi und hoho, aber "wir sind halt RTL", entschuldigt sich Hartwich. Ein Studiokandidat erzählt von seinem Toiletten-Erlebnis mit Schauspieler Ben Becker, die Brüste von Motsi Mabuse werden mit "Bäng Bäng"-Schrift übertitelt.
Was der Show dennoch Charme verleiht, sind die kleinen Momente, die kleinen Schwächen im Leben jedes Menschen: Wir machen uns gern ein paar Kilo leichter, wenn wir nach unserem Gewicht gefragt werden. Ein Paar liegt vor dem Einschlafen zusammen im Bett und spielt mit dem Handy. Wir lassen uns eine einzige Kartoffel für zwei Euro aufschwatzen, wenn sie uns nur fantasievoll genug angepriesen wird. Solche Geschichten erzählen mehr als jede Zahl und Statistik.
Daniel Hartwich mimt den Ehebrecher
Daniel Hartwich hat am Ende noch einen Sonderauftritt. Mit glatt gegeltem Haar und Goldrand-Brille, spielt er am Flughafen den Lockvogel. Die dort Wartenden bittet er, am Urlaubsort eine Postkarte für seine Frau einzuwerfen, während er sich mit der schönen Geliebten in Paris vergnügt. Falls Sie es auch einmal versuchen wollen: Fast jeder Fünfte ist dazu bereit. Die gute Idee zerstört Hartwich danach aber fast mit einem unvermeidlichen Wortspiel: "Viele haben mich gedeckt, damit ich jemand anders decken darf."
Von den 100 Studiokandidaten gewinnt am Ende eine Polizistin das Preisgeld von 10.000 Euro und darf im obligatorischen Goldregen stehen. Drei weitere Folgen soll es von "Hartwichs 100!" noch geben, nächsten Freitag geht es weiter. In der Vorschau wird schon verraten, dass es auch diesmal wieder um pralle Dekolletés gehen wird - "Wir sind halt RTL."
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