Wie reagieren prominente Paare, wenn sie auf sich selbst in 20, in 40 Jahren treffen? Dieses Experiment wagt die neue VOX-Show "The Story Of My Life". Und hat in der ersten Folge mit Boris und Lilly Becker direkt einen Glücksgriff gelandet.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Oh no. You’re old. Holy shit", sagt Lilly Becker als sie ihren um 20 Jahre gealterten Mann sieht. Der sitzt ihr gegenüber, das ergraute Haar akkurat gescheitelt, an den Füßen noch immer die obligatorischen Puma-Turnschuhe.

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Die Haut Boris Beckers ist sichtbar faltiger, die Hände zeigen die ersten Altersflecken. Lilly reibt sich eine Träne aus den Augen. "Wenn du 69 Jahre bist - die Haare bitte nicht so!", sagt sie und schaut ihn an. Der blickt zurück und entgegnet: "Du siehst gut aus. Immer noch sexy."

"The Story Of My Life" ist eine ungewöhnliche Sendung. Und das nicht nur, weil für sie Désirée Nosbusch ihren Moderations-Ruhestand im deutschen Fernsehen beendet hat.

Basierend auf dem gleichnamigen niederländischen Format, trifft sich jede Woche ein prominentes Paar und spricht eine Stunde lang über seine Beziehung. Dazwischen geht es in die Maske.

Begegnung mit Senioren-Alter-Ego

Dort lassen sie Make-up-Spezialisten zuerst um 20, dann um 40 Jahre altern. Die Kamera beobachtet, wie die beiden auf den anderen und sich selbst reagieren.

Den Auftakt der Staffel machen Boris und Lilly Becker, in weiteren Folgen begegnen unter anderem Guido Maria Kretschmer und sein Lebensgefährte, Florian Hambüchen und Freundin, sowie das Trash-TV-Pärchen Nathalie Volk und Frank Otto ihrem Senioren-Alter-Ego.

Doch bereits nach wenigen Minuten der ersten Folge ist klar: Nach Boris Becker kann eigentlich nichts mehr kommen. Für ihn ist "The Story Of My Life" ein Glücksfall.

Boris Becker hat seine innere Ruhe gefunden

Jahrzehntelang musste der Mann, der im Alleingang in den 1980ern einen Tennis-Boom in Deutschland auslöste, Hohn und Spott über sich ergehen lassen. Egal, was der ehemalige Sportler nach dem Ende seiner Tenniskarriere anfing, die Klatschpresse steinigte ihn dafür.

Der Samenraub, die Kurzbeziehung zu Alessandra Meyer-Wölden, der Twitter-Streit mit Oliver Pocher: Genüsslich schlachteten sie sein Privatleben aus. Und Becker lieferte ihnen zugegebenermaßen auch jede Menge Material.

Nach "The Story Of My Life" dürfte das vorbei sein. So entspannt und sympathisch hat sich Becker noch nie im Fernsehen präsentiert.

Ob das der Verdienst der Sendung oder das Kalkül des dreifachen Wimbledon-Siegers ist, lässt sich nach der ersten Episode natürlich nicht sagen, aber man muss konstatieren, dass es nur wenigen Formaten gelingt, den Menschen hinter dem Promi zu zeigen. Und nicht weniger war in der ersten Folge von "The Story Of My Life" zu sehen.

Ernst nehmen sich die beiden selten

Offensichtlich hat Becker, der sich oft zu Dummheiten hinreißen ließ, seine innere Ruhe gefunden. Er ist reflektiert, in sich ruhend, witzig.

Offen spricht er über seine Verletzungen, den Sport, seine Kinder und seine Fehltritte. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass Lilly die Frau ist, mit der er alt werden will.

Begeistert schwärmt er immer wieder von ihr, die ihm um 20 Jahre gealtert gegenüber sitzt. Kein Stören an den grauen Strähnen, den Falten im Gesicht.

So kitschig das klingt: Nach dieser Stunde auf VOX wünscht sich jeder so eine Beziehung wie die der beiden. Irgendwo zwischen Vertrauen, Freiheit und vor allem Humor. Denn wirklich ernst nehmen sich die beiden selten.

Wo sie denn ihre Ehe punktemäßig einordnen würden, fragt Désirée Nosbusch. "Das wechselt täglich zwischen eins und zehn", antwortet Becker.

"Shit. Ja, hmm, okay"

Nur als er sich selbst im Spiegel sieht, stockt der ehemalige Tennisspieler für einen Moment. Er erkennt seine verstorbene Mutter in seinen gealterten Gesichtszügen, gibt er offen zu.

Als Boris und Lilly Becker sich wenige Minuten später mit 80 und 89 Jahren gegenüber sitzen, bleibt auch Désirée Nosbusch der Mund offen stehen.

"Shit. Ja, hmm, okay", sagt Lilly beim Anblick ihres Mannes, der nun sichtbar runzliger geworden ist. "Siehst gut aus", schiebt sie wenig überzeugend hinterher.

Becker bleibt souverän wie bisher. "Ich würd' dich so nehmen", sagt er. Er greift nach dem Handspiegel, blickt in sein altes Gesicht und raunt immer wieder: "Unglaublich. Sagenhaft."

"Was seht ihr in euren Gesichtern?", fragt Nosbusch die beiden schließlich am Ende der Sendung. "Wir haben ein schönes Leben", antworten sie.

Becker richtet sich an seine Frau. "Ohne dich hätte ich es nicht geschafft." Sie kontert: "Danke für das schöne Leben. Und die Autos."

Becker blickt noch einmal in den Spiegel und auf sein fast 90-jähriges Gesicht. "Ich will da gar nicht mehr raus. Ich find das gut", sagt er.

Dem Zuschauer geht es nicht anders. Wenn das der neue Boris Becker ist, können die nächsten 40 Jahre kommen.

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