Die angeschlagene Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat wohl bald einen neuen Besitzer. Dieser soll am heutigen Mittwoch vorgestellt werden. Entscheidend wird jedoch die Frage sein, wie viele Filialen der neue Eigentümer weiterbetreiben will.
Der Handelsexperte Jörg Funder rechnet nicht damit, dass die neuen Eigentümer der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof einen Großteil der 92 Filialen mittelfristig weiterbetreiben. "Ich halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt", sagte der Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms.
Experte geht von Galeria-Schließungen in kleinen Städten aus
Nach einer Übergangszeit sei davon auszugehen, dass die Investoren weitere Filialen dichtmachten und nur die wirklich profitablen Standorte weiterbetrieben, sagte Funder. Aus seiner Sicht könnte es bei den Schließungen vor allem kleinere Städte treffen. "Warum sollte man in einer Mittelstadt mit 100.000 und weniger Einwohnern ein Warenhaus betreiben? Ich glaube, das wird zunehmend schwierig."
Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus strebt eine Übernahme von mindestens 60 Filialen an. Am Mittwoch möchte er am Konzernsitz in Essen den neuen Investor vorstellen. Bereits am Dienstag war bekanntgeworden, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz Galeria übernehmen will. NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit am kanadischen Warenhausunternehmen Hudson’s Bay Company (HBC) besitzt. Über HBC war er zwischen 2015 und 2019 bereits Eigentümer von Kaufhof. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" will das Konsortium gut 70 der 92 Filialen erhalten.
Funder erwartet nicht, dass die neuen Eigentümer das Warenhausunternehmen zurück in die Erfolgsspur führen können. "Wir wissen noch nichts über ihr Konzept, aber es scheint mir eher so eine Glücksritternummer zu sein. HBC hat sich damals nicht mir Ruhm bekleckert und ist mit der reinen Übernahme von Marken aus dem Ausland gescheitert."
Funder zufolge benötigt Galeria einen Umbau der Filialen und ein neues Konzept. Ein zentrales Warenhausmodell mit 50 bis 60 Standorten sei schwierig umzusetzen. "Dafür braucht es mehr Personal, mehr Service, mehr Marken und mehr Erlebnis. Das gibt es nicht per Handauflegen. Man muss viel Geld investieren. Ich bin aber nicht sicher, ob die neuen Eigentümer das wollen."
NRW-Städtetag ist froh über Übernahme
Der Städtetag Nordrhein-Westfalen hatte sich nach der Übernahmeankündigung erleichtert gezeigt. "Erstmal ist es eine gute Nachricht, dass offenbar ein Investor gefunden wurde, der möglichst viele Galeria-Karstadt-Kaufhof-Standorte erhalten will", erklärte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Damit gebe es eine Perspektive für die Filialen und die Mitarbeiter. "Wichtig ist jetzt, dass es möglichst schnell Planungssicherheit gibt." Alle Beteiligten bräuchten klare Zusagen, auf die sie sich verlassen könnten. Durch die Loslösung aus der Signa-Gruppe bestehe für die Standorte eine echte Chance auf einen Neustart. "Die muss der neue Eigentümer mit neuen Konzepten nun auch angehen", sagte Kufen.
"Neben aller Zuversicht ist es bitter, dass nach den bisherigen Schließungswellen voraussichtlich weitere Standorte geschlossen werden", sagte Kufen. "Für die Mitarbeitenden und ihre Familien beginnen jetzt innerhalb weniger Jahre zum wiederholten Mal die Sorgen um ihre persönliche Zukunft." Viele Städte seien in der Vergangenheit mit innovativen Konzepten und der Vermittlung von Arbeitsplätzen eingesprungen. "Sie werden jetzt ein weiteres Mal gefragt sein." (dpa/the)
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