- "The Kelly Family – Die Reise geht weiter" entwickelt sich zum Psychotrip.
- Wer nur eine nostalgisch-romantische Familiendoku erwartet hatte, war schon beim Auftakt der RTLZWEI-Sendung eines Besseren belehrt worden.
- In Folge 2 wird das Dilemma, in dem sich die Kellys lange befunden hatten, noch klarer.
Ein Roadtrip wie eine Gruppentherapie – an einer Stelle der RTLZWEI-Doku "The Kelly Family – Die Reise geht weiter" sagte es Johnny Kelly (55) selbst: "Das Gefühl war: Wir waren in einer Therapiestunde, alle zusammen, und jetzt – raus damit und in die Sonne!" Kurz zuvor waren er und seine Geschwister Caroline (63), Kathy (61), Paul (58), Patricia (53), Jimmy (51) und Joey (49) zum 5,5 Hektar großen Anwesen East Grove nahe der irischen Hafenstadt Cobh gereist, wo die Familie Mitte der 90er-Jahre eine Weile gelebt hatte und an das sie schlimme Erinnerungen hatte.
Doch bevor es nach Irland ging, war die nächste Station – nach Rom in Folge 1 – zunächst Wien, wo die Kellys in den 1970ern von Zirkusdirektor Bernhard Paul (75) beim Auf-der-Straße-Musizieren entdeckt worden waren. Hier hatten sie später auch das größte Konzert ihrer Geschichte gespielt: Über 250.000 Menschen hatten ihnen 1995 auf der Donauinsel zugejubelt!
The Kelly Family: Den größten Erfolg konnte keiner genießen
Richtig genießen konnten sie den Riesenerfolg nicht, erinnerten sich alle. Es habe viel Druck gegeben und neben der Fanliebe auch Geläster – unter anderem über den Kleidungsstil der Familie. Insbesondere das lange Gewand von Vater Dan (1930-2002) gab viel Anlass zu Häme. Dabei hatte das einen rührenden Hintergrund.
Seine kleinsten Kinder Michael Patrick "Paddy", Maite und Angelo hatten immer am Kleid der früh verstorbenen Mutter Barbara-Ann (1946-1982) gehangen und er habe ihnen mit der "Mapa-Robe" ("Mapa": halb Mama, halb Papa) dieses Rockzipfel-Gefühl weiter ermöglichen wollen. "Der hat einfach alles versucht, was in seiner Macht war, damit's den Kleinen gutgeht", erinnerte sich Patricia.
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"Sie haben mein Herz getroffen"
Es folgten weitere bewegende Momente: Mit dem renommierten Violinisten Professor Thomas Christian (71), der in der Wiener Zeit der damals 13-jährigen Kathy kostenlos Geigenunterricht gegeben hatte, gab sie nun ein kleines Richard-Strauss-Konzert für ihre Geschwister. Die waren zu Tränen gerührt und Kathys Förderer unendlich dankbar: "Sie haben mein Herz getroffen. Danke schön", lobte etwa Patricia schluchzend.
Paul durfte in Wien überdies die erste Achterbahnfahrt seines Lebens erleben ("Never again!"), dann ging die Reise weiter nach Irland, dem Land der Kelly-Ahnen. Hier probierte Patricia ihr erstes Guinness ("Ekelhaft!"). In Dublin bekam Paul einen Hipster-Haar- und -Bartschnitt, man überraschte einen T-Shirt-Verkäufer und Kelly-Fan mit einer Gesangseinlage und erinnerte sich an die Bombendrohungen der IRA, die es damals in Irland gab. Am einschneidendsten aber war schließlich die Bootsfahrt vom Hafen in Chobh zum eingangs erwähnten East Grove House, die alte Wunden aufriss.
Rückkehr ins "Geisterhaus" von Cobh
"Vielleicht kriegen wir's hin, noch mal glücklich zu sein", lautete Johnny zufolge die Hoffnung, die die Familie damals zum Kauf bewegt hatte. Man hatte weggewollt vom Stress. Doch die erhoffte Erholung war ausgeblieben, die Paparazzi hatten sie auch in die irische Idylle verfolgt.
"Als ob man ein Geisterhaus anguckt", fühlte sich Jimmy nun bei der Rückkehr. "Ich krieg' so Bauchschmerzen, wenn ich hier bin." Er sei sicher, dass es in dem Haus spukt. Eine Ansicht, die Schwester Patricia teilt: "Ich hab' die Schritte gehört!", erinnert sie sich an damals. Auch seien viele ihrer Hunde plötzlich gestorben. "Für mich war das Leben hier ein Albtraum", gestand Joey. In der Zeit sei es vielen Familienmitgliedern sehr schlecht gegangen: "Wir haben den Erfolg einfach nicht verkraftet."
Vater Dan Kelly hat "viel Schaden angerichtet"
"Völlig aus dem Ruder gegangen" sei die Balance, erinnerte sich Kathy. Das habe aber ihrer und auch Johnnys Ansicht nach nicht am Haus gelegen. Einiges habe mit der problematischen Vater-Beziehung zu tun, so Patricia: "Er konnte uns nicht loslassen!" Das habe viel Schaden angerichtet. Joey drückte es noch drastischer aus: Der Vater habe "den Respekt vor seinen Kindern verloren." Trotzdem beteuerten beide ihre Liebe zu ihm.
Als zuletzt in Angelos Zimmer noch ein Feuer ausgebrochen war, war der Familie endgültig klar gewesen, dass das Haus ihr kein Glück gebracht hatte. 1999, keine drei Jahre nach dem Einzug, verkaufte sie es wieder. Die Zeitreise empfanden nun alle als reinigenden Prozess: Abends saßen sie musizierend und essend am Hafen vom Cobh, fühlten sich wieder unbeschwert wie kleine Kinder und guckten nach vorn.
(tsch) © 1&1 Mail & Media/teleschau
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