Restaurant-Retter und Liebesvermittler sind seit ein paar Jahren Trend im Privatfernsehen. Gestern Abend schmiss RTL2 beide Konzepte zu einer neuen Show zusammen. In "Wirt sucht Liebe" bringt Brigitte Nielsen willige Gastronome an die Frau. Das ist erst einmal nur banales Standard-Kuppel-TV. Doch wenn es ganz dumm läuft, ist "Wirt sucht Liebe" nur die Vorhut.
Es so, dass vor einiger Zeit die deutschen Fernsehmacher ihre Hilfsbereitschaft entdeckt haben. Seitdem wimmelt es auf den Bildschirmen der Republik nur so von sogenannten oder selbsternannten Experten, die Otto Normal bei Sachen helfen, die er scheinbar ohne TV-Teams nicht mehr auf die Kette kriegt. Anziehen, Ausziehen, Umziehen – bei allem muss ein Kamerateam erste Hilfe leisten.
Besonders beliebt sind seit ein paar Jahren Männer, die sich auf dem ersten Liebesmarkt nicht zurechtfinden. Besonders hervorgetan hat sich dabei RTL, das mit "Bauer sucht Frau" immer noch den Kuppel-Quoten-Testsieger stellt.
Gestern Abend startete nun die kleine Schwester RTL2 die nächste TV-Rettungsaktion, diesmal gleich als Mottoparty. Thema: Gastronomie.
Zuerst treiben "die Kochprofis" ihr Unwesen in deutschen Restaurantküchen, im Anschluss spielt RTL2 in "Wirt sucht Liebe" Amor. Man könnte also meinen, dass sich Gastronome in gleich mehreren Lebensbereichen schwertun. Umso netter also, dass sich die Jungs und Mädels des Senders nun im Doppelpack um so viel Hilfslosigkeit kümmern. Betreutes Kochen, wenn man so will.
Brigitte Nielsen soll es richten
Einsatzleiterin der Liebeslebensretter ist keine Geringere als
Man weiß natürlich nicht, was solche Sendungen aus einem Menschen machen, aber gestern Abend wurde Nielsen als "Liebesexpertin" vorgestellt. Na dann.
Jedenfalls hat die Nielsen von Beginn an alle Hände voll zu tun. Die Gastronomie-Branche entpuppt sich nämlich als richtiggehender Liebestöter, die Wirte leiden unisono unter ihren ausufernden Arbeitszeiten.
Wer 16 Stunden am Tag am Herd steht, der hat natürlich für Beziehungen oder bereits für deren Anbahnung wenig Zeit. Oder wie es Wirt Angelo wortgewalttätig formuliert: "In meiner Freizeit tu' ich arbeiten."
Um dieses Zeitdefizit doch noch mit einer Partnerschaft kombinieren zu können, hat sich der erste Kandidat einen Trick überlegt. Der bärtige Basti setzt darauf, dass seine Zukünftige im Betrieb mithilft, denn "sonst haben wir nichts voneinander."
Das besticht nicht nur in puncto Logik, sondern gefällt auch Schwester und Mutter, die zusammen mit Basti den Laden schmeißen. Vor allem Schwester Kathrin drängelt bei der Brautschau: "Basti, Tisch 32 Schnittenalarm. Gib dir ja Mühe bei den Essen!"
Immerhin kein Vorführ-TV
Nicht weniger familiären Druck verspürt bereits erwähnter Angelo, dem vor allem die Cousine im Nacken sitzt, er solle endlich eine Frau finden. Doch auch ohne diesen Stress macht Angelo eine Lücke in seinem sozialen Leben aus.
Vor allem abends, wenn er nach Hause kommt, bedauert er, dass niemand auf dem Sofa auf ihn wartet. Und wie zum Beweis, dass dort wirklich niemand liegt, zeigt RTL2 den armen Angelo vor der leeren Couch. Sicher ist sicher, man weiß ja nicht, ob der Zuschauer so viel Metaphern versteht.
Am Ende jedes Kurzfilms wirbt dann jeder Wirt um Bewerbungen der Frauenwelt, die diese dann beim betreuenden Sender einreichen können.
Auch wenn das nun bereits der x-te Aufguss einer Kuppelshow ist, kann man RTL2 immerhin keinen Vorwurf machen, hier Quote auf Kosten ihrer Kandidaten zu machen – da hat man schon ganz andere Sachen gesehen. Das Problem bei "Wirt sucht Liebe" liegt neben der fehlenden Kreativität an ganz anderer Stelle.
"Wirklich keine Frau?"
Zwischen den ganzen Kandidatenfilmchen kaspert sich nämlich Brigitte Nielsen im offen nervenden Dumm-Sprech durch die Sendung. Damit ist nicht ihr dänischer Akzent gemeint, sondern Sätze wie: "So, du hast also wirklich Hotel und Restaurant, aber keine Frau?" Ja, Frau Nielsen, genau deshalb sind wir ja hier.
Warum hingegen Frau Nielsen da ist, wird nicht so recht klar. Die Kuppelei hätten die RTL2-Reakteuere schon irgendwie alleine gewuppt. Stattdessen denken die sich nun allerlei "Späße" für die Dänin aus. Da darf sie einmal das Tragen einer Apfelsaftschorle zur Raketenwissenschaft erklären oder sich von einem Kandidaten mit Kirschen necken lassen.
Ja, das Leben ist ein Dschungel. Früher durfte Sylvester Stallone in Hollywood an ihr knabbern, heute lutscht ihr Georg aus Ebermannstadt Kirschen vom Ohr.
Doch Vorsicht: Einmal die Woche die Nielsen beim Gastronomen-Kuppeln kann man noch ignorieren. Gefahr droht von ganz anderer Seite. Wenn man sich nämlich die Arbeitsbelastung anderer Berufsgruppen so ansieht, dürfte die bei vielen ähnlich hoch sein.
Bereiten wir uns also lieber jetzt schon vor auf Sendungen wie "Anwalt sucht Anschluss" oder "Brauer braucht Braut." Der Fantasie sind da leider keine Grenzen gesetzt.
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