Seit 14. April ist der Historienfilm "The King's Choice – Angriff auf Norwegen" in Österreich als DVD, Blu-ray und "Digital HD" erhältlich. Wir haben Karl Markovics, der darin in einer Hauptrolle brilliert, dazu befragt. Auch zur heimischen Politik äußerte sich der Schauspieler - und appellierte an die Menschlichkeit.
Als Oslo im April 1940 angegriffen wird, flieht Norwegens König Haakon VII. und wird von deutschen Fallschirmjägern verfolgt. Währenddessen versucht der deutsche Gesandte Curt Bräuer verzweifelt, einen Waffenstillstand zu erreichen. Der König steht vor einer schweren Entscheidung: Soll er vor den übermächtigen Deutschen kapitulieren oder sein Land im Krieg versinken sehen?
"The King's Choice" greift die historischen Ereignisse im April 1940 auf, als die deutsche Wehrmacht mit der Invasion auf das bis dato neutrale und unvorbereitete Norwegen beginnt. In dem vom Regisseur Erik Poppe inszenierten Historienfilm glänzen die Schauspieler Karl Markovics (Curt Bräuer) und Jesper Christensen (König Haakon VII.) in den Hauptrollen.
GMX.AT: "The King’s Choice" handelt die drei Tage im April 1940 mit unglaublicher Leidenschaft ab. Ist dieses Thema in Norwegen auch heute noch emotional besetzt?
Karl Markovics: Mich hat erstaunt, dass es darüber noch keinen norwegischen Film gab. Für uns ist das besonders verwunderlich, da wir in Österreich und Deutschland ja beinah überfrachtet wurden mit Filmen zur jüngeren Zeitgeschichte. In Norwegen, so sehr das auch nationales Thema war, gab's darüber noch keinen Film. Daher hat es mich auch nicht verwundert, dass er dort so hohe Wellen geschlagen hat.
Sie spielen den deutschen Gesandten Curt Bräuer, der ja buchstäblich zwischen den Fronten agiert. Wie klar war die Rolle bzw. Bräuers Charakter im Vorfeld des Drehs definiert? Und wie viele Freiheiten hatten Sie bei der Umsetzung?
Ich kannte einige biografische Daten, die waren natürlich wichtig. Im Grunde ist aber nicht viel über den Menschen Curt Bräuer bekannt. Es gab also eine gewisse Freiheit der Autoren, die ich mir zueigen gemacht habe. Ich spreche ihn somit auf meine ganze eigene Art. Und Raum für Improvisation war bis zu einem gewissen Grad da – vor allem in Sachen Bewegungsdramaturgie, da der Film mit der Handkamera gedreht wurde. Heißt, wir haben bis zu 15 Minuten am Stück gedreht, was die Freiheit schafft, sich im Raum zu bewegen und choreografisch zu improvisieren.
Ich mag das sehr, weil es mir sehr entgegen kommt. Wenn man nicht festgenagelt ist, spielt man auch nicht festgenagelt.
Bräuers innigster Wunsch war es, eine friedliche Lösung für den Konflikt zwischen Norwegen und den Nazis zu finden. Wollte er Frieden des Friedens wegen, oder waren da andere Triebfedern im Spiel?
Es gibt eine Triebfeder, und die verbirgt er auch nicht. Er will, dass seine Familie sicher ist, und im größeren Sinne entwickelt er daraus eine Staatsidee. Es muss auch die Grundidee eines Staatsmannes sein, die Bevölkerung als Familie zu sehen, deren Leben man schützen möchte. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass die Familie im Film eine große Rolle spielt. Der König ist ununterbrochen im Austausch mit seinem Sohn und der Folgegeneration. Das ist nicht nur Sentimentalität des Regisseurs. Da steckt die Idee dahinter: Worum geht’s im Leben? Was ist menschliche Politik im Gegensatz zu purer Machtpolitik? Was ein offenes Staatsverständnis im Gegensatz zu einem diktatorischen?
War diese Rolle im Vergleich zu jener von Göbbels, den Sie in "Die Geliebte des Teufels" gespielt haben, die für Sie emotional leichtere Übung?
Bei Bräuer konnte ich empathischer agieren, weil er als Mensch leichter nachzuvollziehen ist, und mir in jedem Augenblick auch vorstellen, ebenso so zu handeln. Bei Göbbels musste ich diese Vorstellung natürlich erfinden und entwickeln.
Einige Szenen – vorrangig die kriegerischen – werden von unglaublich dramatischen Klängen untermalt und hinterlassen einen …
… bleibenden Eindruck? Ja, dem großartigen Sounddesign kann man sich nicht entziehen, oder? Es hat mich bei der Premiere in Oslo im Konzerthaus mit zweitausend Leuten förmlich in den Sitz gedrückt.
Warum hat es der Film nicht in die österreichischen Kinos geschafft?
Ich glaube, weil das Publikum mit Filmen aus dieser Zeit inzwischen überfüttert ist, um es flapsig auszudrücken. Grundsätzlich erinnert man sich nicht so gern an diese Zeit, wenn kein ganz neuer Blickwinkel geboten wird. "King's Choice" bietet diesen zwar, aber es ist halt ein norwegischer, für den sich hierzulande vermutlich wenige interessieren.
Sie haben ja bereits zwei Mal für einen Film das Drehbuch geschrieben und selbst Regie geführt – für "Atmen" und "Superwelt". Ist hier wieder etwas in Arbeit?
Ich stecke gerade in der Vorbereitung für einen neuen Film, und er ist auch schon bei den heimischen Förderstellen eingereicht. Hier hoffe ich schon bald auf eine positive Entscheidung. Sollte es die geben, dann möchte ich noch heuer mit dem Drehen starten. Mehr verraten kann ich leider noch nicht.
Sie meinten einmal in einem Interview, dass Sie keine Agentur hätten. Ist dem noch immer so?
Ich hab' ein Telefon. Das klingt jetzt zwar ein bisschen kokett, aber wenn man jemanden erreichen will, erreicht man ihn auch. Ich verstehe es aber auch als eine Art luxuriösen Filter, den ich mir leiste. Zwar komme ich so vielleicht um einige Angebote, aber jene, die mich wirklich erreichen möchten, erreichen mich auch. Zudem kann ich so davon ausgehen, dass ich als einer von wenigen in Frage kommenden angerufen werde. Das macht's für mich auch angenehmer und klarer – und das sind oft auch die lohnenderen Projekte.
Bekommen wir Sie heuer noch in einem neuen Film zu sehen?
Anlässlich ihres 300. Geburtstags hat Robert Dornhelm den ORF-Event-Zweiteiler "Maria Theresia" inszeniert, in dem ich den Prinz Eugen spiele. Der soll kurz vor Weihnachten, also noch im Jubiläumsjahr, ins Fernsehen kommen.
Noch kurz zur politischen Situation in Österreich. Wie stehen Sie eigentlich zum Rechtsruck, den unser Land, unsere Regierung im Zuge der Flüchtlingskrise vollzogen hat? Ist der vor dem Hintergrund der Zahl an Flüchtlingen, die hierzulande bereits aufgenommen wurden, opportun? Oder ist das schon politisches Versagen?
Ich bin immer vorsichtig mit Extrema wie "Versagen". Extremismus ist immer ganz schlecht. Ich persönlich finde aber die "Das Boot ist voll"-Mentalität ganz unsinnig, weil sie impliziert, dass es einen Punkt gibt, ab dem Menschlichkeit keine Rolle mehr spielt.
Klar gibt es Machbarkeitsgrenzen, aber der Reflex, dass etwas nicht mehr geht, ist bei uns immer enorm schnell da. Schon am Beginn der Flüchtlingswelle hat es seitens der Gemeinden geheißen, sie könnten niemanden aufnehmen. Mit der Hilfe von Christian Konrad, dem einstigen Flüchtlingskoordinator, wurde dann aber rasch klar, dass dem nicht so ist. Von diesen reflexartigen Abwehrhaltungen muss man abkommen.
Aber die Rolle der EU ist hier schon eine unglückliche, oder?
Mich nervt die EU auch, aber deswegen ändere ich doch meine grundsätzliche Haltung nicht.
Es ist schlichtweg kurios, dass in Krisenzeiten Opfer zu Tätern gemacht werden. Jene, die um ihr Leben rennen, sind plötzlich schuld an ihrem eigenen Elend. Gerade wir sollten wissen, wohin so etwas führen kann.
Auch die Diskussion um die Mindestsicherung ist schlichtweg erbärmlich. Jene, die am wenigsten haben, werden wie Schmarotzer behandelt. Gleichzeitig haben wir aber kein Problem damit, mit Milliardenbeträgen Banken zu retten. Ich geb' Jean Ziegler völlig recht, wenn er sagt, dass es eine Revolution der Menschlichkeit geben muss, da sonst unsere Welt vor die Hunde geht.
Und Angst vor dem Ergebnis der nächsten Nationalratswahl haben Sie nicht?
Ich bin kein Politiker, und ich muss nicht auf Wahlen schauen. Ich überlege also nicht, wie es ist, in der Haut eines Kanzlers zu stecken. Das enthebt mich aber nicht der Pflicht, mich meinem Gewissen gegenüber richtig zu verhalten.
Treibe ich die Politiker dazu, immer weiter nach rechts zu gehen, und beschneide ich meine eigenen Freiheiten, nur damit ich mich wohler fühle? Oder mache ich mir das Leben vielleicht etwas komplizierter und verzichte auf etwas Wohlstand, damit Menschen ein neues Zuhause bekommen? Wenn man die Utopie aufhört zu denken, dann ist es wirklich vorbei mit einer positiven Zukunft. Dann haben wir uns aufgegeben.
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