RTL schaufelte gestern so langsam, aber sicher das Sommerloch zu und spendierte dem Montagabend eine alte Doppelfolge "Rach undercover". Dort konfrontierte Agent Null Null Rach Internet-Kritiker wieder mit der Realität.
Wo geht man hin, wenn man in die Abgründe menschlichen Daseins blicken will? Dort, wo es keine Regeln zu geben scheint und keine Hemmungen. Wo blanker Hass regiert und selbst Worte zu Waffen werden.
Ins Bällebad eines Möbelhauses? Auf die Einfädelspur zur Rush-Hour? In einem überfüllten Bus an einem Hochsommermorgen? Nein, man geht natürlich ins Internet. Genauer gesagt auf eines dieser Bewertungsportale.
Und wo geht man hin, wenn man Menschen treffen will, die wirklich von allem eine Ahnung haben? Die klügsten Köpfe unserer Zeit. Die Superhirne, Alleswisser und Multi-Genies. Die sich mit allem und jedem auskennen. Nach Harvard oder Yale? Zum Elternabend? Oder lieber zu
Wer 2016 seinem Ärger über nicht erbrachte Leistungen oder schlechte Produkte Luft machen möchte, der geht ins Internet und pöbelt, was das Zeug hält. Den Fernseher nicht schnell genug geliefert? Null Punkte. Das T-Shirt nicht so wie abgebildet? Nur einen Stern. Zu wenig Belag auf der Pizza? Sofort einen fiesen Kommentar.
Schlechte Bewertungen können die Existenz bedrohen
So eine Bewertung kann natürlich richtig sinnvoll sein, damit andere Kunden eine Vergleichsmöglichkeit haben, wenn man nur der Quelle trauen kann. Wer kommentiert da eigentlich auf welcher Grundlage? Gibt es Beweise für die Behauptung? So ein "ekelhaftes Essen" ist schnell geschrieben, aber hat der Kritiker überhaupt Ahnung von gutem Essen?
Fragen, die auch Fernsehkoch
Die beiden gestrigen Folgen stammten zwar aus dem Herbst des vergangenen Jahres, aber August ist nun einmal TV-Sommerloch und das Problem ist ja immer noch dasselbe.
Für die Wirte kann eine schlechte Bewertung nämlich richtig unangenehm werden. Wenn aufgrund schlechter Bewertungen nur 10 bis 15 Prozent weniger Gäste kommen, so erfährt man es gestern vom Besitzer eines bayerischen Gasthauses in Essen, wird es bereits existenzbedrohend. Jemand, dem diese Wirkung entweder egal oder der sich ihrer nicht bewusst war, ist Daniel Jonas.
"Absolut ekelhaft"
Der Felgenexperte aus Flensburg war mit dem Besuch bei einem Italiener in Sankt Peter-Ording nicht zufrieden. Wobei es "nicht zufrieden" nicht ganz trifft: "Einweg-Touristen-Abzocke", "So ein miserables Essen" und "Absolut ekelhaft" zog Jonas über den Italiener im Netz vom Leder.
Gerechtfertigte Kritik oder nur Online-Pöbelei? Experten-Meinung oder Dahergerede? Christian Rach will's wissen und schenkt beiden Seiten Gehör.
Rach interviewt die Online-Kritiker, spricht mit den Restaurant-Besitzern, testet das Essen undercover, inspiziert die Küche, lässt die Kritiker einen Zweit-Check machen und, und, und – mangelnde Gründlichkeit und Voreingenommenheit kann man Rach nicht vorwerfen.
Weder lässt er den Wirten Fehler durchgehen noch kritisiert er über Gebühr. Das Ergebnis: In beiden Fällen gibt es den einen oder anderen Verbesserungsbedarf, vernichtende Kritik haben aber weder das italienische Restaurant noch der bayerische Gasthof verdient.
Internet-Knigge mit Christian Rach
Was also tun? Wer hat Recht? Mit einem kleinen Trick entlarvt Rach zumindest den Felgenexperten Jonas. Als dem selbsternannten Fischliebhaber bei einem Essen statt Heilbutt Steinbeißer serviert wird, merkt Jonas den Unterschied nicht.
Ebenso wenig kann er Rinderfilet von Rumpsteak unterscheiden, was Rach zu der Bemerkung greifen lässt: "Wenn Du keine Ahnung hast, dann halt einfach den Mund!"
Was lernen wir also vom gestrigen Rach-Abend? Wer andere im Internet kritisiert, sollte zumindest eine Grundkenntnis von der Materie haben. Nicht ganz schlecht wäre es zudem, wenn man auch noch sachlich begründen kann, was man kritisiert, statt nur Beschimpfungen loszuwerden. Und wie immer im Leben macht der Ton die Musik.
Und was sagen der gesunde Menschenverstand und sein Schwippschwager, der Anstand, dazu? Wenn einem im Restaurant die Suppe oder die Bedienung nicht passen, dann kann man das vielleicht erst einmal vor Ort und persönlich klären.
Ansonsten gilt in den meisten Fällen die alte Faustregel: Einfach mal locker bleiben.
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