Kapitän Max Parger und seine Crew nehmen mit dem "Traumschiff" dieses Mal Kurs auf die niederländische Karibikinsel Curacao (Neujahr, 20.15h im ZDF und schon jetzt in der ZDF-Mediathek). Wie schlecht können Drehbuch, Regie und Schauspieler eigentlich so sein? Das traurige satirische Minutenprotokoll einer absoluten Horrorfahrt.
1. Minute: Wie immer begrüßt Hoteldirektorin Hanna Liebhold (Barbara Wussow) die Passagiere der "Amadea" persönlich. Bevor ihr Schiff in See sticht, sticht ihr am Pier noch ein unsicher wirkender junger Mann ins Auge.
4. Minute: Die rothaarige Birgit Schneider (Fanny Stavjanik), deren Mann ihr zufolge an der Kreuzfahrt kurzfristig nicht teilnehmen könne, und das befreundete Ehepaar Anna und Konrad Thiele (
5. Minute: Noch sind nicht alle Passagiere da. "Das ist kein Problem, wir liegen noch im gebuchten Zeitslot", sagt Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen) zu Liebhold. Er ist einfach eine saucoole Socke, der Captain der "Amadea", den man sich durchaus auch als Gastgeber einer Schlagersendung vorstellen könnte. Vielleicht hat er ja mal einen ungebuchten Zeitslot und bewirbt sich bei einer dieser regelmäßigen Wohlfühlsausen.
6. Minute: Bitte mir nicht gram sein, aber am Anfang geht’s auf so einem Schiff immer drunter und drüber und das wirkt sich auch sehr auf nationale und internationale satirische Minutenprotokolle aus. Die Betreuung und Einschiffung der vielen neuen Passagiere ist nicht nur für Hoteldirektorin Hanna Liebhold schwierig.
Ich schau als Minutenprotokollant eh immer, dass ich für alle essenziellen Infos Zeitslots finde, um sie auch unterzubringen. Philipp Korte (David Korbmann) und Töchterchen Mia, die beim frech Grinsen einen süßen Zahnslot präsentiert, dürfen jedenfalls in die Kabine 920 einziehen. Laut der Kleinen lebt die Mutter seit Jahren als Meeresbiologin in der Arktis.
Gottseidank: Der Kapitän ist informiert
7. Minute: Hallo, hallo! Welcher aparte Lockenkopf kommt denn da? Ah, die Frau Valerie Prinz (
8. Minute: Schiffsärztin Dr. Jessica Delgado (
Dem Grauhaarigen ist doch eben auch der Name einer berühmten Brücke in Curacao nicht eingefallen, oder? Und mussten wir in der letzten Folge nicht auch erfahren, dass er einst mal ein Schiff angetrunken gesteuert hatte? Oh, oh! Ein Staff-Kapitän mit beginnender Demenz, Alkoholproblemen und fehlender "Ergo" macht mir sogar als Zuschauer Angst. Menschen, denen die "Ergo" fehlt, akzeptiere ich sowieso nicht!
10. Minute: Birgit und Anna schlagen am Oberdeck Golfbälle ab. Da blutet letztere plötzlich aus der Nase. "Ich hab Bluthochdruck", erklärt sie Birgit, die auf das Nasenbluten so reagiert, als wäre eben ein Golfball auf der einen Seite von Annas Gehirn ein- und auf der anderen Seite wieder ausgetreten.
11. Minute: Malik bringt dem Trauerredner den Koffer, der ihm ins Wasser gefallen ist. "Ich konnte alles retten, bis auf das Buch in der Tasche", muss er gestehen. Robin Cadet, der Malik spielt, sollte mit Florian Silbereisen den Schauspiel-Grundkurs vielleicht noch einmal machen oder vielleicht überhaupt erstmal schnuppern.
Gefressene Kekse zählen gegen die Langeweile
12. Minute: Die Kabine 920 auf der "Amadea" kann ich ob ihres 1970er-Charmes nicht empfehlen. Hat da niemand a) den Kapitän informiert und b) einen Zeitslot für eine Renovierung gefunden?
Des Weiteren sollte man den Kapitän darüber informieren, dass diese "Traumschiff"-Folge bis dato unfassbar fad ist. Wenn sich da nicht bald etwas tut, versuche ich, aus Fadesse zu rekapitulieren, wie viele Kekse ich in den letzten Tagen gefressen habe. Das ist die weihnachtliche Form des Schäfchenzählens.
16. Minute: Innenarchitektin Birgit und Architekten-Partner Konrad, der Mann der Nasenbluterin, die sich derzeit in der Kabine erholen muss, treffen einander im Schiffsrestaurant. Birgit will "etwas Wichtiges" loswerden, doch Konrad erhält einen Anruf von seinem Bankberater. Sein kompletter Invest ist weg. Heißt: Konrad hat aufs falsche Pferd gesetzt und ist pleite.
Anna, die, wie wir jetzt hören, erst kürzlich einen Schlaganfall hatte, darf nichts davon erfahren. Birgit bietet ihm Geld an, Konrad nimmt an. Noch drei Dialoge dieser Art und du kannst dir das als Wirtschaftsstudium anrechnen lassen.
19. Minute: Während Kapitän Parger und Romanautor Philipp Korte nebeneinander Gewichte stemmen, macht Lockenkopf Valerie Yoga. All das auf fünf Quadratmetern, damit die Kamera das "spannende" Gespräch der Drei auch gut einfangen kann.
Silbereisen, der eine Ecke der Yogamatte von Valerie im Auge, eine zweite in der Poritze hat, legt das Stemmen der rund zweieinhalb Kilogramm schweren Kurzhantel so an, als ob er eben Weltrekord gerissen hätte. "Hoffen ist ein Zustand, den die Menschen erfunden haben", sagt Valerie, während Kapitän Parger sich an die Dreikilo-Hantel heranwagt.
21. Minute: Anna offenbart Birgit, dass Konrad sich zur Ruhe setzen möchte. "Ich hab' mich lange genug mit Bauherren rumgeschlagen", sagt dieser. "Konrad, wenn du aufhörst zu arbeiten, betrifft das ja auch mich", überzuckert die extrem schlaue Birgit die Situation sofort. Sie stürmt davon.
25. Minute: Der junge Schiffsangestellte Malik, der seiner großen Liebe Liv Simonis (Pauline Werner) einen Heiratsantrag machen will, ersucht Trauerredner Florian, ihm eine Rede zu schreiben. Einen Trauerredner für einen Heiratsantrag zu bemühen? Erstaunlich realistisch, diese heutige Jugend. Florian lehnt ab, drückt Malik aber als Inspiration ein Buch über Goethe in die Hand.
Silbereisens Freunde sollten mal ehrlich sein
28. Minute: Kapitän Max Parger eröffnet den Passagieren per Durchsage, dass die "Amadea" in Kürze den Hafen von Curacao erreichen werde. Hat der Silbereisen wirklich nicht einen einzigen guten Freund, der ihm mal ganz deutlich rüberschiebt, dass seine Art, vor der Cam zu sprechen, wirklich, wirklich weird ist?
30. Minute: Liebhold und Birgit begegnen einander in Willemstad, der Hauptstadt von Curacao. Da kommt zufällig auch der bekannte einstige Tänzer Jochen Thabazi (Joachim Llambi) angelaufen. Es ist eine völlig sinnbefreite Unterhaltung, in der er Birgit zu einem Tanzabend einlädt.
34. Minute: Autor Korte beichtet Kapitän Parger, dass all die Briefe, die seine Tochter Mia angeblich von ihrer Mutter bekommt, von ihm stammen würden. "Meine Frau ist schon vor vielen Jahren verstorben", erklärt er. In Pargers Gehirn werden in einigen Regionen plötzlich Neuronen aktiviert.
An der einen oder anderen Synapse kommt es völlig überraschend zur Freisetzung von Botenstoffen, während zwei Hirnregionen des Kapitäns sensorische, emotionale und gespeicherte Informationen integrieren, worauf sich eine Erkenntnis formt, die Parger, nachdem er die Augen theatralisch aufreißt, halbwegs gekonnt in Sprache umwandeln kann: "Warten Sie, Ihre Tochter sie denkt… Die weiß das nicht???"
37. Minute: Die Nasenbluterin verlangt von ihrem Mann, dass er die etwas säuerliche Birgit – also seine baldige Ex-Geschäftspartnerin – zu diesem Tanzabend begleitet.
Zuerst nah am Burnout, jetzt Zeit totschlagen
40. Minute: Wow! Da strudelst du dich am Anfang, wenn alle Passagiere gleichzeitig einchecken und namentlich vorgestellt werden, wie Sau ab, und dann musst du gefühlt stundenlang irgendwelchen Schildkröten beim Schwimmen, den Kortes beim Schnorcheln und dem Parger beim Denken zusehen, was nicht nur ihn anstrengt.
Passiert da jetzt auch mal wieder was, oder faltet die Liebhold jetzt gleich zehn Minuten lang Servietten? Ah, alles tanzt jetzt plötzlich. Und es gibt wirklich Menschen, die sich "Das Traumschiff" freiwillig anschauen?
45. Minute: Achtung, Achtung! Es ist etwas passiert! Achtung, Achtung! Es ist etwas passiert. Nein, die Schildkröte ist nicht ersoffen, aber nachdem Birgit Tanzpartner Konrad eröffnet hat, dass ihr Mann Thilo sie wegen einer Jüngeren verlassen habe, küsst sie ihn plötzlich. "Was ist das denn jetzt?", fragt Konrad, der verwirrt von der Tanzfläche stürmt. Na das war ja aufregend!
49. Minute: Philipp und Valerie paddeln auf dem Wasser, fallen hinein und lachen. Ganz großes Kino, ganz, ganz großes Kino! Ich bin jetzt doch auch "Traumschiff"-Fan.
57. Minute: Wow, wie oft kann man eigentlich während so einer "Traumschiff"-Ausgabe für den Bruchteil einer Sekunde einnicken? Eigentlich wollte ich mir während des Guckens für die Silvestersause mit meinen kleinen Nichten und Neffen aufregende Spielchen überlegen, aber wenn ich weiterhin dauernd einpenne, wird es halt wieder deppert Bleigießen. Der Onkel Robert kann da nix dafür.
Frage: Gibt es in Deutschland eigentlich auch die "Goldene Himbeere" – also die "Auszeichnung" für die übelste Schauspielleistung? Wenn ja, dann bitte ungefähr 800 Bruttoregistertonnen "Goldene Himbeeren" der "Amadea" zustellen, denn dort wieselt heute nicht eine einzige Person herum, die die Bezeichnung "Schauspieler" wirklich verdient.
Man hält die Zuschauer für dämlich
62. Minute: Florian, der nun doch die Rede für Malik schreibt, lernt jetzt auch dessen Freundin Liv kennen. Sie zeigt Florian den Maschinenraum. Doch der Phobiker fühlt sich dort unwohl und ergreift die Flucht. Dabei fallen ihm die Zettel mit der Rede aus der Tasche. Liv beginnt zu lesen und denkt nun, Florian würde sie lieben.
Sie konfrontiert ihn und offenbart ihm, dass sie nicht so für ihn empfinden, sondern Malik lieben würde. Florian ist perplex und verrät ihr, dass er schwul sei, sagt aber mit keinem Wort, dass er die Rede für Malik geschrieben habe. Liv glaubt jetzt zu wissen, dass Florians Brief an ihren Freund Malik gerichtet ist. Ich wiederum glaube zu wissen, dass die Person, die für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, uns Zuschauer für geistige Einzeller hält.
66. Minute: Dass heute noch kein einziger Einheimischer für die Kreuzfahrerinnen und Kreuzfahrer getanzt hat, ist erstaunlich. Anna und Konrad präsentieren Birgit in Curacao ein Haus am Strand und offenbaren ihr, dass sie Berlin den Rücken kehren und hierher ziehen wollten.
"Konrad und ich haben gespart. Das Haus liegt etwas über unserem Budget, aber das schaffen wir schon", sagt Anna zu Birgit, die sich von Konrad hintergangen fühlt und ihm, während Anna sich frisch macht, natürlich Vorwürfe macht. Obwohl sie gerade erst im Haus eingeritten sind, äußert Konrad gegenüber seiner Frau den Wunsch, ins Hotel zurückzukehren. Die findet das natürlich überhaupt nicht komisch. Uns Einzellern fällt natürlich auch nichts auf.
Good News für den Staff-Captain
72. Minute: Schiffsärztin Delgado bringt Staff-Kapitän Grimm gute Nachrichten. Sein Belastungs-EKG ist top. Die Konzentrationsschwächen und Abgeschlagenheit seien einem leichten Eisenmangel geschuldet. Schade, so eine kleine Fraktur der linken Halsschlagader oder ein Vorhofflimmern auf dem Oberschenkelknochen hätte der Handlung gutgetan. Der Eisenmangel ist leider lächerlich.
74. Minute: Just in dem Moment, als Birgit der Hoteldirektorin vorjammert, dass sie alles verloren habe, bekommt sie eine Nachricht von ihrem Mann. "Er entschuldigt sich bei mir", sagt sie mit großen Augen und zitterndem Kopf zu Liebhold. Später entschuldigen sich auch Anna und Konrad bei ihr. Ein Delfin springt hinter der Reling aus dem Wasser und ruft auch "Sorry!".
80. Minute: Bei all jenen, die das "Traumschiff" noch nicht kannten, möchte ich mich schon vorweg für das folgende Ende entschuldigen. Alle andere werden ja erahnt haben, wie's ausgeht: Malik hat mit eigenen Worten seiner Liv den Heiratsantrag gemacht, Florian wiederum hat Malik aufgeklärt, dass er nicht auf ihn stehen würde.
Nachdem Philipp der attraktiven Valerie berichtet hat, dass seine Frau schon lange tot sei, küssen die beiden einander, was natürlich Philipps Tochter Mia ganz zufällig sieht. Philipp läuft ihr nach und will reinen Tisch machen, da verrät ihm seine Tochter, dass sie schon lange weiß, dass ihre Mutter nicht mehr lebt. Hanna Liebhold faltet Papierservietten.
86. Minute: Wie immer fasst Kapitän Parger am Ende der Kreuzfahrt das Geschehen an Bord noch einmal in einer fürchterlich schwülstigen Rede zusammen. Dann ist es aus. Oh Gott, es ist endlich aus! Ich brauche jetzt einen gigantischen Zeitslot. Für mich. So ein "Traumschiff" kann einem den ganzen Tag vermiesen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.