Der Skandal um die fehlerhafte Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar hat beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu personellen Konsequenzen geführt.

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RBB-Programmdirektorin Katrin Günther und RBB-Chefredakteur David Biesinger haben nach fehlerhafter Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ihre Ämter niedergelegt, wie der Sender am Freitag mitteilte. Günther soll allerdings kommissarisch im Amt bleiben, bis ihre Nachfolge geklärt ist. Neue Chefredakteurin wird kommissarisch Stephanie Pieper.

"Ich habe der Intendantin und dem Direktorium angeboten, die Funktion des Chefredakteurs abzugeben. Ein Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion soll dazu beitragen, die publizistische Reputation des rbb wieder herzustellen. Dieses Angebot hat die Intendantin angenommen", sagte Biesinger nach Angaben des Senders.

Auch Programmdirektorin Katrin Günther tritt zurück. © picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Günther sagte, der Sender habe in diesem Fall "insgesamt programmlich versagt". "Dafür sehe ich mich in der Verantwortung und habe deshalb Intendantin Ulrike Demmer mitgeteilt, dass ich mein Amt niederlegen werde", wurde Günther in der RBB-Mitteilung zitiert.

Der Bundestagsabgeordnete Gelbhaar hatte nach Berichten über Belästigungsvorwürfe auf eine Kandidatur auf der Berliner Landesliste der Partei verzichtet und wurde als Direktkandidat für den Wahlkreis Berlin-Pankow abgewählt. Allerdings waren die zentralen Vorwürfe gegen ihn offenbar erfunden, so soll eine angeblich Betroffene unter falschem Namen eine gefälschte eidesstattliche Erklärung abgegeben haben. Es stellte sich heraus, dass der Sender die Person nie getroffen hatte.

Zentrale Vorwürfe gegen Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) waren offenbar erfunden. © picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Der ARD-Sender hatte Teile seiner gegen Jahresende 2024 veröffentlichten Berichte über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Gelbhaar zurückgezogen. Gelbhaar wehrt sich juristisch gegen die Berichterstattung, auch die Partei geht dagegen vor. Einige weitere Frauen halten hingegen an ihren Vorwürfen fest, deren genaue Art aber unklar ist.

RBB kündigt auch strukturelle Konsequenzen an

Der RBB ließ die Vorwürfe von einer unabhängigen Kommission untersuchen. Intendantin Ulrike Demmer erklärte zu den nun veröffentlichten Konsequenzen, diese sollten sicherstellen, dass die Standards des RBB auch wirklich angewandt werden. "Unser Anspruch ist, das uneingeschränkte Vertrauen des Publikums in die unabhängige, unvoreingenommene und verlässliche Berichterstattung des RBB wieder herzustellen."

Intendantin Demmer hatte vor wenigen Tagen bereits angekündigt, "dass es Konsequenzen geben wird". Sie sagte zu den Rücktritten: "Die Führung des rbb steht zu ihrer Verantwortung. Ich respektiere die Entscheidungen von Katrin Günther und David Biesinger und danke den beiden für das starke Signal, persönliche Konsequenzen zu ziehen."

Dazu kündigte der RBB auch strukturelle Konsequenzen an. Bei Recherchen mit dieser Tragweite sollten die investigativen Einheiten des Senders künftig zwingend mit einbezogen werden. Die Chefredaktion solle eine aktive Rolle bei der Kontrolle solcher Recherchen wahrnehmen. Außerdem sollten verpflichtende Schulungen zur Verdachtsberichterstattung eingeführt werden. (AFP/dpa/bearbeitet von tas)