Nach seinem Drogentrip in der vergangenen Woche bleibt RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff am Schauplatz Gehirn. Doch in der gestrigen Folge von "Das Jenke Experiment" geht es nicht um Sucht, sondern um Suche. Nämlich um die Suche nach der eigenen Erinnerung. Um Demenz.
Vergangene Woche schmiss sich RTL-Selbsterfahrungsreporter
Der gesellschaftliche Auftrag
1,6 Millionen Deutsche leiden unter Demenz, so von Wilmsdorff. 2050 wird sich die Zahl der Demenzpatienten laut Bundesministerium für Gesundheit auf über drei Millionen verdoppelt haben. Außerdem "gibt es, was ich gar nicht wusste, sehr sehr junge Menschen, die an Demenz erkranken", fügt von Wilmsdorff den Zahlen hinzu.
Ohne eine Einordnung dieser Zahlen klingt das natürlich furchtbar, und so erkennt von Wilmsdorff seine, unsere Pflicht, "sich mit dem Thema auseinanderzusetzen". "Welche Schicksale verstecken sich dahinter, was bedeutet es, dement zu sein – für die Betroffenen und für die Angehörigen", das ist es, was von Wilmsdorff mit seinem Selbstexperiment zeigen will. Und dazu will er hautnah erleben, wie es ist, dement zu sein.
Das Experiment
Hypnosetrainer Daniel Borschel versetzt dazu Jenke von Wilmsdorff für einen Tag in einen demenzähnlichen Zustand. Eine Stunde lang redet der Trainer auf den Reporter ein, arbeitet in dessen Unterbewusstsein daran, dass von Wilmsdorff "den Raum der Erinnerung" verlässt. Mit Erfolg: Nach dem Aufwachen fühlt sich von Wilmsdorff kraftlos, alles um ihn herum kommt ihm dumpf vor.
Und tatsächlich scheint sein Erinnerungsvermögen außer Kraft gesetzt zu sein. Als er auf die Frage nach dem aktuellen Datum keine Antwort geben kann, kommen ihm die Tränen. Borschel wird die Hypnose mehrfach an diesem Tag durchführen, so dass von Wilmsdorff zwar seine normale Arbeit verrichten, sich sonst aber an Vergangenes nicht erinnern kann.
Die Durchführung
Ohne eine zumindest einigermaßen wissenschaftliche Begleitung wäre "Das Jenke-Experiment" natürlich nicht viel mehr als irgendein Selbsterfahrungstrip. Deshalb erklärt Demenz-Forscher Professor Christian Haas von Wilmsdorff und dem Zuschauer erst einmal die Grundlagen: Was ist eine Alzheimer-Demenz, was findet in den Gehirnen der Betroffenen statt und so weiter.
Die Theorie ist kurz und knackig, für alle, die ein bisschen mehr über die Vielschichtigkeit von Demenz, Behandlungsansätze, Prävention, Informationsstellen, Ursachen, etc. wissen wollen, ein bisschen zu knackig. Für den praktischen Teil zieht von Wilmsdorff für fünf Tage in eine Demenz-WG, besucht den einzigen Kinderdemenz-Patienten Deutschlands, spricht mit Angehörigen.
Die Erkenntnis für den Zuschauer
"Ich habe echt Angst, ich bin ein sehr vergesslicher Mensch, dass ich irgendwann alles vergesse. Ich habe riesigen Bammel davor." Mit diesen Worten steigt von Wilmsdorff in die ersten Minuten seines Experiments ein und er wird diesen emotionalen Weg fast die ganze Zeit über nicht verlassen. Ständig ist von Furcht und Angst die Rede.
Das ist für eine Reportage, die erst einmal nur aufklären will, zumindest bemerkenswert, versetzt es den Zuschauer doch von Beginn an in eine bedrückende Stimmung. Aber das passt zu von Wilmsdorff, das passt zu RTL, damit muss man klarkommen. Demente Seniorinnen, die Udo Jürgens' "Mit 66 Jahren" schmettern, sanfte Klavierklänge zu Erinnerungsvideos, weinende Angehörige – es menschelt beim "Jenke-Experiment" an jeder Ecke.
Wie es ist, dement zu sein, und das war ja sein Ziel, das bringt von Wilmsdorff mit dieser emotionalen Darstellung und natürlich seinem Selbstversuch gut an den Zuschauer. Das Anderssein, die Hilfslosigkeit und auch die Belastung der Angehörigen – das alles ist greifbar.
Aber, und das ist das wirklich Bemerkenswerte am gestrigen "Jenke-Experiment": Von Wilmsdorff schafft es bei der ganzen bedrückenden Emotionalität auch, die Hoffnungsstreifen zu zeigen. Den Gründer von Demenz-WGs, das Gemeinschaftsgefühl und die Lebensfreude der Bewohner, die leisen Momente zwischen Angehörigen und Betroffenen.
Von Wilmsdorff gibt sich redlich Mühe, so viel wie möglich in sein Experiment zu packen. Zieht man dabei einmal die zwei Zentner RTL-Überemotionalität ab, bekommt man doch ein ganz gutes Bild, was Demenz bedeuten kann. Ein entscheidender Satz fällt dabei fast unter den Tisch und stammt von Professor Haas: "Man muss nur alt genug werden, dann kriegt man die Krankheit schon. Viele Leute sterben einfach vorher."
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