Bereits acht aggressive, niveauresistente und Tinnitus fördernde Episoden bekämpfen sich die zahlreich in Bocholt, dem Mekka für karriereinvalide Celebrity-Problemfälle, angetretenen Liebespaare aus so genannten Stars in Sendezeit-Neurosen und Nominierungsschutz-Dramen. Diese Woche eskaliert - das prognostiziert jedenfalls der skandalaufbauschende Teaser, den RTL dieser Folge proaktiver Konsumenten-Gehirnzellenvernichtung vorwegschickt.

Eine Kolumne
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Obacht! Diese Kolumne dreht sich um Folge 8 vom "Sommerhaus der Stars", die auf RTL+ zu sehen ist und am 5. November im linearen TV ausgestrahlt wird.

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Darin fordert Stefan Kleiser den offiziellen Weltmeister der arglistigen Hypokrisie, Sam Dylan, auf: "Du hast eine Paarverantwortung, dieses Sommerhaus zu verlassen!", während seine Lebensabschnittsstichwortgeberin Theresia Fischer ihn anbrüllt, sie wäre schon viel öfter beleidigt worden. Nebenbei werden Umut Tekin ("Bachelorette") und Rafi Rachek ("Bachelorette") das Sommerhaus der Stars diese Woche endgültig in "Das große Ex-Promiboxen" verwandeln. Beide jedenfalls drohen sich im Vorspann per Drohgebärde bereits ausgiebig Prügel an. Ein Festmahl ist also angerichtet. Jedenfalls, wenn man sich für intellektuelle Schonkost mit Trash-Beilage erwärmen kann.

Als Amuse-Gueule aus der Reality-Küche startet die neuste Einheit des Erbauungs-Formates für bildungsferne Fremdscham-Junkies mit einer beinahe melancholisch-lyrischen Sequenz. Am frühen Morgen, noch bevor die Zuchtbullen auf der Koppel gegenüber den Tag mit einem ersten Roundhouse-Muhen begrüßt haben, sitzt Theresia Fischer leise vor sich hin heulend mutterseelenallein am Terrassentisch und schluchzt sich den Schlaf aus den Regenbogenklamotten.

Mit Zuchtbullen sind übrigens echte männliche geschlechtsreifes und unkastrierte Hausrinder gemeint und keine weiteren Kandidaten von "Bachelorette". Niedergeschlagen windet sich Tränendrüsensekret um Tränendrüsensekret einsam um ihren Nasenring, während Ex-Zahnarzt und Bald-Ex-Freund Stefan 20 Meter Luftlinie entfernt im Esszimmer des Gnadenhofs für D-Promis ebenso einsam einen Kaffee runterspült, als könne man den Geist der Traurigkeit mit koffeinhaltiger Plörre in seine Schranken weisen.

Theresia kann und will Rafi ein Wort nicht verzeihen

Nach minutenlanger Kognitivschnitzeljagd nach dem Grund für das offensichtliche Zerwürfnis im Hause Fischer-Kleiser wagt sich Theresia letztendlich an den Esstisch, wie ein scheues Reh an einen von Hyänen bevölkerten Waldsee. Reumütig entschuldigt sie sich, ihrem Dentisten des Herzens am Vortag nicht vehementer zur Seite gestanden zu haben, als Sam-Dylan-Beifang Rafi Rachek ihn fragte, ob er "ein Kinderficker" sei. Nach reiflicher Überlegung und unruhigem Schlaf beteuert sie, sie könne "Rafi das Wort nicht verzeihen", vor allem weil es nicht nur Stefan diskreditiert, sondern auch sie. Rachek ist bei dieser Offenbarung nicht zugegen. Das hat aber keinerlei Einfluss auf die Restdynamik der Folge, da Rafi Rachek die Vokabel "diskreditieren" vermutlich ohnehin nicht kennt.

Der ist aber ohnehin mit Wichtigerem beschäftigt - nämlich dem Nachdenken. Bemerkenswerte Erfolge scheint es dabei allerdings nicht zu geben. Auf Gloria Glumacs Frage, was er denn denken würde, antwortet er wahrheitsgetreu: "Nichts". Womöglich auch die Antwort auf die Frage, warum in seinem Leben bislang so einiges falsch gelaufen ist. Denn mal ganz unabhängig von Promistatus, Kontostand, Schulabschluss oder Lebensleistung: Am Ende sitzt er im Sommerhaus der Stars - und das auch noch als offizieller Partner von Sam Dylan. Ich kenne Horrorfilme, die weniger desaströs endeten. Als Theresia wenig später zwischen Rafi und Sam Dylan frühstückt, ruft Stefan Kleiser sie umgehend zur Ordnung: "Es gibt ein Gesetz, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Das ist Paragraf 5 im Grundgesetz!"

Nun, Kleiser war zum Glück früher Zahnarzt und nicht Rechtswissenschaftler, denn zum einen gibt es im Grundgesetz keine Paragrafen, sondern Artikel. Und zum anderen lautet Paragraf (also Artikel) 5: " Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt." Was so ungefähr das genaue Gegenteil von dem ist, was Kleiser seiner Theresia vermutlich vermitteln wollte.

Aber Schwamm drüber, wir sind ja eine Unterhaltungssendung und kein Gerichtssaal. Und hier sind Urteile schnell gesprochen. So wie das von Glorias aktueller Sommerhausbegleitung Michael: "Rafi redet schneller als er denkt!" Das klingt im ersten Moment ungünstig, andererseits muss man allerdings auch feststellen: Würde Rafi Rachek langsamer sprechen als er denkt, wäre die Sendezeit bereits rum, bevor er "Guten Morgen allerseits" fertig formuliert hätte. Am wirkungsvollsten ist Rafi aber ohnehin, wenn er sprachlos ist.

Deeskalation? Sam Dylan zeigt, wie das geht. Nicht

So wie während der Ankündigung von Stefan, Rafi würde für die Vokabel "Kinderficker" nach Abschluss der Kasernierung "die zivilrechtliche Anzeige sowieso kriegen!" und den begleitenden Ratschlag: "Wenn man es allein nicht schafft, gibt es ja auch professionelle Hilfe, also ich an deiner Stelle würde das Sommerhaus verlassen!" Rafi nickt artig und trottet zurück, um seinen Teilzeit-Gigolo Sam darüber aufzuklären, dass "dieser Typ gerade gekommen ist und gesagt hat, wir sollen das Sommerhaus verlassen!" und dass "der sich seine Anzeige in den Arsch stecken kann!"

Sam Dylan hat in seiner opulenten Tagesfreizeit zwischen seinen gelegentlichen Trash-Auftritten im Reality-TV augenscheinlich ein Studium der Psychologie an der Fernuni Bocholt absolviert und analysiert: "Wenn jemand sich so darauf fixiert, was da gesagt wurde, dann denkt man natürlich, da ist vielleicht was dran!" Eigentlich hat Sam Dylan zu Deeskalationszwecken Stefan Kleiser also ebenfalls "Kinderficker" genannt.

Das allerdings zum Glück hinter den verschlossenen Türen der Sprechzimmer, so dass sich das Sommerhausgeschehen auf einen neuen Eskalationsbrandherd konzentrieren kann. Und wieder sind Dylan und Rachek mittendrin. Als Umut Tekin einen Zigarettenstummel auf den Rasen wirft, flüstert "Temptation Island VIP"-Vordenkerin Denise Hersing dem neben ihr sitzenden Sam Dylan zu, dass man das nicht machen sollte. Der reagiert so, wie er immer reagiert. Er stachelt auf: "Ja, sag ihm das mal!"

Leider mischt sich auch Ablenkungsmanöver-Experte Rafi ein und pöbelt Umut an: "Da wo ich bin, wirst du niemals hinkommen!" Was genau Rachek damit meint, wo doch gerade beide gemeinsam ihre Karrieremüllhaufen im Sommerhaus entsorgen, bleibt unklar. Vielleicht der Stolz darüber, dass er kürzlich die dreimonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter bestanden hat und sich aufgrund seines grandiosen Erfolgs als TV-Star nun ein zweites berufliches Standbein erarbeitet hat. Dafür würde auch sein Folgesatz passen: "Du bist asozial, du hast keine Schulbildung!"

Kurz bevor erste Köperverletzungen ausgetauscht werden, zieht der RTL-Beauftragte für körperliche Unversehrtheit die Reißleine und schickt die Paare in eine Challenge. Oliver Sanne gibt anschließend überraschend selbstkritisch zu: "Es hat schon seinen Sinn, dass ich beim Reality-TV bin und kein Dichter und Denker so wie Goethe!" Das Ergebnis verkündet dann vor dem Garten-Amphitheater der Trash-Gladiatoren ausgerechnet Hetzeinpeitscher Sam Dylan. Mit besonderer Verachtung ruft er Emma Fernlund und Umut als Sieger aus. Die beiden sind somit vor der Nominierung geschützt. Der zeitplatzierte Nachrücker Lorik Bunjaku findet das "ekelhaft".

Theresia: "Bin in der Schule auch gemobbt worden"

Allerdings nur fast so ekelhaft, wie Stefan Kleiser die Vokabel "Kinderficker". Noch immer kann sich der selbstpensionierte Zahnarzt nicht beruhigen. Theresia versucht, ihn zu beschwichtigen. Stefan möchte sich jedoch nicht mehr verstellen und gute Miene zum bösen Spiel machen: "Ich komme mir langsam vor wie eine Prostituierte!" Quotenwirksam platzt Theresia an dieser Stelle der Kragen. Sie erinnert den Zahnarzt: "Ich bin in der Schule auch gemobbt worden, dagegen ist das hier Kindergarten!"

Und dann gibt es ja auch noch den fleischgewordenen Vermittlungsausschuss Sam Dylan, der beim Frühstück am Folgetag die Chance nutzt, um Stefan Kleiser mal ordentlich die Meinung zu geigen: "Deine Rumpelstilzchen-Nummer mache ich nicht mit. Ich habe damit nichts zu tun!" Ein halbwegs brauchbarer Diskurs entsteht jedoch nicht, da PISA-Studien-Crash-Test-Dummie Rafi herbeieilt und kreischend in den Morgenhimmel brüllt, dass "Ich habe auch meinen Stolz! Ich muss mir nichts gefallen lassen, nur weil du deinen Doktor hast! Ich bin nicht auf den Kopf gefallen!" Mal abseits der evidenzbasierten Tatsache, dass der, der am lautesten schreit, nicht zwangsläufig am meisten Recht hat, würde ich nach den Erkenntnissen während dieser Sommerhaus-Saison auf das mit dem Kopf und dem nicht gefallen nicht unbedingt hohe Geldsummen wetten.

Das kommende Spiel bietet erneut Gelegenheit, die Demission aus dem Sommerhaus mit einem Sieg zumindest für diese Woche auszuschließen. Entsprechend angespannt gehen die Paare in die Aufgabe. Alessia Herren und ihr Can brüllen sich in der Arena so ohrenbetäubend laut an, dass Alessia bereits erste gesundheitliche Repressalien zu verzeichnen hat: "Ey, mein Trommelfeld ist geplatzt!" Da hat sie allerdings noch Glück. Nicht auszudenken, jemand hätte ihr das Feld über die Ohren gezogen. Zur totalen Dyseuphorie der übrigen Paare entscheiden Lorik und Denise dieses Spiel für sich. Ohne den dadurch erworbenen Schutz wären ihre Tage im Sommerhaus mit ziemlicher Sicherheit bereits kurz nach ihrem Familiennachzug bereits wieder beendet gewesen.

Der Showdown der Woche findet dann erneut im Nominierungs-Modus statt. Durch reichlich Challenge-Gewinner ist das Feld der überhaupt noch nominierbaren Paare deutlich eingegrenzt. Lediglich die Duos Alessia/Can, Theresia/Stefan und Oliver/Jil stehen überhaupt noch zur Auswahl. Nach einem annähernd endlosen Monolog-Festival, in dem wortreich erläutert wird, warum die jeweilige Entscheidung wie auch immer ausgefallen sind, haben am Ende Alessia und Can keine Stimme, Oliver und Jil erhalten vier, Theresia und Stefan liegen bei drei Stimmen. Laut ordinärem Regelwerk wären das die Entlassungspapiere für Oliver Sanne und Jil Rock. RTL mag seine "Bachelors" aber gerne und gewährt Oliver eine zweite Chance per Exit-Challenge gegen Theresia und Stefan. Die wird allerdings, natürlich, erst in der kommenden Woche stattfinden wird. Wie es ausgehen wird, das erfährt man am zuverlässigsten genau hier! Bis dann!

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