Scharlatan, Opportunist, aufgeblasener Wichtigtuer: Wolfgang Murnberger und Tobias Moretti zeichnen in "Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit" eine löchrige Biographie des Bergfilmers, der sich mit den Nationalsozialisten arrangierte und später gefälschte Tagebücher von Eva Braun an den Mann bringen wollte.
Es ist absolut passend, dass seine Autobiographie den Untertitel "Geschichten aus meinem Leben" trug: Luis Trenker ("Der Berg ruft") war Zeit seines Lebens ein Geschichtenerzähler, ob als Filmregisseur, als Romanautor oder als Vortragender im Fernsehen. Auch im richtigen Leben fabulierte er mitunter gerne – vor allem dann, wenn es seinen Zwecken dienen konnte.
Ein harmloser Märchenonkel war Trenker aber bei weitem nicht. Weil sich die Heimatliebe und eine gewisse Abneigung gegen alles von außen Kommende durch seine Filme zieht, fanden diese viel Anklang bei den Nationalsozialisten. Adolf Hitler war ein Bewunderer von Trenkers Arbeiten, Joseph Goebbels sah seinen Film "Der Rebell" (1932) als "vorbildliches Werk".
Da Trenker Südtiroler war und die Filme gerne in den Alpen spielten, waren auch die Faschisten in Italien höchst angetan – und Trenker leugnete beispielsweise gar nicht, dass sein Film "Condottieri" (1937) faschistische Züge trug.
Trenker als Fälscher
Der Fernsehfilm "Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit" nimmt eine der merkwürdigsten Episoden im Leben Trenkers als Aufhänger für ein Porträt des Mannes: Einige Jahre nach Kriegsende versuchte der von Geldsorgen geplagte und in Ungnade gefallene Mann, dem Filmproduzenten Paul Kohner die Rechte an den angeblichen Tagebüchern der Eva Braun zu verkaufen. Trenker wollte die getippten Berichte von Braun höchstselbst erhalten haben.
Auch wenn es nie stichhaltig bewiesen werden konnte, geht man davon aus, dass die Tagebuch-Fälschungen von Trenker selbst verfasst wurden. Der Film lässt da keinerlei Platz für Fragen: Schon in der ersten Szene sehen wir Trenker eifrig eine Episode über Eva Braun an der Schreibmaschine fantasieren. Wir lernen ihn also von vornherein als Scharlatan kennen.
Stationen eines Windhunds
Um die Tagebücher geht es aber nur am Rande. Der Film springt in die Vergangenheit und lässt Stationen von Trenkers Karriere Revue passieren: Seine ersten Erfolge, sein Sprung vom Schauspieler zum Regisseur, seine politischen Verstrickungen. Vor allem zeichnet er ein Porträt von Trenkers Beziehung zu Leni Riefenstahl, die 1926 neben ihm in Arnold Fancks "Der heilige Berg" spielte und eine kurze Affäre mit ihm hatte.
Im Laufe des Films werden sich ihre Wege immer wieder kreuzen – nicht zuletzt bei einem Prozess um die angeblichen Eva-Braun-Tagebücher, bei dem Riefenstahl als Nebenklägerin auftrat, weil sie darin als Geliebte Hitlers gezeichnet wurde.
In den Handlungssträngen, zwischen denen der Film hin- und herspringt, bestätigt sich der anfängliche Eindruck von Trenker. Er wird immer wieder als Windhund gezeigt – ob er nun seine Frau betrügt, seine politischen Überzeugungen "anpasst", weil er sich davon Vorteile verspricht, oder dem befreundeten Produzenten die "Sensations"-Tagebücher andrehen will.
Vor allem ist Trenker, wie ihn
Mangelnder Fokus, wenig Zusammenhänge
Die Geschichte versäumt es dabei leider, Trenker zu einer wirklich komplexen Figur zu machen. Es ist durchaus interessant anzusehen, wie sich sein Fähnchen gerne im Wind dreht – aber jede Szene haut nur immer wieder in dieselbe Kerbe. Das Porträt des Mannes bietet keine Überraschungen und auch wenig Einblicke in Zusammenhänge; ein Gespür für das, was in diesem pompösen Künstler vorgeht, entwickelt sich nie.
Das liegt auch am mangelnden Fokus der Geschichte. Die Tagebücher tauchen auf und verschwinden dann für lange Zeit wieder. Biographische Episoden werden abgeklappert, aber der Film ist keine Künstlerbiographie – immerhin galt Trenker als bildgewaltiger und begnadeter Kinoerzähler, was sich im fernsehbraven Erzählformat aber auf ein paar schöne Alpen-Locations reduziert.
Es geht viel um Trenkers politisches Spiel, bei dem er sich irgendwann überschätzt und bei Goebbels in Ungnade fällt, und ebenso um seine Begegnungen mit Riefenstahl – aber ständig geht es um alles nur ein bisschen und nie um eine Sache richtig.
So bleibt der Film unbefriedigend. Für ein Künstlerporträt ist er zu einseitig und lückenhaft. Für ein Zeitgemälde zeigt er zu wenige Zusammenhänge. Für ein Opportunistenprofil bleibt er zu sehr an der Oberfläche und bietet keine Erkenntnisse. Und für eine Satire ist der Film schlichtweg viel zu artig. "Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit" will gleichzeitig alles sein – und ist damit letztlich nicht sehr viel.
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