Die Jubiläumsausgabe vom "Tatort"-Krimi um Wotan Wilke Möhring dreht sich am Sonntag, 16. April, um Migration und Schwarzarbeit – und das menschliche Drama dahinter.
Für gewöhnlich denken wir uns nichts dabei, wenn jemand als "unscheinbar" beschrieben wird. Jon und Hope Makoni zum Beispiel sind ein unscheinbares Ehepaar. Sie haben eine einfach eingerichtete Wohnung im Souterrain eines Mehrfamilienhauses in Hannover. Jon (Alois Moyo) übernimmt Gelegenheitsjobs auf Baustellen, Hope (Sheri Hagen) putzt nachts Büroräume und gibt tagsüber Nachhilfe in Deutsch. Ihr siebzehnjähriger Sohn Noah arbeitet in einer Restaurantküche. Das Auffälligste an den beiden ist ihre Hautfarbe: Sie stammen aus Simbabwe und sind Schwarze.
Unscheinbarkeit allerdings ist für die Makonis überlebenswichtig: Sie sind irreguläre Einwanderer, das heißt, sie leben ohne Papiere und legalem Aufenthaltsstatus in Deutschland. Es heißt außerdem, dass sie schwarzarbeiten, keine Krankenversicherung besitzen und jede Verkehrskontrolle fatale Folgen für sie haben könnte. Um nichts in der Welt dürfen sie Aufmerksamkeit erregen. Indem sie zum Beispiel um Hilfe bitten, weil ihr Sohn plötzlich verschwunden ist und sie eine Woche lang krank vor Sorge sind.
In seiner Verzweiflung geht Jon Makoni schließlich zur Polizei. Und er hat Glück: Dort haben gerade Thorsten Falke (
Eigentlich sollen die beiden den Tod eines jungen Schwarzen klären, der im Pallettenkasten eines Lkw gefunden wurde. Denn eigentlich sind der Hamburger "Tatort"-Ermittler und seine Kollegin ja keine Hamburger Kommissare, sondern gehören zur Bundespolizei. Das heißt, sie gehören eigentlich genau jener Behörde an, die illegale Einwanderung verfolgen und verhindern soll.
Hilfe von Falke und Grosz
Aber natürlich ist Jon Makoni an die Richtigen geraten. Falke und Grosz nehmen die Ermittlungen auf, zumal der verzweifelte Vater im Gegenzug seine Hilfe bei der Aufdeckung des Schleusernetzwerkes anbietet, dessen Opfer der Tote vermutlich war. Zwischen dem gutmütigen Jon Makoni und Thorsten Falke entwickelt sich fast so etwas wie eine Freundschaft. Hope Makoni hingegen hat nach ihrer Flucht aus Simbabwe zu viel erlebt und ist über den deutschen Staat zu empört, um Julia Grosz nahe an sich heranzulassen.
Aber beide Ermittelnden behandeln die Makonis als Menschen, die nur vom System zu Straftätern gemacht werden, und nicht weil sie Untaten begangen haben. Aus diesem Grund vermeiden auch viele Migrationsforscher die Bezeichnung "illegale Einwanderer". Vereinigungen wie die Bundesärztekammer und der Rat für Migration gehen von 200.000 bis 600.000 irregulären Migranten aus, die in Deutschland leben – genaue Zahlen gibt es naturgemäß nicht.
Tatort macht Lebensalltag von Migranten sichtbar
"Verborgen" will ihren Lebensalltag sichtbar machen. Darsteller Alois Moyo, der inzwischen einen deutschen Pass besitzt, war selbst Geflüchteter und hat eine über zehn Jahre währende Odyssee als Asylsuchender zwischen Simbabwe, England und Deutschland hinter sich. Seine Erfahrungen flossen in die Geschichte der Drehbuchautorinnen Julia Drache und Sophia J. Ayissi ein.
In den Hintergrundinformationen zu diesem "Tatort" steht auf der Webseite des Ersten ein schöner Satz: Vertrauen sei "unter den geflüchteten Menschen, die unter ihrer Unsichtbarkeit leiden und die Sichtbarkeit fürchten, die härteste Währung." Der Film (Regie: Neelesha Barthel) zeigt, was Vertrauen bewirken kann und natürlich auch, was zerstörtes Vertrauen auslöst.
Der Film tut das allerdings mit einem dermaßen guten Herzen, dass wenig Spannung aufkommt und Klischees nicht vermieden werden können. Natürlich ertönen afrikanische Rhythmen, natürlich muss Falke afrikanisches Essen probieren, falsch aussprechen und lecker finden.
Deutschland bzw. Hannover wird allerdings auch nicht als herzlose Bürokratiehölle gezeigt. Da sind zum einen natürlich Falke und Grosz und dann gibt es noch eine Anlaufstelle für Patienten ohne Papiere. Die engagierte, aber übermüdete und fahrige Ärztin (Rebecca Rudolph), die diese Stelle leitet, ist zugleich immerhin die einzige etwas undurchsichtige Figur in "Verborgen".
Ansonsten gibt es vor allem die guten Gebeutelten und die bösen Schleuser. Falke und Grosz ermitteln unter beiden Gruppen und verbringen viel Zeit mit betroffenem Zuhören beziehungsweise misstrauischem Beobachten.
Als Milieustudie, die einen anrührenden Einblick in den alltäglichen Überlebenskampf der irregulären Einwanderer in Deutschland gibt, von ihren Ängsten ebenso wie von ihrer Zähigkeit, ihrer Geduld und ihren Hoffnungen erzählt, ist "Verborgen" ein guter Film. Als Krimi ist er eine Enttäuschung.
Verwendete Quelle:
- daserste.de: Wotan Wilke Möhring als Thorsten Falke
- deutschlandfunk.de: Leben in der Schattenwelt
- mediendienst-integration.de: Leben ohne Papiere: Irreguläre Migranten
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