So eine Hochzeit soll ja eigentlich etwas Schönes sein. Aber wenn sich die Kiewel Andrea in ihrem "ZDF Fernsehgarten" des Themas annimmt und dort dann auch noch Pur-Songs und die Band Modern Talking eine Rolle spielen, weißt du natürlich, dass der Beelzebub nicht mehr weit sein kann.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wenn du monatelang den "ZDF Fernsehgarten" nicht sehen konntest, weil du an Sonntagen um die Mittagszeit immer die Grashalme zwischen den Waschbetonplatten verfliesen und den Goldfischen Altgriechisch beibringen musstest, dann macht das etwas mit dir.

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Auf der anderen Seite weißt du natürlich, dass du dich im Leben nicht immer vor den unangenehmen Dingen drücken kannst. Weil du ja letztlich auch davon profitierst und dir beim nächsten Mal ganz sicher denkst: "Wahnsinn, den Tennisplatz abzuziehen und den Müll runterzubringen, ist eigentlich etwas total Schönes. Und so schwer tun sich die Goldfischis beim Altgriechischlernen ja in Wahrheit gar nicht."

Satirisches Minutenprotokoll

12:00 Uhr: Uff, na dann mal los! Da ist sie schon, die Kiewel Andrea. Na gut dann halt "Hallo Andrea!". "Love is in the Air. Lasst es Liebe sein. Das ist heute unser Motto", sagt die "Kiwi", während sich ihre Fans schon die ersten Schwielen klatschen. "Ich brauche noch ein ganz kleines bisschen", sagt die Fernsehgärtnerin, die auf konsterniert macht und damit auf die Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft Rekurs nimmt.

12:02 Uhr: Thorsten, der mit seiner Frau im Publikum sitzt und ein oranges Polohemd trägt, wünscht sich, dass die Spanier, die bekanntlich die Deutschen aus dem Turnier geschossen haben, Europameister werden. Das Publikum auf dem Mainzer Lerchenberg buht ihn daraufhin brutal aus. Dass sich Thorsten an seinen eigenen Heiratsantrag nicht mehr erinnern kann, ist den Zusehern mit den Schwielen hingegen total wurscht. Als die Kiewel Andrea offenbart, dass Thorsten und seine Frau bereits 29 Jahre verheiratet seien, kommentiert Thorstens große Liebe das mit einem "Leider!". "Kiwi" lacht, Thorsten nicht.

Sieben Backpfeifen für Philip

12:09 Uhr: Plötzlich werden drei Paare mit einer weißen Kutsche ohne Pferde, aber mit Lenkrad gebracht. Der Kutscher, dessen Schnauzbart ungefähr so breit wie der Teutoburger Wald ist, grinst sympathisch, obwohl er gar keinen Flitterwochen-Reisegutschein im Wert von 3.000 Euro gewinnen kann. Den kann lediglich eines der Paare abstauben – darunter etwa Natalie und Alex, der, so weiß wie sie leuchten, seine Zähne im Vorfeld der Show etwas zu massiv abgekärchert hat.

12:11 Uhr: Ein weiteres Paar: Christina und Philip, die sich auf einer Dating-Plattform kennengelernt haben. Als Letzterer von "Kiwi" gefragt wird, welcher Schlagersong zu seiner Christina am besten passen würde, antwortet er "Sieben Fässer Wein", wofür er nach dem Auftritt im "Fernsehgarten" von seiner Natalie vermutlich ebenso viele Backpfeifen bekommt.

12:18 Uhr: Die Jung Claudia schiebt sich jetzt in einem orangegemusterten Kleid, das bis vor wenigen Stunden noch in ihrem Sommerhaus als Teil des Badezimmervorhangs abgehangen ist, auf die Bühne, und singt ihren Song "Finderlohn". Die Dritten dreier alter Frauen, deren Mitgegröle ein wenig zu leidenschaftlich ausfällt, schießen aus deren Mündern und werden danach nicht mehr gefunden. Indes versucht sich Thorsten noch immer an seinen Hochzeitsantrag zu erinnern. Seinen ersten Samenerguss mit 15 hat er hingegen schon wieder ziemlich deutlich vor Augen.

"Kiwi" stellt bizarre Fragen

12:21 Uhr: Die Kiewel Andrea holt jetzt den Matthée Frank zu sich auf die Bühne, der als Weddingplaner bereits 660 Hochzeiten betreut hat. "Frooonck", wie "Kiwi" den Mann immer nennt, ist etwas überdreht, weshalb ich mir von dem maximal den nächsten Cut meiner Zehennägel planen lassen würde. "Kiwi" und "Frooonck" spielen mit den drei Paaren jetzt "Wie gut kennst du mich?" Die Paare werden getrennt voneinander befragt und sollen, wenn möglich, identische Antworten geben. Natalie und Alex, dessen Farbe seiner Zähne irgendwo zwischen Porzellanweiß, Chalk und Blindmacherweiß liegt, gewinnen das erste Spiel und stehen schon im Finale.

12:37 Uhr: Der Pietsch Robin, der Sternekoch, schickt sich jetzt an, Quarkbällchen mit Erdbeersalat zu zaubern, und erklärt dann den Unterschied zwischen Quarkbällchen und Quarkröllchen – nach der Mondlandung, dem Fall der Berliner Mauer und Martin Luther Kings Rede der bewegendste Moment der TV-Historie. "Die Frage ist: Wenn Liebe durch den Magen geht und dann durch ist, wo ist denn dann?", will die Moderatorin jetzt vom Pietsch Robin wissen. Der ignoriert die Scheißfrage und wünscht sich, dass sich Andrea Kiewel jetzt sofort mit ein paar seiner Quarkröllchen verrollt. Sein Wunsch geht nicht in Erfüllung.

12:43 Uhr: Apropos Wunsch: Als nächstes ist die Dione Aura dran, der man nur das Beste wünscht, da es mit Sicherheit alles andere als einfach ist, diese ausladenden Lippen zu einem Song bewegen zu müssen. Der Song, zu dem sie ihr Mundwerk werken lässt, heißt "Where does Love go?". Er ist fad.

"ZDF Fernsehgarten": Knappe und extrem gute Sprühlacke

12:47 Uhr: Der Voss Sven, der halbwegs bekannte deutsche Sport- und Fernsehmoderator, wird zugeschaltet. Er erzählt, dass er emotional verkatert sei, spricht von Deutschland als "Europameister der Herzen" und heult mit der Kiewel Andrea wegen des Ausscheidens der deutschen Nationalmannschaft um die Wette. "Wäre, wäre, Fahrradkette", hätte der Matthäus Loddar das Geheule wohl kommentiert.

12:54 Uhr: Die "Kiwi" kündigt den nächsten Künstler an. "Knappe" könne "wie nur wenige kunstvoll mit unserer Sprache umgehen", sagt sie und zitiert aus dem Song "Angekommen":

"Ich mag, wo wir sind, oh ja!
Lass uns feiern, lass uns singen.
Und tanzen, um uns drehen.
Ich will, dass alle sehen,
wie gut’s uns gerade geht."

12:59 Uhr: Nachdem Knappe extrem kunstvoll mit unserer Sprache umgegangen und mit seinem Text nur knappe am Bachmannpreis vorbeigeschrammt ist, taucht Deko-Boy Tom auf. Er stellt uns ganz großartige Sprühlacke vor. Danke vielmals, danke herzlichst! Man kann sich jetzt ein Leben ohne den Sprühlack "Crazy Pink" schlichtweg nicht mehr vorstellen. Man fragt sich sogar, wie man zuvor ohne "Crazy Pink" überhaupt existieren konnte? Zweifelsohne: Rad, Buchdruck, Dampfmaschine, Internet und längst auch "Crazy Pink" haben das Leben von unzähligen Generationen drastisch verändert. Und wer ein einzelnes Glas zuhause hat: Einfach in "Crazy Pink" tauchen, weil laut Deko-Boy Tom könne man dann sein eigenes Glas auf eine Party mitbringen (Wiedererkennungswert!). Hand hoch, wer von uns noch nie davon geträumt hat, sein eigenes Glas auf eine Party mitzubringen!

13:07 Uhr: "Das ist so ein toller Retro-Schlager. Eine Mischung aus 50er und 60er sowie ein Hauch von 'Modern Talking'", verrät die Kiewel Andrea über den nächsten Song. In 250.000 deutschen Haushalten geht gerade zeitgleich die Kiste aus, was ein bisschen schade ist, weil somit in 250.000 Haushalten die Mettbach Mandy, die man sicher auch in "Crazy Pink" tauchen kann, vielleicht für immer eine Unbekannte bleiben wird.

KI wird sich nicht durchsetzen

13:12 Uhr: Während die drei Paare wieder spielen, kann man ChatGPT super zum Thema "Crazy Pink" ausfragen. "Diese Farbe wird oft für individuelle Fahrzeuglackierungen, Custom-Bikes, Helme oder andere personalisierte Gegenstände verwendet. Es wird von Menschen gewählt, die einen markanten und einzigartigen Look bevorzugen", schreibt der Chatbot, der aber mit keiner Silbe erwähnt, dass sich "Crazy Pink" auch für Mettbach Mandys ganz gut eignet. Wird sich nicht durchsetzen, diese Künstliche Intelligenz.

13:16 Uhr: Der Khan Jay sitzt an einem schwarzen Flügel und singt von einem Stern am Himmelszelt. Ein paar Boomer, die zuvor kräftig dem Alkohol zugesprochen haben, zucken völlig aus. Trotzdem: Auch der Khan Jay wird sich nicht durchsetzen.

13:28 Uhr: Das inoffizielle Motto des "ZDF Fernsehgarten": "Schlimmer geht immer!" Die Darsteller von "Abenteuerland", einem Musical mit den Hits der Band Pur, singen Hits der Band Pur. Präzise ab jetzt ist es der schlimmste Sonntag aller Zeiten. Plötzlich: Menschen, die ganz eindeutig vom Teufel besessen sind, schreien "Zugabe, Zugabe!". "Am Ende gibt’s die Zugabe, versprochen!", sagt die Kiewel Andrea, die ja schon vor Jahren einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat.

Keine wundersame Quarkbällchenvermehrung

13:32 Uhr: Der Pietsch Robin muss jetzt mit fünf Quarkbällchen und zwei Erdbeersalaten 4.000 Menschen satt machen. Das klappt nicht, da natürlich inzwischen auch er des Teufels ist. Im Fernsehgarten ist jetzt echt die Hölle los.

13:39 Uhr: Der Gstettenbauer Maxi, ein Stand-up-Comedian, macht jetzt auf dem Lerchenberg ein paar teuflisch schlechte Jokes á la "Wenn ich mich am Bauch kratze, fragt mich meine Apple-Watch, ob ich trainiere". Seine Augen leuchten seltsam rot.

13:50 Uhr: Mit einem gewissen Jonas feuert die Kiewel Andrea jetzt auf Teufel komm raus Spielkarten auf Gurken und Karotten, die auf Stelen stehen und natürlich an Dildos erinnern. Man wünscht sich den Gstettenbauer Maxi für ein paar Gags oder Deko-Boy Tom zurück, damit er uns noch voll verrückte Dinge über "Crazy Pink" erzählt.

13:57 Uhr: Geil, nach der Dildomania pflanzt sich plötzlich der Logan Johnny, der alte irische Rocker, im Fernsehgarten ein. Er wird zum Glück nicht mit Spielkarten beworfen, nach zwei "Eurovision Song Contests" vermutlich aber auch den "ZDF Fernsehgarten" endlich gewinnen. Knapp vor dem Pietsch Robin und dem Beelzebub wahrscheinlich.

Aus der Hölle nach Malle

14:01 Uhr: Das große Finale im Rennen um den unnötigen Flitterwochen-Reisegutschein gewinnen Natalie und ihr Kärcher-Alex. Wohin es geht, wissen sie noch nicht. Nur sehr weit weg vom Mainzer Lerchenberg soll es sein.

14:07 Uhr: Die Dione Aura darf noch einmal auf die Bühne und das teuflische Treiben auf dem Lerchenberg mit dem Song "Marry me" beenden. "Nächsten Sonntag ist unsere Mallorca-Party", verrät die Kiewel Andrea flackernden Auges, bevor die DarstellerInnen des PUR-Musicals noch einmal antanzen. Jetzt aber nichts wie raus hier!

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