Was haben Deutschlands erfolgreichster Komiker und der designierte Präsident der USA gemeinsam? Sie vereinfachen komplexe Zusammenhänge. "Mario Barth deckt auf" ist die "Trumpisierung" des Fernsehens.
Mario Barth ist es gewohnt, dass sich die Presse über ihn lustig macht. Vielen erfolgreichen Prominenten geht es so. Unterhaltung, das muss immer Kunst und Hochkultur sein. So zumindest die vorherrschende Meinung in den Feuilleton-Redaktionen.
Wer Stadien füllt, kann das nicht leisten. Seit Jahren schreibt die Presse den Komiker nieder, der mit den immer gleichen Witzen über Frauen und Männer Stadien füllt. Was
Es ist also verständlich, dass Mario Barth sauer ist. Vor zwei Wochen glaubte er, es "den Medien" endlich heimzahlen zu können. Vor dem Trump Tower in New York stehend machte er sich auf seiner Facebook-Seite darüber lustig, dass keiner der von der Presse angekündigten Demonstranten zu sehen sei. Er übersah dabei, dass er zur falschen Tageszeit vor dem Gebäude stand - und erntete noch mehr Spott.
Die Satiriker von "Die Partei" gründeten "Die Barthei" und schlugen ihn für das Amt des Bundespräsidenten vor, die "heute show" ließ Gernot Hassknecht auf den Komiker los.
Barth reagierte unwirsch: "Ich mache meine Comedy und ich lasse es einfach so raus", erklärte er in einem weiteren Video.
"Enthüller" von Steuerverschwendung
Dieses Impulsive mag vertretbar sein, wenn es um Witze über die Beziehungen zwischen den Geschlechtern geht. Sind gesellschaftliche Missstände der Inhalt dieses "einfach Rauslassens" wird es problematisch.
Barths Facebook-Video vor dem Trump Tower ist kein Ausrutscher. Es ist gewissermaßen die Verlängerung seiner Fernsehshow ins Internet.
In "Mario Barth deckt auf" geriert sich der Komiker seit drei Jahren auf seinem Heimatsender RTL als investigativer Enthüller von Steuerverschwendung, Betrug und Unrecht. Die Folge vom Mittwochabend startete mit Inkassounternehmen, arbeitete sich vor zu zu kleinen Garagentoren und landete schnell bei Windkrafträdern.
Die sind eigentlich dufte, machen aber Krach, töten 100.000 Vögel pro Jahr und versauen den Anwohnern die Immobilienpreise. Alles bekannte Probleme, die Mario Barth als sensationelle Entdeckungen verkaufte.
Die Lösung: "Einfach mal einen Tag den Laptop oder Fernseher auslassen", so Außenreporter Hendrik Duryn. Das hätte auch Peter Lustig nicht schöner sagen können.
Der Rest der Enthüllungen geriet ähnlich spektakulär: Die teuer errichteten Stadien großer Sportereignisse verfallen nach dem Ende der Turniere, die Donau ist dreckiger als bisher angenommen - wer auch nur rudimentär mit Google umgehen kann findet zu all diesen Themen Jahre alte Artikel.
Überall Pfusch und Misswirtschaft?
Das wäre alles vertretbar, wenn Barth seine Show als reine Comedy, als Satire inszenieren würde, wie die NDR-Sendung "Extra 3", deren Rubrik "Der reale Irrsinn" die Vorlage für "Mario Barth deckt auf" ist.
Satire funktioniert durch Übersteigern, Zuspitzen, Weglassen - doch "Mario Barth deckt auf" will mehr sein. Eine "Verbrauchersendung", wie der Komiker nicht müde zu erwähnen wird. Eine Verbrauchersendung, in der sich ein Millionenpublikum über Missstände informiert. Eine Verbrauchersendung, die komplizierteste Sachverhalte auf simple Floskeln und Zahlen herunterbricht. Eine Verbrauchersendung, in der sich ein schwerreicher Komiker als Anwalt des kleinen Mannes aufspielt.
Wer die zweistündige Show verfolgt, gewinnt den Eindruck, dass Deutschland und die EU ein einziges Desaster sind: Straßenbau, Stromerzeugung, Verwaltung - alles nur Pfusch und Misswirtschaft.
"Mario Barth deckt auf" ist die "Trumpisierung" des Enthüllungsjournalismus und der Satire zugleich. Lösungsansätze bietet der Komiker ebenso wenig wie der designierte US-Präsident.
Stattdessen betet er immer wieder nur Millionenbeträge herunter. Drei Milliarden könne man durch den Austausch der IT in der deutschen Verwaltung einsparen, so der praktische Tipp der Show. Wie das gehen soll? Egal, weiter im Programm.
Selbst praktische Lösungsansätze würgt Barth ab: Als Studiogast Ingo Appelt anregt, Barth solle doch einfach mal eine Woche lang im verlassenen EM-Stadion in Klagenfurt auftreten, lacht Barth nur - und wechselt schnell das Thema.
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