Noch bevor der Arbeitgebertag in Berlin richtig losgegangen ist, hagelte es Kritik von Verbandspräsident Rainer Dulger. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach baldige Verbesserungen.

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Kurz vor dem Arbeitgebertag hat Verbandspräsident Rainer Dulger die Ampel-Koalition kritisiert. Arbeitsmarkt, Wirtschaftssystem und Energiepolitik seien in Deutschland überreguliert, sagte der Arbeitgeberpräsident der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Es sei schwer, sich als Unternehmer oder Arbeitnehmer zu entfalten. "Aber Teile der Ampel hören uns nicht zu. Wir erleben einen wirtschaftspolitischen Stillstand in der Zeitenwende – der Zug ist schon zu Beginn der Strecke stehen geblieben."

Deutschlands Politiker-Elite bei Arbeitgebertag in Berlin erwartet

Dulgers Arbeitgeberverband BDA richtet am Dienstag den Arbeitgebertag aus, zu dem Kanzler Olaf Scholz, CDU-Chef Friedrich Merz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner erwartet werden. Hauptthema dürfte die Konjunkturflaute in Deutschland sein. Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. Wirtschaftsverbände fordern seit langem Entlastungen für Unternehmen.

Dulger beklagte, die Energiekosten seien auch wegen der Steuern und Abgaben zu hoch. Auch sonst habe Deutschland mit die höchsten Steuern und Lohnzusatzkosten. Die Infrastruktur sei gerade auch im Verkehr marode. Die Digitalisierung der Verwaltung finde noch gar nicht richtig statt. "Schauen Sie, wie weit Polen, Tschechien, Ungarn und das Baltikum ihre Verwaltungsabläufe digitalisiert haben. Das spielt alles in die Angebotsbedingungen eines Standorts hinein", sagte Dulger.

Der Verbandspräsident kritisierte auch die Bürokratie, die aus Brüssel kommt und nannte das Lieferkettengesetz oder die Richtlinie für Sozialreports, die Großunternehmen jährlich erstellen müssen. Allein der Leitfaden für den Sozialreport sei fast so dick wie das Frankfurter Telefonbuch. "Das ist bürokratischer Wahnsinn, was da vor allem aus Brüssel zusätzlich über uns ausgeschüttet wird." Deutschland setze solche Regeln oft viel strenger als im Rest der EU um.

Arbeitgeberpräsident kritisiert zu strenge Klimaschutzmaßnahmen

Dulger kritisierte auch die Klimapolitik der Ampel-Koalition. Auf die Frage, ob der Staat nicht Richtung Klimaneutralität umsteuern solle, sagte er: "Eine absterbende Wirtschaft als Kollateralschaden billigend in Kauf zu nehmen, um Klimaschutzziele zu erreichen, hielte ich jedenfalls für grundfalsch." Dies sähen auch viele Menschen so, was nicht zuletzt die Ergebnisse der Ampel-Parteien in den jüngsten Landtagswahlen gezeigt hätten. "Geht es der Wirtschaft schlechter, dann schwächt das den Sozialstaat", sagte der Verbandspräsident.

Bundeskanzler Scholz erwartet hingegen baldige Fortschritte bei der Modernisierung Deutschlands. Der SPD-Politiker sagte am Dienstag beim Arbeitgebertag, er sei sehr zuversichtlich, dass sich die Bundesregierung mit den Ländern Anfang November darauf verständigen werde, viele Vorschriften zu verändern, damit Deutschland schneller werde. Scholz hatte einen "Deutschland-Pakt" vorgeschlagen. Er wolle alles tun, damit das gelinge, sagte der Kanzler. An die Adresse der Arbeitgeber sagte Scholz, er bitte um Vertrauen.

Der Kanzler sagte mit Blick auf die Bürokratie und lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, jahrzehntelang habe man in Deutschland dafür gesorgt, dass es sehr kompliziert geworden sei. "Wir haben es übertrieben." (dpa/the)

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