Mit "Ran an den Mann" wärmt Sat.1 gerade ein altes Spielshow-Konzept wieder auf. Nach der Auftaktfolge am vergangenen Freitag zeigte auch die zweite Folge gestern Abend, dass Aufgewärmtes durchaus lecker sein kann.
Die Liste der Spielshows von Sat.1 ist kurz und wenig legendär. Spielshow ist offenbar nicht so das Ding der Fernsehmacher aus Unterföhring. US-Krimiserien, Spielfilme und Comedy sind die großen Zugpferde des Senders, wenn man die ganzen Scripted-Reality-Formate mal nicht mit dazu rechnet. Aber Spielshow – das überlässt man lieber den Öffentlich-Rechtlichen oder dem Schwester-Sender ProSieben.
Vor sechs Jahren wagte man sich dann doch mal wieder an eine ran – und landete einen Überraschungserfolg. Die Quoten von "Mein Mann kann" waren toll, es folgten Promispecials und der Verkauf des Konzepts ins Ausland. Doch wie es so ist, die Quoten sanken wieder, man wechselte
Ehegattensplitting mal ganz neu interpretiert
Und da solide ja nun nicht richtig schlecht bedeutet, will man es in Unterföhring wohl noch einmal wissen. Aus "Mein Mann kann" wurde "Ran an den Mann" und aus Pocher und Theiss das Ehepaar
Im Studio sieht das dann so aus, dass oben auf dem Sonnendeck die Damen Geld darauf setzen, ob ihr Mann das folgende Spiel gewinnt. Die Herren der meistbietenden Frauen spielen anschließend gegeneinander, der Gewinner bekommt alles, am Ende gibt es ein finales Duell. Die Geschlechterrollen sind also klar verteilt: Während die Damen oben entspannt den kleinen Poker-Führerschein machen, müssen die Männer unten um die Wette schwimmen, raten, pusten und was weiß ich noch alles.
Eigentlich passt alles
Nun könnte man meinen, dass Aufgewärmtes in der Regel immer ein wenig langweiliger schmeckt als die frische Kost. Aber bei "Ran an den Mann" ist genau das Gegenteil der Fall. Sat.1 hat beim Neuaufguss an den richtigen Stellen nachgewürzt.
Besonders das Moderatoren-Paar Annemarie und Wayne Carpendale scheint die richtige Wahl gewesen zu sein. Das Ehepaar moderiert launig, aber nicht zotig, charmant, aber nicht anbiedernd und modern, aber ohne das ganze "Was sagt denn Twitter gerade dazu"-Gedöns und zeigt, dass man im Privatfernsehen auch Shows machen kann, ohne dem Publikum dabei ständig zu sagen, wie fantastisch das Ganze ist, was es da gerade sieht.
Die gleiche Balance halten die Spiele. Da müssen die Kandidaten Obstkörbe schwimmend über Wasser halten, Modellautos mit Spaghetti anschubsen oder Tischtennisball-Puste-Fußball-mit-Strumpfhosen-überm-Kopf spielen. Das ist nicht die Neuerfindung der Spielshow, aber spätestens seit "Schlag den Raab" sind Nonsens-Wettbewerbe Standard in deutschen Spielshows. Gestern Abend sorgte das tatsächlich für ebenso unterhaltsame wie spannende Momente.
"Was machst du denn da!"
Etwa als Studentin Janina ihren Freund hysterisch anschreit, während der seit einer gefühlten halben Stunde Medizinbälle auf ein Fass donnert und zu verlieren droht: "Was machst du denn da!" Da funktioniert die Show dann auch auf einer zweiten, küchenpsychologischen Ebene, nennen wir es ganz oberflächlich einfach dieses "Mann-Frau-Ding": Wie gehen die Paare in Extremsituationen miteinander um, wie die Paare untereinander, wie wäre das bei uns?
Und vielleicht ist genau das das Angenehmste an "Ran an den Mann": Dass da endlich wieder eine Spielshow ist, in der Normalos gegeneinander antreten und nicht die übliche Riege an Z-Promis, die sich inzwischen hinter den Bildschirmen eingenistet hat und bei der man gar nicht mehr weiß, warum der oder die eigentlich prominent ist. Hier spielen nicht die Ramonas und Jürgens gegen die Giovannis und Jana Inas, sondern ein Eisdielenbesitzer-Paar gegen die Studentin und ihren Programmierer.
"Ran an den Mann" mit lauem Auftakt
Gerade wegen dieser vielen guten Zutaten überrascht es, dass "Ran an den Mann" in der vergangenen Woche einen eher lauen Auftakt hinlegte. Nur knapp 1,5 Millionen Zuschauer wollten die erste Show sehen. Vielleicht liegt es an der starken Freitagabendkonkurrenz, denn mit "Let's dance" läuft zur gleichen Zeit ein echter Quotenknacker bei RTL. Es ist also noch Luft nach oben für "Ran an den Mann", zumindest, was die Quoten anbelangt.
Bleibt zu hoffen, dass man bei Sat.1 der Versuchung widerstehen kann, die Zuschauer wieder mit Prominenten-Specials an die Geräte zu locken. Die zogen bei "Mein Mann kann" zwar immer am besten, aber das war vor ein paar Jahren, als man noch nicht froh war, mal keinen Prominenten in einer Spielshow zu sehen.
Am Ende des gestrigen Abends gewinnt dann das sympathische Biker-Pärchen aus dem Rheinland, das seit 22 Jahren verheiratet ist. Wäre schade, wenn man statt der beiden wieder nur die üblichen Promi-Gesichter sehen würde.
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