Satiriker Jan Böhmermann ackert sich seit Jahren durch Skandale und Skandalöses. Für die jüngste Ausgabe seines "ZDF Magazin Royale" lässt er am Freitagabend aber Skandal einmal Skandal sein und gönnt sich und seinen Zuschauern unter dem Hashtag #MachMalLauter eine kleine Auszeit.
Schmutziges Gold und Rechtsextreme, die Morddrohungen des NSU 2.0, Organspende, das Sterben der Wildbienen – nur eine kleine Auswahl der Themen in den vergangenen Ausgaben des "ZDF Magazin Royale". "Hab ich's doch gewusst! Der Böhmermann macht nur Themen für diesen linken Mainstream! Und das von meinen Gebühren!", mag sich da der eine oder andere Wutbürger denken – und da liegt er falsch.
Denn wenn Wildbienen aussterben, es zu wenig Organspender gibt oder Menschen von Rechtsextremen bedroht werden, dann sind das keine Themen für den "linken Mainstream" – was auch immer das sein soll – sondern Themen, die alle angehen. Zumindest sollten sie das. Anders sieht es hingegen mit dem aus, was
Denn Böhmermann widmete sich einem Thema, das er nur sehr selten in der Show hat: kein Thema. Diesmal gruben sich Böhmermann und sein Team nicht in ein spezielles Problem ein, sammelten keine Quellen und Belege, recherchierten nicht und bereiteten das Ganze auch nicht satirisch auf. Nein, diesmal ging es um etwas, das zwar immer präsent ist in der Show, aber selten komplett im Mittelpunkt steht: Musik.
"ZDF Magazin Royale": Mach mal lauter!
Das "ZDF Magazin Royale" lässt in dieser Woche einmal Satire Satire sein und veranstaltet unter dem Motto "Mach mal lauter!" ein Musik-Festival. Zumindest ein kleines: "Die Sendung heute hat ein kleines bisschen länger gedauert in der Vorbereitung. Es war alles sehr aufwändig und sehr besonders", verrät Böhmermann und erzählt: "Die heutige Ausgabe des 'ZDF Magazin Royale', meine Damen und Herren und alle dazwischen und außerhalb, ist unsere offizielle Bewerbung für die Ausrichtung des Vor-Ausscheids zum Eurovision Song Contest."
Eine etwas verklausulierte Ankündigung für eine Live-Musik-Ausgabe mit einer Handvoll Künstler und ja, hier kann sich der Wutbürger, anders als bei der Wildbiene und den rechten Morddrohungen, dann gerne über eine Einseitigkeit beschweren. Denn die Musiker und Musikerinnen, die Böhmermann hier versammelt hat, findet man sehr wahrscheinlich nicht auf den Playlisten des rechten Mainstreams:
Also eher kein Line-up für konservative Scheuklappenträger, sondern eher für das Gegenteil und den Anfang macht eine Vertreterin dieses Gegenteils: Alli Neumann. Die ist Dank ihrer Teilnahme an der Vox-Show "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" inzwischen auch einem breiteren Publikum bekannt und tourt gerade mit ihrem neuen Album "Primetime" durch die Veranstaltungshallen der Republik – und macht nun eben auch bei Jan Böhmermann Halt.
Zwei "Weltpremieren" und ziemlich viel Mühe bei Jan Böhmermann
Dort trifft sie auf eine andere Senkrechtstarterin – ohne Teilnahme bei "Sing meinen Song":
Ähnliches lässt sich auch über den nächsten Act sagen und das macht Böhmermann dann auch: "Es gibt wieder eine Weltpremiere", kündigt der Moderator an, doch diesmal gibt es keinen Rap, sondern eine Ballade. Blumengarten, ein Duo aus dem Nordrhein-Westfälischen Velbert ist derzeit Liebling des Feuilletons und bringt zu Böhmermann seine neue Single "Mama" mit.
Und so geht es weiter mit allem, was derzeit so an Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland angesagt ist: Oliver Tree, Domiziana, Ski Aggu und Apsilon geben sich das Mikrofon in die Hand und Böhmermanns Team im Gegenzug ziemlich viel Mühe mit dem Szenenbild. Domiziana singt aus einem Wolkenmeer heraus, Oliver Tree sitzt in einer Mülltonne und wird von Tänzern in Müllsackkostümen begleitet.
Überraschungsgast beim "ZDF Magazin Royale"
Es ist also alles ganz stimmig an diesem Freitagabend, für den sich Böhmermann noch einen Überraschungsgast eingeladen hat: sich selbst. "Und wissen Sie was, meine Damen und Herren? Ich hab mich grad spontan entschlossen, auch noch einen Song zu performen in dieser fantastischen Sendung", erklärt Böhmermann und macht das dann auch.
"Eine Hommage an meine Lieblingsband", sagt Böhmermann sich selbst an und diese Lieblingsband ist Echt und die Hommage "Du trägst keine Liebe in dir". Aber weil das dann vielleicht doch ein bisschen zu selbstreferenziell und zu wenig Überraschung gewesen wäre, singt Böhmermann nur kurz an und übergibt dann fließend an Kim Frank, den ehemaligen Sänger der Band. Zusammen bringen sie dann wenig später das Echt-Medley zu einem Ende.
Aber warum macht Jan Böhmermann so ein Musikfestival, kann man fragen, sind ihm die Themen ausgegangen? Sicher nicht und in den kommenden Wochen hat der ganz normale Wutbürger wieder genug Gelegenheit, sich über linke Mainstream-Themen aufzuregen. Für dieses Mal muss Böhmermanns Antwort auf die Frage nach dem Warum reichen: "Weil wir es können."
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